Ob Bücher, Spiele, Kleidung oder Haushaltsgeräte: Zum Einkaufen muss man heute kaum noch das Sofa verlassen. Der Trend zum Online-Shopping geht auf Kosten kleinerer Geschäfte und damit auch der deutschen Innenstädte, die zunehmend veröden.
Die Corona-Pandemie verschärft die Lage für Händler zusätzlich – nun will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ihnen unter die Arme greifen. Und zwar nicht nur mit Überbrückungshilfen gegen die Corona-Folgen, die bis Mitte 2021 verlängert werden. Ziel sei eine „Trendwende“ hin zu mehr neuen Geschäften und lebendigen Stadtzentren, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin. Aber wie genau?
Gegen das Ladensterben: 20 Experten tauschen sich aus
Um das zu erörtern, hatte Altmaier mehr als 20 Expertinnen und Experten zum digitalen Austausch gebeten. Weitere Gespräche sollen folgen, an deren Ende ein schnell umsetzbares Handlungskonzept stehen soll.
2021 solle das Ladensterben gestoppt und 2022 umgekehrt werden, sagte Altmaier – dann sollten es wieder mehr Menschen wagen, sich in den Innenstädten selbstständig zu machen. Es gehe nicht nur um wirtschaftliche Fragen, sondern um die kulturelle Identität.
HDE sieht 50.000 Geschäfte in Gefahr
Doch der Weg dahin ist weit. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, Stefan Genth, sieht derzeit bundesweit bis zu 50.000 Geschäfte in Gefahr. Der Umsatz liege derzeit im Schnitt etwa 30 Prozent unter dem Normalwert – weil die Leute Corona-bedingt weniger in die Städte gingen. Altmaier betonte, dass die Pandemie die Probleme vergrößere, leere Geschäfte aber nicht neu seien. Schon vor der Corona-Krise habe der Einzelhandel in einigen Bereichen bis zu 30 Prozent des Umsatzes an Online-Händler abgeben müssen, dazu komme die Konkurrenz durch Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“.
Digitalisierung als Chance für Innenstädte?
Digitalisierung ist aus Sicht der Experten einer der Schlüssel – oder auch die „Verlängerung der Ladentheke ins Internet“. Sprich, Kunden sollen nicht nur bei Amazon, Zalando und anderen großen Händlern online shoppen können. „Es geht nicht darum, den Online-Handel gegen den stationären Handel auszuspielen“, sagte Altmaier. Aber von den Vorteilen der Online-Ökonomie sollten auch Einzelhändler profitieren.
Der HDE fordert dafür ein Hilfsprogramm für Händler, also finanzielle Unterstützung, aber auch Begleitung durch Fachleute. Solche konkreten Zusagen machte Altmaier am Dienstag aber noch nicht – sie könnten Teil des angestrebten Konzeptes werden. Einen Zeitplan dafür nannte Altmaier nicht.
Konkret kündigte der Minister aber an, sich erneut für mehr Sonntagsöffnungen während der Corona-Krise einzusetzen – für den Sommer sei das mit dem Koalitionspartner SPD nicht zu machen gewesen. Werde man sich weiter nicht einig, sollten Bundesländer vorangehen.
Douglas-CEO Müller: „Kunden wollen rund um die Uhr einkaufen„
Digitalisierung ist für den Einzelhandel im Jahr 2020 natürlich kein Neuland mehr. Es gibt bereits Workshops und Programme. „Kunden wollen rund um die Uhr einkaufen“, sagte Tina Müller, Vorsitzende der Geschäftsführung von Douglas.
Dass die Drogerie-Handelskette online stark sei, habe ihr während der Hochphase der Corona-Krise zu Wachstum verholfen, sagte sie. Heute kämen fast 40 Prozent des Umsatzes aus dem Netz-Geschäft. Diese Möglichkeit hätten kleinere Händler oft nicht, es brauche Konzepte zur Unterstützung. Stationärer Handel stehe aber auch für Beratung und Begegnung, was ihn einzigartig mache.
Mehrere Unternehmen, darunter Douglas und Vodafone, haben bereits Plattformen und „Marktplätze“ gegründet, über die sie kleineren Händlern helfen, Produkte online zu vermarkten. Der Verband HDE hat gemeinsam mit Amazon im September mit „Quickstart Online“ ein Programm gestartet, das Wissen zum Online-Handel vermitteln soll.
Von Teresa Dapp, dpa
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