Rügenwalder-Chef: „Corona hat uns agiler gemacht“

In unserer Serie "Marke post Corona: Learnings aus der Krise" berichten Unternehmens- und Marketingverantwortliche über ihre Erfahrungen und Lehren aus der Corona-Zeit. In Folge 4 erklärt Rügenwalder-Chef Michael Hähnel, wie der Lebensmittelproduzent digitaler und mutiger geworden ist und wieso er nach Corona besser aufgestellt ist.
Michael Hähnel: "Man muss in schwierigen Zeiten vielleicht mehr Wagemut aufbringen, aber der Erfolg belohnt den Mut am Ende." (© Rügenwalder Mühle)

Von Michael Hähnel

Die aktuelle Situation stellt uns alle in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vor größte Herausforderungen. Unsere Welt wird nach dieser Krise nicht mehr dieselbe sein wie zuvor. Insbesondere die Arbeitswelt durchläuft eine rasante Transformation.


Vita: Michael Hähnel

Michael Hähnel hat im Januar 2020 den Vorsitz der Geschäftsleitung der Rügenwalder Mühle übernommen. Mit der Berufung des 53-jährigen Managers ist das Familienunternehmen einen weiteren Schritt vom Wurst- zum Lebensmittelhersteller gegangen. Zuvor war Hähnel als Vorstand der Bahlsen Gruppe in Hannover für die Regionen DACH, Mittlerer Osten, Asien-Pacific und China verantwortlich.

Der Diplom-Kaufmann gilt als national und international erfahrener Manager. Weitere Stationen waren Beiersdorf sowie Johnson & Johnson. Vor seinem Wechsel in den Rügenwalder-Vorstand gehörte Hähnel bereits zwei Jahre lang dem Aufsichtsrat des Unternehmens an.


Blicken wir in unser Familienunternehmen, so können wir feststellen, dass die Corona-Pandemie wie ein Katalysator für die Digitalisierung und den technologischen Wandel gewirkt hat und sie auf mehreren Ebenen beschleunigte: Beides waren zwar auch bereits vor dem Virus wichtige Prozesse bei der Rügenwalder Mühle. Durch den Lockdown-bedingten Zwang zum digitalen Arbeiten konnten wir die Prozesse in der kurzen Zeit aber zusätzlich optimieren.

So ist mobiles und agiles Arbeiten vor allem bei unseren Verwaltungsmitarbeitern zum Standard geworden. Dafür haben wir die nötige Infrastruktur geschaffen und unsere Mitarbeiter mit Laptops versorgt, damit sie im Homeoffice oder unterwegs einen guten und sicheren Arbeitsplatz haben. Auch für unsere Kollegen in der Produktion bieten wir digitale Lösungen, vor allem im Bereich der internen Kommunikation an. Durch neue Formate haben wir die Möglichkeit, die Mitarbeiter schnell und unkompliziert zu erreichen. Das war vor allem in der Corona-Anfangsphase relevant, um alle mit den nötigen Infos zu Hygienemaßnahmen und Änderungen im Arbeitsablauf zu informieren.

Corona-Krisen-Team sorgte für maximalen Schutz

Das Thema Kommunikation ist bei der Rügenwalder Mühle ein grundlegender Fokus, auch und vor allem während Corona: So haben wir uns sehr früh während der Corona-Pandemie mit einem internen Krisen-Stab optimal aufgestellt. Das Team wurde mit maximalen Befugnissen ausgestattet, sodass es während der gesamten Zeit unabhängig eigenständige Entscheidungen treffen konnte. Das Vertrauen, das wir unseren Mitarbeitern dabei entgegenbrachten, wirkte und wirkt sich dabei positiv auf das Selbstbewusstsein und damit auf die Entscheidungen der Mitarbeiter aus.

Bei all diesen Maßnahmen hatte der Schutz unserer Mitarbeiter für uns als Familienunternehmen immer oberste Priorität, darum waren und sind weitreichende Maßnahmen für uns selbstverständlich: Neben den strengeren Hygienevorschriften in allen Bereichen, einer Maskenpflicht und Clusterbildung bei den Produktionsmitarbeitern haben wir zusätzlich die Temperaturmessmethode als präventiven Indikator genutzt. Dass all dies gewirkt hatte und hat, belegt am besten unsere derzeitige Situation.

Aber der stärkste „positive“ Corona-Effekt zeigt sich sicher auf der strategischen Ebene: Die verfügbare Zeit, die wir aufgrund des Wegfalls externer Termine und Reisen hatten, nutzten wir gezielt, um unternehmerisch wichtige Themen auf den Weg zu bringen. Davon profitieren wir heute in höchstem Maße. Digitale Lösungen wie Video- und Telefonkonferenzen ermöglichten hierbei eine Effizienzsteigerung, die unter normalen Umständen mit dem gewöhnlichen Marktdruck so nicht machbar gewesen wäre.

Gerade in schwierigen Zeiten in die Marke investieren

Was uns als Markenhersteller auch immer wichtig war: Keine Marketingbudgetstreichungen während Corona! Im Gegenteil: Über alle Phasen hinweg haben wir unseren Werbedruck trotz der Krisensituation gehalten. Gerade in solchen schwierigen Zeiten gilt es in die Marke zu investieren. So haben wir uns auch nicht davor gescheut, neue Möglichkeiten auszuprobieren.

Im Zuge des Lockdowns haben wir zum Beispiel eng mit Borussia Dortmund zusammengearbeitet und nach partnerschaftlichen Alternativen gesucht, um unsere vorherigen, an Fans gerichteten Partner-Leistungen im Stadion durch andere Werbeplatzierungen zu kompensieren – etwa über die Social-Media-Kanäle des BVB, Einblendungen im Videospiel „FIFA 20“ oder durch bei den TV-Übertragungen sichtbare Bandenwerbung zu den Heimspielen der Dortmunder im Signal Iduna Park. So sponserten wir als eines der ersten Unternehmen überhaupt ein Geisterspiel ganz ohne Live-Zuschauer – Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München. Man muss in schwierigen Zeiten vielleicht mehr Wagemut aufbringen, aber der Erfolg belohnt den Mut am Ende.

Auch die signifikanten Absatzsteigerungen haben vor allem in der Anfangsphase einen nicht vorhersehbaren Druck auf das Unternehmen ausgeübt, ob nun im Bereich Produktion oder Personal. Durch das Aufsetzen relevanter Prozesse und Strukturen in einer relativ kurzen Zeit konnten wir diesem Druck jedoch optimal begegnen und ihn schlussendlich auch positiv für uns nutzen. Somit sind wir rückblickend als Unternehmen nach der akuten Corona-Anfangsphase besser aufgestellt als vorher.

Mit Konsequenz und Disziplin Erfolgskurs fortsetzen

Die Herausforderung aus unternehmerischer Sicht wird nun sein, all diese Veränderungen bei den Mitarbeitern zu verankern: Bei allen in der Gesellschaft erfolgten Lockerungen und auch dem verständlichen Bedürfnis nach mehr Freiheit, gilt es die strengen Hygienevorschriften und Abstandsregeln weiterhin aktiv zu berücksichtigen. Denn so lange es noch keine wirksamen Impfungen oder Medikamente gibt, müssen wir als Familienunternehmen zusammenhalten. Auch die Anpassung an die neuen Prozesse und Strukturen kann nur mit Konsequenz und Disziplin erfolgen. Wir müssen die Mitarbeiter weiter motivieren und mitnehmen, um die Erfolge, die wir bisher durch unsere Anstrengungen erreicht haben, zu sichern.

Auch wenn wir die erste Welle vielleicht glimpflich überstanden haben: Die wirtschaftliche Welle steht uns noch bevor. Und dafür müssen wir bestens vorbereitet sein. Die Rügenwalder Mühle hat die Corona-Zeit genutzt und ist nun optimal aufgestellt – in jeder Hinsicht.

Serie „Marke post Corona: Learnings aus der Krise“

Folge 1: Hornbach-Marketingchef: Machen hilft gegen den Lagerkoller
Folge 2: Schöffel-Marketingchef: Aus „Ich bin raus“ wurde „Ich bleib drin“
Folge 3: Hugo-Boss-Interimschef: Drei Erkenntnisse aus der Corona-Krise

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