Mit dieser Maßnahme, so RWE Plus Vertriebs- und Marketing-Vorstand Marc R. Pasture (Bild), wolle man das Produkt Strom emotionalisieren. Der Club, der für die Geschäftskunden der RWE und seiner Stadtwerke-Partner gegründet wurde, soll, so der Wunsch der Initiatoren, einen Mehrwert rund um das tägliche Business der Unternehmer bieten.
Hauptziel heißt dabei generell: Kunden halten. Neue Kunden seien schwierig zu bekommen und relativ volatil in ihrem Verhalten. Vielmehr möchte man sich getreu der Marketing-Regel „es ist 5-8 Mal schwerer einen Kunden zu bekommen als ihn zu halten“ in bestehende Kunden investieren. Und das hat RWE nach eigenem Bekunden gründlich getan. So ermittelte der Dienstleister bei 245 Mittelständler zunächst die Wünsche.
Erstaunlich dabei: Trotz vielfältigster Seminarangebote möchten Mittelständler Weiterbildung und Austausch. Folgerichtig setzt die Club-Führung auf die Segemente Wissen, Kontakte sowie Erlebnis. Zum Thema Wissen bietet der Club individuelle Beratung unter dem Stichwort „Best Practise“, Seminare in der Academy sowie Konferenzen mit kulturellem Erleben. Im regelmäßig durchgeführten Forum gibt es dann die Kontakte.
Hauptzielgruppe sei dabei der Mittelstand. Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass 98 Prozent der deutschen Betriebe dem Mittelstand zuzurechnen sind und mit etwa 52 Prozent am Gesamtumsatz der deutschen Wirtschaft beteiligt ist. Zudem sind gerade Mittelständler immer auf der Suche nach Einsparpotenzialen. Anders als die Endverbraucher, die sich prozentual eher im einstelligen Bereich wechselwillig zeigen, hat die Liberalisierung bei den gewerblichen Kunden vergleichsweise eine Welle des Wechsels von angestammten Stromanbietern losgetreten. Dabei habe man festgestellt, dass der Preis nicht alles sei: Sicherheit, Technologie sowie Geschichte und Tradition seien wesentliche Komponenten bei der Auswahl des Stromanbieters, so Pasture auf der Pressekonferenz am Rande der ersten RWE Business-Club Konferenz auf Schloß Bensberg.
Genau hier soll das Business-Konzept der RWE ansetzen. Bestehenden Geschäftsbeziehungen sollen ausgebaut werden. Gleichzeitig sollen über Emotionen gewerbliche Kunden gebunden werden, um mit ihnen im Dialog zu bleiben. Man wolle über den RWE Business-Club-Kontakt zum Kunden die Chance haben zu erfahren, ob ein Wechsel ansteht, so Pasture. Sicherlich könnten dabei Preisunterschiede von 20 Prozent und mehr nicht mehr durch ein gutes Kundenbindungskonzept kompensiert werden. Doch bei 15 Prozent und weniger traut man sich zu, mit solchen „Artifizien“ Kunden zu halten.
Das Konzept bezeichnet Pasture als originär. In Europa gibt es derzeit nichts Vergleichbares. Das besondere: Das Konzept soll ähnlich einem Franchise-Konzept multipliziert werden. Stadtwerke-Partner sollen in die Lage versetzt werden, auch ihren Kunden einen Business-Club anzubieten. Werbekonzepte, oder wie es RWE Plus-Verantwortliche nennen, das Profi-Partner-Konzept mit der Marke Evivo steht Stadtwerken zur Verfügung, während die Marke Avanza weiterhin den Endkunden bzw. RWE vorbehalten bleibt.
Ansonsten soll auch den Stadwerke-Kunden der Weg in den Business-Club offen stehen. Geplant sind zunächst 5000 Mitglieder, 260 sind es derzeit.
Nachgefragt
absatzwirtschaft-Online sprach am Rande der ersten Business-Club Konfernez auch mit dem Marketing-Koordinator des RWE Business-Club , Andreas Guttmann, über das neue Instrument:
Was war jetzt konkret die Initialzündung diesen Business-Club zu gründen?
Gutmann: Mit dem zunehmenden Wettbewerb stellte sich tatsächlich die Frage nach dem Differenzierungspotenzial im Wettbewerb mit anderen Stromversorgern. Wir haben dann über strategische Marktforschung festgestellt, dass die Themen „Weiterbildung“ und „Kontakte knüpfen“ im Mittelstand unterproportional bedient werden, so dass wir an dieser Stelle eine Chance sahen, Mehrwert für unsere Kunden zu generieren.
Aber angesichts des Überangebotes an Seminaren und Weiterbildungsangeboten ein gewagtes Unterfangen ausgerechnet den Mittelstand mit seinen knappen Zeitressourcen ansprechen zu wollen.
Gutmann: Tatsächlich herrscht eine Überflutung. Aber wir können, aufgrund der vertrauensvollen Kundenbeziehung, die wir haben, dem Kunden eine Empfehlung an die Hand geben, die Club-Veranstaltungen zu nutzen, die extra für ihn zusammengestellt, entwickelt oder ausselektiert wurden. Insofern bieten wir unserem Kunden ein auf ihn zugeschnittenes Produkt. Zudem geht unser Angebot mit Foren, Stammtischen und individueller Management-Beratung weit über das übliche Angebot hinaus. Wir lassen unsere Club-Mitglieder nach dem Seminar nicht alleine. Das macht den Unterschied aus.
Prof. Dr. Martin K. Welge von der Uni Dortmund brachte den Teilnehmern der ersten RWE Busness-Club Konferenz Erfolgsfaktiren im Management mittelständischer Unternehmen näher
Guttmann: Wir haben zunächst über ein Marktforschungsinstitut 245 Telefoninterviews und dann noch einmal 70 persönliche, qualitative Interviews bei Entscheidern durchführen lassen, um die Wünsche des Mittelstandes zu eruieren. Dann sind wir hergegangen und haben überlegt, was wir bieten können und haben daraufhin die Geschäftsfelder des Clubs definiert. Im Pilotbetrieb haben wir dann noch einmal Kunden mit dem Angebot konfrontiert, um festzustellen, ob die Leistungen, die hinter dem Club-Konzept stecken auch verstanden werden und ankommen.
Welche Ressourcen werden in Ihrem konkreten Falle für den Business-Club bereitgestellt?
Guttmann: Es gibt ein Team bestehend aus dem Leiter also meiner Person und zwei Mitarbeitern sowie diversen Dienstleistern von Pressearbeit bis Backoffice. Wir legen aber Wert darauf, dass die Hotline, die wir eigens eingerichtet haben, von Leuten betreut wird, die auch auf den Veranstaltungen wieder in Erscheinung treten, so dass hier Kennenlern-Prozess zwischen Club-Mitgliedern und Club-Adminstration ausgelöst wird, also der Club nicht anonym bleibt.
Werden Kosten und Nutzen des Clubs in irgendeiner Form abgewogen, oder gibt es sogar ein Controlling, das einige wenige Kennziffern beobachtet?
Guttmann: Wir haben Kennziffern formuliert, die wir zukünftig beobachten werden wie beispielsweise „Kündigerquote in der Stichprobe“ oder „Haltedauer eines Kunden“, was letztlich nur über einen längeren Zeitraum gemessen werden kann. Zudem können wir sicherlich abgleichen, wie sich die irgendwann einmal 5000 Mitglieder zu den restlichen Kunden der RWE verhalten.
Wir wollen auch vergleichen, wie häufig der Kundenberater zum Beispiel den Kontakt über den Club leisten kann und wie häufig er diesen alleine leisten muss. Mit anderen Worten: Man wird feststellen, ob der Club den Vertrieb in seiner Arbeit unterstützen kann, so dass dieser wieder mehr Zeit hat, Kunden intensiver zu beraten. Außerdem erlebt der Kunde im Club-Kontext die RWE mal in einer anderen Situation, denn die Kundenberater gehen meistens dann zu ihm hin, wenn es um Preisverhandlungen geht. Es wird also abgekoppelt vom Tagesgeschäft ein Kontakt erzeugt. Das ist unser Ziel. Auch das wird man dabei in die Waagschale der Kosten-/Nutzenüberlegung werfen müssen.
Das Gespräch führte Christian Thunig.