Prompten Sie noch oder ChatGPTen Sie schon?

Dynamit, Tempo und Edding haben eines gemeinsam: Ihre Markennamen sind zu einem Synonym für eine ganze Gattung geworden. Das birgt nicht nur Vorteile.
Deonyme: Edding zum Beispiel für Permanentmarker, ein Edding de auf einen Post-It schreibt
Edding und Post-it sind Beispiele für Deonyme. (© Edding)

Wir suchen nicht per Suchmaschine, sondern „googlen“; trocknen unsere Haare nicht mit einem Haartrockner, sondern mit einem „Fön“ und fragen nicht nach Korrekturflüssigkeit, sondern nach einem „Tipp-Ex“. Dabei sind das alles – Google, Fön, Tipp-Ex – eigentlich Markennamen. Genauer gesagt: Es sind Deonyme und damit gleichzeitig das Beste und das Schlimmste, was einer Marke passieren kann.

Was sind Deonyme?

Das Wort „Deonym“ wird vor allem im Sprachwissenschaftlichen gebraucht. Es kommt vom griechischen Wort „onyma“, was so viel wie „Name“ bedeutet. Die Vorsilbe „de“ oder „deo“ wird manchmal fälschlicherweise mit dem griechischen Wort „Theos“ für „Gott“ in Verbindung gebracht. Wissenschaftlich korrekt ist diese Ableitung jedoch nicht, da „de“ eigentlich „von“ bedeutet.

Ein Deonym könnte daher als „vom Namen kommend“ übersetzt werden. Dennoch könnte man Deonyme als „gottgleiche Namen“ betrachten, weil es sich um Marken- oder Produktnamen handelt, die so erfolgreich sind, dass sie als Synonym für eine ganze Gattung von Produkten verwendet werden.

Aus Marketingsicht heißt das, auf den ersten Blick haben Deonyme eine perfekte Positionierung erreicht; sie durchdringen einen Markt vollständig. Im Alltag verwenden wir sie selbstverständlich und meinen damit fast immer den Gattungsbegriff.

Welche Deonyme gibt es?

Einige der Begriffe haben sich dabei bei uns schon so eingebürgert, dass man verwundert ist, wenn man liest, es handele sich dabei eigentlich um den Namen einer bestimmten Marke. Hier sind einige Beispiele für Deonyme:

Name Ursprüngliche Verwendung 
googlenGoogle, das 1998 gegründete Technologie-Unternehmen, umfasst deutlich mehr als die Suchmaschine, dennoch wird „googlen“ oft als Synonym für das Suchen per Suchmaschine verwendet. 
Fön … lies die Firma Sanitas 1909 als Markennamen eintragen, der nach Übernahme durch AEG ab 1957 exklusiv für deren Produkte genutzt wurde; heute gehört die Marke Electrolux, das als einziges Unternehmen Haartrockner unter diesem Namen vertreiben darf. 
Tipp-Ex … war ursprünglich der Markenname für ein Korrekturmittel, das 1959 von dem deutschen Unternehmer Wolfgang Dabisch entwickelt und auf den Markt gebracht wurde. 
Dynamit … ist ein Markenname für einen Sprengstoff, der 1867 von Alfred Nobel erfunden wurde. Der Name „Dynamit“ leitet sich vom griechischen Wort „dynamis“ für „Kraft“ oder „Macht“ ab, was die potente Wirkung des Sprengstoffs widerspiegelt. 
Kettcar … war ursprünglich der Markenname für ein vierrädriges Tretfahrzeug, das 1962 von der deutschen Firma Kettler entwickelt wurde. Der Name setzt sich aus „Kett“ (von Kettler) und „car“ (englisch für Auto) zusammen.  
Walkman/Discman … waren ursprünglich die Namen von Geräten fürs Musikhören, die 1979 beziehungsweise in den 1990ern von Sony auf den Markt gebracht wurden. 
Flex … ist ursprünglich der Markenname eines deutschen Unternehmens, das 1922 gegründet wurde und sich auf die Herstellung von Elektrowerkzeugen spezialisiert hat. 
Zewa … ist eine Marke für Papiertücher und andere Hygieneprodukte, die in den 1960ern von der deutschen Firma Sappi eingeführt wurde. 
Edding… bezieht sich ursprünglich auf eine Marke von Permanentmarkern, die 1960 von der deutschen Firma Edding gegründet wurde, wird heute aber auch für andere Permanentmarker verwendet. 
Jeep… wurde als Marke 1941 von der amerikanischen Automobilmarke Willys-Overland eingeführt und ist bekannt für ihre Geländewagen und SUVs. 
Vaseline… ist ein Markenname für ein spezielles Petroleumgel, das 1872 von Robert Chesebrough eingeführt wurde und heute als Chesebrough Vaseline von Unilever vertrieben wird, wobei der Begriff allgemein für ähnliche Produkte verwendet wird. 
Tempo… ist ursprünglich ein Markenname für Papiertaschentücher, die 1929 von der deutschen Firma Hoffmann & Hohberger eingeführt wurden. 
Post-It… bezeichnet ursprünglich haftbare Notizzettel, die 1968 von Spencer Silver und Arthur Fry bei 3M entwickelt wurden. 
Tesa… bezeichnet zuerst Klebebänder und andere Klebeprodukte, die 1936 von der deutschen Firma Beiersdorf eingeführt wurden.  
Labello… ist eine Marke für Lippenpflegeprodukte, die 1909 von dem deutschen Apotheker Clemens A. Schick gegründet wurde. 
Ohropax… ist eine deutsche Marke für Ohrstöpsel, die 1907 von der Firma Ohropax GmbH gegründet wurde. Der Name Ohropax setzt sich aus den Wörtern Ohr und pax (lateinisch für „Frieden“) zusammen, was auf die Funktion der Ohrstöpsel hinweist: Sie bieten Ruhe und Schutz für die Ohren. 

Wie entstehen Deonyme im Marketing?

Damit ein Deonym entstehen kann, müssen mehrere Bedingungen erfüllt werden. So muss das Produkt, das später zum generischen Markennamen wird, patentrechlich und markenrechtlich geschützt sein und ohne Konkurrenz in den Markt eingeführt werden. Dazu muss es als Marktführer so bekannt sein, dass Konsument*innen andere ähnliche Produkte mit demselben Namen benennen.

Um von einem Markennamen zu einem allgemeinen Begriff für eine Produktart zu werden, muss das Produkt also wirklich neu und einzigartig sein. Solche Produkte werden dann oft weit verbreitet und haben einen guten Ruf. So kann ein großer Marktanteil erreicht werden. Später werden ähnliche Produkte nicht mehr mit ihren eigenen Namen, sondern nach dem Namen des ersten erfolgreichen Produkts, also dem Deonym, bezeichnet.

So sieht ein Fön aus, den AEG 1928 produzierte. (© Kunststoff-Museums-Verein (KMV) e.V.)

Der Markenname als Deonym: Segen oder Fluch?

Auf den ersten Blick mag es erscheinen, als sei es für eine Marke erstrebenswert, den eigenen Namen zum Deonym zu machen. Eine Marke, deren Name als generischer Name im Umlauf ist, genießt immer eine marktbeherrschende Stellung. Sie ist mit der Produktkategorie eng verbunden und wird als führender Anbieter wahrgenommen.

Als Deonym hat die Marke einen signifikanten Einfluss auf die Markenkategorie, indem sie diese definiert und prägt. Dies macht es anderen Wettbewerbern schwer, den gleichen Einfluss auszuüben und stärkt die Position der Marke im Markt. Außerdem heißt das erhöhte Sichtbarkeit, da ihr Name ständig verwendet wird und in der täglichen Sprache präsent ist. Dies führt zu konstanter Präsenz und Wiedererkennung.

Trotzdem haben solche Marken auch mit negativen Aspekten ihres Ruhms zu kämpfen. Gründe sind hier Markenverwässerung, Umsatzhemmnisse und Probleme mit dem Markenschutz.

Probleme, die mit der Sonderstellung einhergehen

  • Markenverwässerung: Wenn der Markenname allgemein für die Produktkategorie verwendet wird, kann die spezifische Identität der Marke verloren gehen. Der Markenkern verwässert, Verbraucher*innen erkennen die Marke möglicherweise nicht mehr oder ihr Fokus wird nur auf eine Seite einer Marke gerichtet.

    Schon 2006 war der Markenname von Google beispielsweise fast zu einem Synonym für die Suchmaschine geworden, was für das Unternehmen ungünstig war. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzten sich juristische Vertreter*innen des Unternehmens massiv dafür ein, dass die Bedeutung des Verbs „googeln“ in Wörterbüchern nicht als „im Internet suchen“, sondern als „mit Google im Internet suchen“ angegeben wird.

    Diese Einflussnahme wurde bekannt durch die Änderungen beim Duden und beim Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary im Jahr 2006. An der Verwendung im alltäglichen Sprachgebrach hat diese Formalie allerdings nichts geändert.
  • Probleme bei der Markenschutzverlängerung: Außerdem wollte Google so dem entgegenwirken, was einigen anderen Unternehmen mit Deonymen passiert: es gibt Probleme bei der Verlängerung von Markenschutzrechten.
    Ein Beispiel ist hier die Deutsche Post AG. Bei dieser sah man 2008 die Marke „Post“ als nicht schutzfähig n, weil der Begriff allgemein für Postdienstleistungen verwendet wird. Andere Anbieter dürfen den Begriff daher seitdem offiziell führen (zum Beispiel City-Post, Die Neue Post).
  • Umsatzhemmnisse: Die generische Verwendung des Markennamens (zum Beispiel „Tempo“ für Taschentücher) kann auch den Umsatz beeinträchtigen. Wenn es für Verbraucher*innen egal wird, von welchem Hersteller ein Produkt stammt, kann dies den Markenwert mindern und die Kundenbindung schwächen. Hauptsache ist dann nicht mehr die Marke, die für Qualität steht, sondern dass die Funktionalität des Produkts gewährleistet ist (zum Beispiel, dass die Nase nicht mehr läuft). Dann ist es nicht mehr entscheidend, der oder die erste im Markt gewesen zu sein. Massentauglichkeit und Preisgestaltung sind wesentliche Aspekte, die “verbesserte Kopien” und später eingestiegene Wettbewerber attraktiv machen können.  

Sorgfältige Markenpositionierung und -kommunikation

Marktdurchdringung ist eine schwierige Aufgabe, die immer mit Innovation verbunden ist. Denkt man an die innovativsten Marken- oder Produkteinführungen der letzten Jahre, fällt zum Beispiel ChatGPT als KI-Modell ein. Ob wir bald „chatGPTen“ werden, bleibt abzuwarten – und ob das für das KI-Modell wünschenswert wäre, ist eine ganz andere Frage.

Wenn es gelingt, kontinuierlich dafür zu sorgen, dass die Marke erkennbar bleibt, kann sich ein Produktname als Gattungsbegriff positiv auswirken. Unternehmen müssen aber sorgfältig abwägen, wie sie ihre Markenpositionierung und -kommunikation gestalten. So können sie von den Vorteilen profitieren und gleichzeitig die möglichen Risiken minimieren.


Übrigens: Wer sich für Markennamen interessiert, findet hier die Reihe unseres Kolumnisten Bernd M. Samland, der darin der Herkunft bekannter Markennamen auf den Grund geht. 

Laura Schenk (ls, Jahrgang 2002) ist seit August 2023 Werkstudentin bei der absatzwirtschaft und hat immer Lust, sich neuen Themenbereichen zu widmen. Eine besondere Vorliebe hat sie für kubistische Malerei und das Schreiben in all seinen Formen. Ihrer Heimatstadt Leipzig hat sie 2023 sogar einen Kurzgeschichtenband gewidmet. Sie studiert dort Kommunikations- und Medienwissenschaft und engagiert sich crossmedial bei Lokalzeitungen und beim Radio.