Das Rebranding von OpenAI im Check: Human Intelligence 

OpenAI hat sein Erscheinungsbild erneuert – doch statt auf KI-generierte Designs, setzt das Unternehmen auf zeitlose Ästhetik und echtes Handwerk. Warum dieses Rebranding eine spannende Botschaft für Designerinnen und Designer bereithält, erklärt unser Kolumnist.
Es war keine KI, die den Designjob für OpenAIs Rebranding gemacht hat. Es waren ausschließlich Fachleute am Werk.
Es war keine KI, die den Designjob für OpenAIs Rebranding gemacht hat. Es waren ausschließlich Fachleute am Werk. (© OpenAI, Montage: Katharina Höhner)

Was erwartet man, wenn das KI-Dickschiff OpenAI, der Macher hinter Blockbustern wie ChatGPT und Sora, sein Erscheinungsbild redesigned? Wenn diejenige Company, die in den letzten zwei Jahren maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Künstliche Intelligenz unser Leben für immer verändert, 300 Millionen tägliche User verzeichnet und mittlerweile einen Börsenwert von sage und schreibe 340 Milliarden Dollar aufweist, ihre Marke erneuert?  Wenn die Leute, die uns gelehrt haben, dass jede denkbare kreative Ausdrucksform nur ein paar Prompts entfernt ist, nun Hand an sich legen? 

Was erwartet man da?

Kein KI-Spektakel, sondern solides Handwerk 

Ich weiß nur eins: bestimmt nicht das, was OpenAI jetzt gemacht hat. Und genau deshalb schreibe ich darüber. Nicht, weil ich den neuen Auftritt so unglaublich innovativ oder neu finde. Nicht, weil dieser so krasse und effektvoll mit KI jongliert. Sondern, weil er überraschenderweise etwas ganz anderes ist: einfach gutes Handwerk – und dies im eigentlichen Sinne des Wortes.  

Es war eben keine KI, die hier den Designjob gemacht hat. Es waren ausschließlich Fachleute am Werk. Die Typograf*innen von ABC Dinamo aus Berlin, Motion-Spezialist*innen von Studio Dumbar sowie viele Fotograf*innen – alle unter der Leitung des Inhouse-Design-Teams. 

Ein Corporate Design mit menschlicher Handschrift 

Ihr Ziel: die ursprüngliche Idee von OpenAI – menschliche und Künstliche Intelligenz respektvoll und synergetisch zu verbinden – in einem menschlichen Corporate Design aufleben zu lassen. Und dies ist ihnen in der Tat gelungen.  

Logischerweise spielt Text bei diesem Unternehmen eine entscheidende Rolle. Und so wurde ein Hauptaugenmerk auf die neue Schrift gelegt, die grafische Klarheit mit menschlichen Rundungen kombiniert. Sämtliche Texte, vom Markenlogo bis zum Whitepaper, werden nun ausschließlich in der OpenAI Sans gesetzt. Ein zeitloses Raster und eine dezente Farbigkeit runden das klassische Bild ab.  

KI-gestützte Fotografie, kuratiert von Menschen 

Die Fotografie wiederum regt die Fantasie an. Sie bleibt ebenso abstrakt wie effektvoll tief – gebaut mit KI-Tools, aber kuratiert von Fotograf*innen. Der Blossom, die bekannte Bildmarke, wurde in den Strichstärken leicht überarbeitet und wirkt jetzt solider.  

Retro statt Robo: Ein Design mit zeitloser Ästhetik 

Alles in allem fällt mir eines auf: Alle Marken-Assets wirken erstaunlich zeitlos. Dieses Rebranding hätte genauso im Jahr 1972 entstehen können. Von der Bildmarke über das Raster bis zur Typografie – hier ist mehr Otl Aicher oder Josef Müller-Brockmann zu spüren als ChatGPT oder Dall-E. 

Und das ist für alle Markendesigner die beste Nachricht. Wenn selbst ein solch innovatives Unternehmen wie OpenAI nicht der Versuchung erliegt, sich der KI auszuliefern, sondern Expert*innen an Bord holt, dann sollten wir uns keine Sorgen machen, dass Designer*innen und Markenmacher*innen in Zukunft durch KI ersetzt werden.  

Fazit: Gutes Design braucht Expertise

Bedingung ist natürlich echte Expertise. Gutes Design basiert auf Erfahrung und Können. OpenAI hat das verstanden.  

Heinrich Paravicini ist Co-Gründer und Chief Creative Officer von Mutabor, Designagentur und Markenberatung mit Sitz in Hamburg, München und Berlin. Mit mehr als 180 Mitarbeiter*innen gehört Mutabor heute zu den größten unabhängigen Agenturen der Kreativbranche in Deutschland. Paravicini lebt und arbeitet in Hamburg und überall dort, wo Mutabor-Projekte entstehen.