Wie wichtig ist Influencer-Marketing für Adidas?
ROBERT PUCHALLA: Influencer-Marketing ist enorm wichtig für Adidas. Die haben ein sehr breites Produktspektrum und einen enormen Konkurrenzdruck. Da muss das Marketing also sehr präzise aber gleichzeitig emotional sein. Zum Beispiel die Lifestyle-Produkte sind ja funktional zwischen vielen Marken austauschbar. Da nutzt Adidas Influencer um zu emotionalisieren und natürlich um die Nutzer zu informieren.
Im Sportbereich ist das ja lange bekannt. Welcher berühmte Fußballer trägt welchen Schuh? Aber gerade im Lifestyle-Segment fallen 80 Prozent der Kaufentscheidungen emotional. Da kann der Influencer schon mithelfen und zwar in ganz unterschiedlichen Facetten. Da geht es nicht nur um die großen Reichweitenmillionäre sondern auch um die kleinen Influencer, die direkt Einfluss auf ihre Peergroups haben. Auch die eigenen Mitarbeiter sind Influencer. Das Thema wird immer wichtiger, damit man sich vom Wettbewerb differenzieren kann.
Eine Youtuberin wie Bianca Heinicke alias Bibi hätte man vor ein paar Jahren kaum als Testimonial für Adidas gesehen. Das hat sich geändert.
Absolut. Das ist genau die Zielgruppe von Neo. Das kann man sich wunderbar vorstellen.
Suchen Sie die Influencer für Adidas aus?
Nein, das macht Adidas selbst. Die sind auf uns zu gekommen mit der Frage, wie man mit Influencern arbeiten kann, um den Neuvorstellungen im Bereich Originals einen Push zu geben. Das wird mit limitierten Vorauflagen gemacht, die nur eine kurze Zeit verfügbar sind. Dieser Verknappungsansatz steigert dann die Kaufbereitschaft für das breit ausgerollte Folgeprodukt.
Wir haben mit dem NMD-1-Runner angefangen. Der ist allerdings so stark limitiert, dass man mitunter Schwierigkeiten hatte, die Nachfrage im Laden zu erfüllen. Das sollte natürlich auch nicht passieren. Das Arbeiten mit limitierten Auflagen ist komplex. Wenn ein Produkt online plötzlich abgeht, sind die Onlinestores innerhalb von ein paar Minuten ausverkauft.
Wir haben Adidas da komplett beraten. Wir haben die Ziele erarbeitet, den Zeitraum und dann haben wir gemeinsam mit Adidas einen Prozess entwickelt, mit dem wir herausfinden können, welche Influencer zu Adidas oder zu einem einzelnen Produkt passen.
Wer saß bei der Prozessentwicklung auf Seiten von Adidas mit am Tisch?
Federführend war natürlich das Marketing, aber wir haben sehr viel Input von Sales mit rein geholt.
Und wie sieht das Ergebnis aus?
Wir haben eine Typologisierung entwickelt, fast schon Persona-Steckbriefe. Das sind alles Digital Natives. Aber hier ergibt sich das Problem, dass bei großen Teilen der jüngeren Zielgruppe gar nicht die Kaufkraft da ist, um 200 oder 300 Euro für einen Schuh auszugeben. Also brauchten wir Influencer, die auch bei etwas älteren Zielgruppen eine entsprechende Kompetenz haben.
Es hat sich ziemlich schnell heraus kristallisiert, dass das vor allem die Storemanager selbst sind. Die haben zum Großteil eine unheimlich hohe Seedingkraft. Ein Beispiel ist 43Einhalb in Fulda. Zuerst war das nur ein Laden, jetzt gibt es einen Onlinestore dazu. Der hat über seinen Blog in der Region echt Reichweite.
Und diese Influencer kriegen dann die Produkte als erstes?
Nicht ganz. Adidas hat fünf Key-Cities weltweit definiert, in denen Produkte zuerst vorgestellt werden. Das ist Teil der Strategie. Und natürlich müssen wir das dem erfolgreichen Händler in Fulda erklären, wenn der Schuh in London erscheint, aber in Fulda noch nicht.
Sie sprachen von der Seedingkraft als Auswahlkriterium. Wie setzt sich ein solcher Parameter zusammen?
Da geht es natürlich zunächst um den Aktivitätsgrad des Influencers. Wie viele Kanäle werden bedient, wie viele Follower habe sie. Dann aber geht es auch um die Qualität. Wie hochwertig sind die Postings? Außerdem ist der Grad der Interaktion sehr wichtig. Wie hoch ist das Engagement der Fans und Follower. Und natürlich müssen wir in Betracht ziehen, wer überhaupt auf diese Art mit Adidas zusammen arbeiten will.
Gehen Followerzahl und Engagement nicht Hand in Hand? Oder gab es Influencer mit eher geringerer Reichweite, die sehr viel Interaktion ausgelöst haben?
Die gab es absolut und zwar vor allem unter den Mitarbeitern von Adidas. Die mussten wir unbedingt an Bord holen. Deren Fans und Freunde sind ganz oft selbst Influencer, das Spiel geht also sozusagen „über Bande“. Da geht es dann mehr um die Qualität der Followerschaft, weniger um die Menge.