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Das Internet vergisst bekanntlich nie – besonders nicht bei einem der prominentesten Fürsprecher des Mediums: Oliver Samwer. Der Seriengründer und heutige Rocket Internet-Chef ist bekanntermaßen nicht nur ein Mann der großen Firmenverkäufe – sondern auch der große Worte.
Legendär ist etwa die Metapher vom „Blitzkrieg“: In einer internen Mail, die TechCrunch veröffentlichte, redete Samwer Ende 2011 Tacheles. Der Ton war hart, die Attitüde zeugte tatsächlich von einer ungewohnt militärischen Härte.
„Ich bin der aggressivste Internet-Unternehmer auf dem Planeten. Ich würde sterben, um zu gewinnen – und ich erwarte dasselbe von Euch.“ An anderer Stelle mahnte der Seriengründer in seinem Strategiepapier an, dass Planungen, die ihm vorgelegt werden, mit dem „eigenen Blut unterschrieben“ sein müssen.
Samwer und Butcher: Fortsetzung eines legendären Interviews
Und dann war da noch im selben Jahr der Interview-Versuch von TechCrunch-Reporterveteran Mike Butcher. Nach fünf Minuten mit kruden Ausführungen brach der Star-Investor das Gespräch mit der Bemerkung „We are humble Germans, we have kids“ („Wir sind bescheidene Deutsche, wir haben Kinder“) ab. Zuvor hatte Butcher trotz vorheriger Interview-Zusage ihn regelrecht durch das Gebäude verfolgen müssen – Samwer hatte auf die bekannt kritischen Fragen des TechCrunch-Journalisten offensichtlich nicht antworten wollen.
Doch man sieht sich in der Branche bekanntlich immer mindestens zweimal. Eine Chance für ein längeres Gespräch bekam Butcher nun ziemlich genau vier Jahre später in aller Öffentlichkeit: Im Rahmen der TechCrunch-Digitalkonferenz „Disrupt“ traf Samwer in London erneut mit dem britischen Techjournalisten Butcher zusammen.
Mr @MikeButcher asking proper questions to @RocketBerlin OliverS & both looking better as a consequence #TCDisrupt pic.twitter.com/v25biJzg8f
— Andrew J Scott (@andrewjscott) December 7, 2015
Der 43-jährige Vorstandschef von Rocket Internet parierte zunächst die Standardfragen zum Geschäftsverlauf des Berliner Beteiligungsgesellschaft und erneute seine strategischen Pläne, weiter massiv in die Segmente E-Commerce-Essenslieferungen (siehe HelloFresh und Foodpanda) und Home&Living (siehe die Beteiligungen Westwing und Home24) zu investieren – und das vor allem in den Emerging Markets.
What is Rocket Internet going to double down on moving forward? #TCDisrupt https://t.co/DK4XKyFJIC — TechCrunch (@TechCrunch) December 7, 2015
So weit, so bekannt. Dann lockte Butcher Samwer doch noch aus der Reserve, indem der Brite den Rocket Internet-CEO mit seiner Vergangenheit konfrontierte – der Blitzkrieg-Mail.
The man @mikebutcher is nailing it at #tcdisrupt15 – not afraid to ask Rocket Internet tough questions. Bold. pic.twitter.com/2Le5T0G6Xt
— Laura Fisher (@laurajaselle) December 7, 2015
„Ich dachte, das sollte ein nettes Interview werden“, versuchte Samwer die Situation mit einem Witz zu retten, drückte sich dann jedoch nicht um die Antwort.
That was a tense moment #TCDisrupt https://t.co/maJRb14dxX — Martin Bryant (@MartinSFP) December 7, 2015
„Ich arbeite in der Internet-Industrie seit 1998 und habe das Zitat 2010 oder 2011 gebraucht. Seitdem bin ich erwachsen geworden“, stellt Samwer klar. Auf die Nachfrage, ob der Seriengründer also gereift sei, bejaht Samwer, stellt aber klar: „Man sollte auch nicht zu sehr reifen…“
Warum, verriet Samwer im vergangenen Jahr an anderer Stelle kurz vor dem Rocket Internet-IPO: Viele Manager der Old Economy verstünden das Internet nicht, „weil sie zu alt sind und zu alte Kunden befragen.“