Rewe gehört in der deutschen Supermarktlandschaft zu den Ersten, die einen Schritt aus der Offline- in die Online-Welt gesetzt haben. Doch ein einfacher Online-Shop reicht der Handelskette scheinbar nicht mehr, um sich sicher für die Zukunft aufgestellt zu fühlen. Ganz nach dem Vorbild Amazons soll nun ein Online-Marktplatz entstehen, über den Kunden nicht nur aus dem Sortiment von Rewe wählen können, sondern auch Produkte anderer Hersteller bestellen können wie Deko-Artikel, Spielzeug oder Geschirr. Denn: “Nicht nur frische Lebensmittel sind Vertrauenssache. Die Kunden legen auch bei der Bestellung aller übrigen Produkte aus den Bereichen Lebensmittel, Küche und Haushalt Wert auf Qualität, gerade auch bei Online-Bestellungen. Deshalb werden alle Partner entsprechend ausgewählt und durchlaufen einen aufwändigen Qualifizierungsprozess”, sagt Jean-Jacques van Oosten, Chief Digital Officer Rewe Group. Oberstes Ziel sei es, dass „dass Kunden eine zentrale Anlaufstelle für ihren gesamten Einkauf des täglichen Bedarfs haben“.
Testphase ab Juli
Geliefert werden sollen die Partner-Produkte entweder separat oder auf Wunsch gemeinsam mit den Artikeln des Rewe Lieferservice. Anfang Juli startet bereits die erste Testphase mit Partnern wie Dallmayr, Käfer, Lieferello, nu3, myToys, ZooRoyal, Weinfreunde, Springlane, Butlers, Alternate, Geschenke.de oder Idee Creativmarkt. Nach erfolgreichem Test sollen Stück für Stück weitere Partner ins Boot geholt werden.
Penny goes online
Doch nicht nur der Marktplatz ist eine neue Entwicklung in der Rewe Group. Auch die Discounter-Tochter Penny soll jetzt mit einem eigenen Onlineshop digital gehen. Damit hatte wohl niemand gerechnet, fehlte von der Billigkette trotz der Präsenz von Mitbewerbern wie Lidl und Netto doch bisher jede Spur im Netz. Laut Lebensmittelzeitung will Penny ab Sommer dieses Jahres mit dem neuen Shop starten, erst mit Non-Food-Produkten und Wein, da diese leichter zu lagern und liefern seien. Über die Lieferung frischer Lebensmittel sei bisher kein Wort gefallen. Vor dem offiziellen Start soll es eine vierwöchige Testphase geben. Die Auslieferung werde wohl die DHL übernehmen. Um die Umsetzung des Projekts kümmert sich die Rewe-Konzerntochter Rewe Digital, eine weiteren Tochtergesellschaft der Rewe Group.
Was steckt hinter Rewes Online-Ambitionen?
Angesichts dieser neuen Entwicklungen bei Rewe fragt man sich: Ist das vielleicht eine Reaktion aufs Amazon Frehs Markteintritt in Deutschland? Steigt der Druck, online breiter aufgestellt zu sein, um den US-Giganten nicht ungehindert auf die Überholspur rasen zu lassen? Laut Jörg Walbaum, der bei Euler Hermes Rating als Senior Rating Analyst tätig ist, geht Rewe bereits seit längerem mit neuen On- und Offline Formaten in die Offensive. Im Vergleich zu unmittelbaren Wettbewerbern wird Rewe dadurch aktuell als viel innovativer bei den Konsumenten und im Markt wahrgenommen. „Zudem verfolgt Rewe im Onlinebereich ambitionierte Ziele. In 2016 konnte Rewe im Online-Handel bereits einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaften. Bis 2020 will Rewe die Online-Umsätze auf 800 Millionen Euro steigern. Zur Umsetzung der Multichannel-Strategie gehört dabei auch die Eröffnung des Penny Online-Shops, um die Zielgruppenbasis zu erweitern und sich gegenüber den Online-Strategien der anderen Discounter zu positionieren, die bislang eher zögerlich agieren“, so Walbaum.
Rewes Marktplatz fokussierter als Amazons Plattform
Im deutschen Lebensmittelhandel herrsche ein harter Verdrängungswettbewerb, dieser werde sich unter den Marktteilnehmern mittelfristig auch im Onlinehandel ausprägen. Zudem komme mit Amazon ein Multi-Online-Händler in den Lebensmittelmarkt, mit hoher Data-Analytics-Kompetenz, einzigartigem Kundenbindungsprogramm und hohem Servicelevel. „Einfach nur den stationären Handel mit einem Online-Shop zu ergänzen, kann perspektivisch zu wenig sein, wie sich schon in anderen Branchen gezeigt hat. Mit dem virtuellen Marktplatz-Konzept testet Rewe einen online One-Stop-Shopping-Ansatz, wie ihn auch Amazon & Co verfolgen. Rewe will mit dem Ansatz auf den Konsumtrend reagieren, das Kunden immer weniger Zeit für den Einkauf von Waren des täglichen Bedarfs aufwenden wollen“, weiß Walbaum. Auf den ersten Blick ähnelt es dem Amazon-Ansatz, „jedoch soll es im Gegensatz zu Amazon keine offene Plattform werden, sondern eine geschlossene Themenplattform mit Bezug zum Food-Geschäft. Vom Ansatz her ist es aus unserer Sicht der richtige Weg, denn Plattformkonzepten und sinnhafte Vernetzung verschiedener Teilnehmer gehört die Zukunft. Entsprechend wird der Erfolg sehr stark von der Attraktivität der Partner, dem Servicelevel und der Differenzierung zu Amazon abhängen“, so der Experte.