Ein Grund für den Rücktritt wurde nicht genannt. Die britische Times berichtet jedoch, dass es nach dem Verlust der 800 Media-Millionen von Renault/Nissan zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sein soll. Es wurde kein Nachfolger von Lerwill benannt. Chairman John Napier übernimmt Lerwills Verantwortung übergangsweise. Erst Mitte Juli hatte Napier selbst die Agenden von Colin Sharman übernommen, der sich zu diesem Zeitpunkt aus dem Vorstand der Aegis Group plc. zurückgezogen hatte.
Der britische Guardian berichtet, dass die Veränderungen im Vorstand der Aegis Group ein Indiz für das Ende des prinzipiellen Widerstandes gegen den Miteigentümer und französischen Investor Vincent Bolloré sein könnte. Bolloré gehören noch immer 29,9
Prozent von Aegis. Er scheiterte fünfmal am Bestreben, zwei eigene Vertreter im Vorstand von Aegis zu platzieren. Maßgeblich dafür war die Ablehnung der Aktionäre nach Brandbriefen des damaligen Aegis-Vorstandes. Bolloré besitzt auch 32,9 Prozent der französischen Havas. Unter Havas Media ist deren Marke MPG in direkter Konkurrenz zu Carat tätig, der Mediamarke von Aegis Media. Nach Bekanntgabe von Lerwills Rücktritt legte die Aegis-Aktie bis Redaktionsschluss deutlich um rund 20 Prozent zu.
Trotz letztem Arbeitstag steht Lerwill aber noch ein Job bevor: Der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk im Ruzicka-Prozess kündigte an, den noch amtierenden CEO der Aegis Group plc, Robert Lerwillden als auch den Global CEO von Aegis Media, Jerry Buhlmann, als Zeugen zu vernehmen. Da beide bisher nicht zu einer Einvernahme in Wiesbaden oder per Videokonferenz aus einem Londoner Gerichtsgebäude bereit waren, kündigte Bonk an, die Einvernahme auch persönlich in London durchführen zu wollen. Es sei prozessual möglich, dass die Kammer mit allen Prozessbeteiligten nach London reist und die Zeugen Buhlmann und Lerwill dort vernimmt. Ob der Zeuge Robert Lerwill nun direkt nach Wiesbaden geladen wird, ist noch unklar.
Hiernach signalisierte das Gericht, dass es die Zeugenvernehmungen im Rahmen der Beweisaufnahme als abgeschlossen betrachtet. Zunächst wird der Prozess an jedem Montag fortgesetzt. Offenbar möchte die Kammer den Prozess nun zügig abschließen. Unter Vorbehalt weiterer Beweisanträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft besteht die Möglichkeit, dass an je einem Prozesstag deren Plädoyers noch vor Weihnachten gehalten werden. Hiernach kann der Prozess für maximal drei Wochen unterbrochen werden, wobei es im Strafprozess keine Gerichtsferien gibt. Zudem gilt das Beschleunigungsgebot in Haftsachen, da Aleksander Ruzicka seit Oktober 2006 ununterbrochen in U-Haft sitzt.
mz