Rechtsfragen bei der Vergleichenden Werbung

Im deutschen Wettbewerbsrecht war vergleichende Werbung bis Oktober 1997 grundsätzlich unzulässig – doch alles ist anders, seit die EU eine Richtlinie dazu erlassen hat. In der Folge gab es regelrechte Abmahnschlachten nach dem Motto: wer darf in seiner Werbung was mit wem vergleichen?

Umsetzung fand die EU-Richtlinie in Deutschland im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (§§ 2, 3 S.2 UWG). Danach ist vergleichende Werbung grundsätzlich zulässig. Die neuen Regelungen sind jedoch kompliziert und wenig transparent. Nach deren Einführung haben sich insbesondere die Autovermieter heftig gestritten: So hatte Sixt zeitweise eine ganze Rechtsabteilung zu beschäftigen, die sich nur mit der Thematik der vergleichenden Werbung befasste. Zwischenzeitlich ist die aufgeheizte Stimmung abgeklungen.

Anwendungsbereich der Gesetze zur vergleichenden Werbung

§§ 2 und 3 S.2 UWG sind nur anwendbar auf eine Werbemaßnahme,
„..die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.“
Die Verwendung der Begrifflichkeit „ein“ Mitbewerber ist nicht wörtlich zu verstehen. Ausreichend ist in diesem Zusammenhang, dass auf eine ganze, abgrenzbare Produktgattung und damit deren Hersteller zielgerichtet Bezug genommen wird. Die Aussage „billige Composite-Rackets muten wir Ihnen nicht zu,“ stellt daher vergleichende Werbung dar.

Entscheidend ist weiterhin, dass letztlich immer ein Waren- oder Dienstleistungsvergleich stattfinden muss – ein Vergleich von Personen oder Unternehmen per se fällt nicht unter § 2 UWG sondern gegebenenfalls unter § 1 UWG oder andere Tatbestände.

Werturteile in Alleinstellungswerbung sind zulässig

Die sogenannte Alleinstellungswerbung ist Hauptanwendungsfall einer Reklame mit Vergleichscharakter, die die benannte Voraussetzung nicht erfüllt, weil kein bestimmter Mitbewerber erkennbar ist („Wir sind die Nr.1“, „Das Repetitorium“, „Der Beste“). Alleinstellungswerbung ist unzulässig, wenn

  • Tatsachen behauptet werden und
  • die Tatsachenbehauptungen falsch sind.

Tatsachen sind solche Umstände, die dem Beweis zugänglich sind. Davon abzugrenzen sind reine Werturteile ohne jeden Tatsachenkern (etwa inhaltsleere Übertreibungen, die als solche auch zu erkennen sind). Zum letzteren zählen Aussagen wie: „Der beste Film des Jahres“, „Die schönste Frau aller Zeiten“ oder „Mutti gibt mir immer nur das Beste.“ Die Behauptung „Der Beliebteste“ ist ein Grenzfall, wird jedoch von den Gerichten als Tatsachenbehauptung verstanden. Wobei hier bewiesen werden muss, dass das jeweilige Produkt das Meistgekaufte ist.

Alleinstellung kann vorliegen bei:

  • Behauptung einer Spitzenstellung („Der beliebteste Pudding“)
  • Verwendung des Komparativs („Der beliebtere Pudding“)
  • Verwendung des negativen Komparativs („Es gibt keinen beliebteren Pudding“)
  • Verwendung des bestimmten Artikels („Der Pudding unserer Zeit)
  • Schlagwortartiger Hervorhebung einzelner Worte – oder Wortfolgen („Für hartes Wasser nur …“).

Zutreffende Vergleiche, bei denen kein bestimmter Mitbewerber erkennbar ist, sind gundsätzlich immer zulässig. Schließlich darf jeder die Eigenschaften seines Produktes anpreisen, wenn er sich auf keinen Konkurrenten bezieht.

Wer klagt muss auch beweisen

Grundsätzlich muss im Prozess derjenige, der die Unrichtigkeit einer Behauptung rügt, dies auch beweisen. Bei Alleinstellungsbehauptungen ist dies jedoch im Einzelfall anders: Wenn Beweisschwierigkeiten es nahezu unmöglich machen, zu belegen, dass eine Aussage falsch ist, kann sich hier die Beweislast zu Ungunsten des Werbenden drehen.

Wer für sein Produkt eine Allein– oder Spitzenstellung werblich herausstellt, muss darauf vorbereitet sein, diese auch nachweisen zu müssen.

Wann vergleichende Werbung unzulässig ist

Sind Mitbewerber in die Werbemaßnahme einbezogen, so besteht immer die Gefahr, dass der Vergleich deren Interessen unbillig berührt. Dabei können (alternativ) folgende Fallgruppen vorliegen:

  • Irreführung durch den Vergleich

    Der Vergleich darf nicht geeignet sein, den aufmerksamen, durchschnittlich informierten Verbraucher in die Irre zu führen.
    Dies ist etwa der Fall, wenn tatsächlich nicht vergleichbare Produkte verglichen werden oder wenn der Anbieter Umstände verschweigt, die für die Kaufentscheidung wesentlich sind. Ein weiteres Beispiel wäre die Herausstellung von Produkteigenschaften, die selbstverständlich sind. Das legt für den Kunden die Vermutung nahe, der Wettbewerber könne diese Eigenschaften nicht anbieten. So ist etwa der Slogan „Bei uns kosten Ferngespräche nur 3 Cent“ unzulässig, wenn der Werbende verschweigt, dass dies erst ab der sechsten Minute des Telefonats gilt.
  • Funktionsidentität der verglichenen Produkte

    Es dürfen nur Produkte verglichen werden, die entweder funktionsidentisch sind oder zumindest als Substitutionsprodukte in Betracht kommen. Ob dies im Einzelfall vorliegt, ist großzügig zu beurteilen und im Zweifel zu bejahen. Ein Vergleich zwischen CD-Autoradios und Cassetten-Autoradios wird wohl gerade noch zulässig sein.

    Ausnahmsweise jedoch kann die vergleichende Werbung auch bei vollständiger Funktionsidentität illegal sein – nach Auffassung des OLG Köln dann, wenn die Waren oder Dienstleistungen zu unterschiedlichen Bedingungen angeboten werden. Auf diese Weise hat eine Versicherung den günstigen Preis ihrer Haftpflichtversicherung gegenüber einem bestimmten Konkurrenten herausgestellt. Diese Haftpflichtversicherung war jedoch nur bei weiterem Abschluss einer KFZ-Versicherung zu haben.

  • Vergleich muss konkreten Eigenschaftsbezug haben

    Verglichen werden müssen einzelne Eigenschaften der Produkte, wozu auch der Preis zählen kann – dies ist übrigens der Hauptfall vergleichender Werbung. Die Eigenschaften müssen zudem Qualitätsindikatoren der Produkte sein.
    Weiterhin muss der Kunde objektiv nachprüfen können, dass die Eigenschaften tatsächlich vorliegen. Beispiel Burger King: „62 % aller Deutschen schmeckt unser Wopper besser als der Big Mac von McDonalds.“ Der Slogan wurde als wettbewerbswidrig beurteilt, da Geschmack subjektiv ist.
  • Keine Verwechslung der Produkte

    Weiterhin sind vergleichende Werbungen unzulässig, die das eigene Produkt nicht klar als von dem Produkt des Mitbewerbers zu unterscheidendes Produkt hervorheben. Damit erwecken sie den Eindruck, das eigene Produkt gehöre zur Werbeserie des Mitbewerbers. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine irreführende Bezugnahme auf fremde Marken vorliegt – etwa durch eine Übernahme der Farben.

  • Keine Verunglimpfung

    Die Werbung darf die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse des Wettbewerbers nicht verunglimpfen. Eine bloße Herabsetzung des Wettbewerbers, als notwendige Folge der Herausstellung der Eigenschaften des eigenen Produktes, ist hingegen erlaubt. Der Anbieter überschreitet die Grenze dort, wo er die Ware des Konkurrenten als minderwertig herausstellt.
    Zum Beispiel die Anzeige des Wirtschaftsmagazin Euro: „Fanden Sie die Wirtschaftswoche langweilig ?“
    Werbung darf nicht den guten Ruf des Wettbewerbers ausbeuten.
    In diesem Punkt sind kaum Fälle denkbar, da es selbst „Newcomern“ auf dem Markt gestattet sein soll, sich mit berühmten Marken zu vergleichen. Umstritten wäre möglicherweise der Slogan: „So gut wie Coca Cola“.
  • Keine Anpreisung der Ware als Nachahmung

    Der Slogan „Wir machen’s genau wie die Telekom“ wäre danach unzulässig. Weiterhin müssen sich Waren mit Ursprungsangaben auf Produkte mit der gleichen Bezeichnung beziehen. Champagner darf also nicht mit Sekt verglichen werden.

Liegt eine vergleichende Werbung vor und ist keine der benannten Fallgruppen einschlägig, so ist die entsprechende Werbemaßnahme erlaubt. Schließlich gilt heute die grundsätzliche Zulässigkeit vergleichender Werbung.


Autor: Peter Schönberger, Rechtsanwalt Köln
eingestellt am 15. Juli 2003.