Von Gastautor Roger Niederer, Head Merchant Services von SIX Payment Services
Check 1: Hat das Shopping via Sprachassistenten eine Zukunft?
Einkaufen über Sprachbefehle ist schon heute möglich, auch wenn es bisher nur in relativ bescheidenem Umfang genutzt wird. Jedoch rechnen Experten mit einem beachtlichen Wachstum in den nächsten Jahren. Laut einer Umfrage der Beratungsfirma OC&C Strategy Consultants unter 1.500 Besitzern von Smartspeakern in den USA, wird sich der dortige Markt von zurzeit zwei Milliarden Dollar innerhalb von nur fünf Jahren auf 40 Milliarden ausdehnen. Bereits heute nutzen 66 Prozent der erwachsenen Amerikaner Sprachassistenten oder Chatbots, 21 Prozent wickeln darüber sogar E-Commerce-Aufgaben wie das Bezahlen von Rechnungen und Online Banking ab; dies zeigt eine aktuelle Studie von Mastercard and Mercator. Für Voice-Shopping – auch Conversational Commerce genannt – spricht, dass es ein schnelleres, bequemeres und nahtloseres Einkaufserlebnis für Verbraucher schafft. Statt zu Tippen und sich durch mehrere Links zu klicken, stellt der Nutzer eine Frage und erhält eine Antwort.
Check 2: Wie wird sich dieser Trend auf deutsche Händler auswirken?
Weltweite Trends gehen an Deutschland nicht vorbei, sie schlagen hier nur etwas später ein. Online-Shopping hat sich bereits vor Jahren etabliert – und wächst mit Amazon an der Spitze immer noch weiter. Laut dem Branchenverband HDE ist Amazon bereits bei 40 Prozent aller Bestellungen im Internet auf irgendeine Art beteiligt. Vor allem der „Marketplace“ wird von Händlern genutzt. Wenn der Trend zur erweiterten Nutzung digitaler Sprachassistenten anhält, wird Amazon seine führende Rolle im Onlinehandel dadurch eher noch ausbauen. Das sollten Händler hierzulande im Hinterkopf behalten, wenn sie über ihre Online-Strategien für die nächsten Jahre nachdenken.
Check 3: Wettbewerbsverzerrung vorprogrammiert?
Problematisch beim Einkauf über Sprachbefehle ist die Produktauswahl. Sucht ein Kunde in einem traditionellen Online-Shop beispielsweise nach Waschmittel werden ihm die verschiedensten Produkte angezeigt. Wie allerdings gehen Alexa, Siri & Co. mit dem Befehl „Bestelle Waschmittel!“ um? Hier zwei Hinweise, was Händler jetzt tun können, um wettbewerbsfähig zu bleiben:
- Sprachanfragen neigen dazu, länger zu sein, als getippte Suchanfragen. So fragt ein Kunde vielleicht über Google „Schuhgeschäft Hamburg Altona“, per Sprachbefehl könnte die Anfrage aber so lauten: „Welcher Schuhladen ist jetzt in Hamburg Altona geöffnet?“. Aus diesem Grund ist es wichtig, Geschäft- sowie Produkt- und schließlich auch Bezahlinformationen auf die neue Art der Suche abzustimmen.
- Amazon und Unternehmen haben bisher mehr als 15.000 sogenannte Skills entwickelt, also „Apps“, die mit Alexa abgerufen werden können. Was anfänglich als Mittel zur Kontaktaufnahme mit Kunden und zur Beantwortung von deren Fragen diente, ist längst über den reinen Kundenservice hinausgewachsen. Bank- und Finanzdienstleister arbeiten derzeit daran, personalisierte Dienste anzubieten, die einen Bezahlvorgang noch einfacher, schneller und bequemer machen, als eine Message zu verschicken. Unter den Banken haben American Express, Capital One und US Bank Skills für Alexa entwickelt, während Barclays, ICICI, ING und OCBC mit Siri von Apple arbeiten.
Fazit: Bequem ist Trend
Neue Technologien setzen sich immer dann durch, wenn sie den Nutzern das Leben erleichtern. Sprachassistenten haben durchaus das Potenzial, das Einkaufsverhalten von Verbrauchern entscheidend zu beeinflussen. Für Händler ist dies sowohl eine Chance, als auch eine Herausforderung. Sie können sich durch die entsprechenden Angebote von der Konkurrenz abheben, müssen allerdings die nötige technische Vorleistung aufbringen und mit dem richtigen Payment Service-Partner eine Vielzahl an bequemen Zahlungsmöglichkeiten bereitstellen. Wenn die Prozesse im Backoffice effizient und zuverlässig laufen, haben Händler Zeit sich auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist: ein nahtloses Einkaufserlebnis für den Kunden auf allen Absatzkanälen zu schaffen.
Zum Autor: Roger Niederer ist seit 2015 Head Merchant Services beim Schweizer Zahlungsverkehrsdienstleister SIX Payment Services und verantwortet das europaweite Händlergeschäft. Zuvor war er zwei Jahre CEO von SIX Payment Services Austria (ehemals PayLife Bank) und sechs Jahre lang Head Operations. Roger Niederer hält einen Master in Corporate Finance.