Private Werbemarktplätze – Der Sicherheitsschlüssel zu Premium-Inventar

Auf der dmexco ging es wieder hoch her zum Thema Automated Advertising. Dabei wurde betont, dass Realtime Bidding (RTB) nicht nur Performance kann, sondern auch Branding. Den Sicherheitsschlüssel für den programmatischen Verkauf von Premium-Inventar bieten die so genannten Private Marketplaces (auch bekannt als Private Exchanges oder Direct Orders oder Automation). Doch was hat es damit auf sich?
Frank Bachér (© Rubicon Project)

Um das Phänomen Private Marketplaces und Realtime Bidding zu verstehen, hilft ein Blick zurück zu den Wurzeln. Die Ursprungsidee von RTB war es, Rest-Werbeflächen effizienter, transparenter und profitabler zu verkaufen als über das klassische Ad-Network-Modell.

Darüber hinaus war schnell klar, dass die RTB-Technologie einen deutlich unkomplizierteren Ansatz barg, Onlinewerbung zu verkaufen – und zwar auf Ad-Impression-Basis und nicht wie ehemals auf 1.000-Kontakt-Basis (TKP). Das Vertrauen der Publisher in die Technologie wuchs mit der Erkenntnis, dass sie zuverlässig kontrollieren können, wer bei ihnen Werbung schaltet und zu welchem Preis.

Die Diskussion rund um die Automatisierung der Restplatzvermarktung übertrug sich auf die Premiumvermarktung, seitdem sich die Technologie von einem Auktionsmodell weiterentwickelte und nun die Möglichkeit bietet, unmittelbare Absprachen zwischen einem Advertiser und einem Publisher zu treffen. Im Gegensatz zu den offenen Marktplätzen der Anfangszeit sind dies die oben genannten „privaten“ Marktplätze.

Big Deal

Sowohl für Publisher als auch für Werbekunden liegt das wahre Versprechen dieser Marktplätze darin, Angebote und Buchungen nicht mehr papierbasiert abzuwickeln, sondern automatisiert. Damit sollen die mühsamen vierzig Einzelschritte zur Liveschaltung einer Kampagne entsprechend reduziert werden.

Für beiden Seiten ergeben sich geringere Buchungsaufwände und ein Effizienzgewinn, indem digitale Prozesse den E-Mail-, Fax- und Telefon-basierten Buchungsprozess ersetzen.

Die bisherige Verschwendung an Ressourcen ohne RTB verdeutlicht die vielzitierte Studie von Bionic. Demnach kostet es Mediaplaner beziehungsweise Einkäufer 500 Arbeitsstunden, eine zehn Websites umfassende Mediakampagne aufzusetzen – was knapp 30.000 Euro an Kosten bedeutet. Der Prozentsatz an Umsatzverlust dürfte bei Publishern sogar noch höher sein.
Ganz praktisch gesehen erlaubt Automated Advertising sowohl Käufern als auch Verkäufern, sich mehr auf kreative, teurere und individuelle Mediageschäfte zu konzentrieren. Es werden zudem Ressourcen für die Gewinnung von neuen Kunden und für die individuellere Kundenkommunikation frei.

Daten

Private Marketplaces machen zudem Zielgruppen-Daten verfügbar – wovon Käufer und Verkäufer gleichermaßen profitieren. Publisher können demographische Daten oder Kaufinteressen nahtlos in ihre Private Marketplaces einspielen. Werbende bekommen damit ein noch akkurateres Targeting ihrer Zielgruppen hin, während Publisher höhere Erlöse aus dem Mediageschäft erzielen können, denn die Ad Impression gewinnt an Wert.

Natürlich variieren die Daten der Publisher und App-Entwickler je nach thematischer Ausrichtung und Leserschaft der Website stark. Aber eben diese feinen Unterschiede machen Private Marketplaces noch attraktiver für Mediaeinkäufer. Denn sie können so noch spezifischere und konkretere Angebote für ihre Kampagnen auswählen. Daten in Private Marketplaces sind also ein zusätzliches Verkaufsargument für Publisher, die so noch besser zeigen können, wo die Zielgruppenstärke ihrer Medienmarke liegt.

Die Technologie, die diese Daten-Stärke sichtbar macht, bestimmt daher den Erfolg der Publisher: Zunehmend setzen Mediaeinkäufer auf den automatisierten Handel. Dadurch steht der Level an Flexibilität für Agenturen, automatisiert Angebote für Inventar über das Publisher-System abzugeben, ganz oben auf der Bedarfsliste.

Der persönliche Dialog

Obwohl so viel über Automatisierung gesprochen wird, wäre es falsch anzunehmen, Werbetechnologie würde die Arbeit des Menschen ersetzen. Als der PC an unseren Arbeitsplätzen Einzug hielt, hatten die Menschen auch Sorge, dieser würde ihnen die Jobs wegnehmen: Doch genau so, wie es mit den Computern war, wird auch die Automatisierung die Arbeit der Mediaverkäufer nur effektiver machen.

Es ist wahr, das sich einige Vertriebsleute erst an die neue Technologie gewöhnen müssen, um die Details dieses Bereiches zu verstehen. Im Prinzip ist dieser Prozess vergleichbar mit der Umstellung von Redaktionen auf einen Digital-First-Arbeitsprozess.

Ein Aspekt, der unverändert bleiben wird, ist die Notwendigkeit des persönlichen Kontaktes im Mediabusiness. Events wie unsere Marketplace Summits unterstützen dies, indem Käufer und Verkäufer persönlich zusammengebracht werden, um ihre Mediadeals zu vereinbaren, die im Daily-Business dann automatisiert abgewickelt werden können.

Anders gesagt: Auch wenn Maschinen die Buchungen auf Impression-Level automatisiert abwickeln, wird der Dialog zwischen Menschen immer nötig sein, etwa um Kooperationen zu verhandeln oder Media-Deals zu schließen.

Individuelle Strategien

Publisher und App-Entwickler sollten ihre Private-Marketplace-Strategie im Kontext mit allen anderen Vertriebsstrategien stellen, einschließlich Direct Sales. Strategische Ansätze bieten einen Blick auf die fixen und variablen Kosten und eine Bewertung der Werbenden nach Buchungsvolumen. Auf diese Weise kann jedes Business seinen individuellen und smarten Vertriebsansatz ausarbeiten.

Um ein Beispiel zu geben für diese Art des übergreifenden Sales-Ansatzes: Private Marketplaces können für Publisher und App-Entwickler ein nützlicher Weg sein, ihren Direktvertrieb zu stärken, indem sie diesen wertvollen Kunden präferierten Zugriff auf Inventar erlauben. Da Private Marketplaces bereits Desktop und Mobile unterstützen, lassen sich auch Cross-Screen-Kampagnen sinnvoll umsetzen.

Dies sind nur einige Ansätze, wie Publisher und App-Entwickler vorgehen können, wenn es um ihre Private-Marketplace-Strategie geht. Denn die Bandbreite ist so groß wie die der Publisher selbst: Vom Wall Street Journal bis zu Auto Trader entwickeln die innovativsten Publisher ihre eigenen Methoden.

Fazit: Werden Private Marketplaces mit einem offenen und strategischen Blick auf die Vertriebsbeziehungen aufgesetzt und unterhalten, stellen sie eine große Chance für Publisher dar, ihre Erlöse zu maximieren und die limitierten Ressourcen auf Bereiche zu konzentrieren, wo sie am stärksten profitieren.

Über den Autor: Frank Bachér ist Managing Director für Nordeuropa bei Rubicon Project. Das Unternehmen hat mit der Advertising Automation Cloud eines der größten Real-Time-Cloud- und Big-Data-Systeme entwickelt, um den Kauf und Verkauf von Werbung zu automatisieren.