In zahlreichen Studien von Homburg & Partner hat sich das Thema Pricing kontinuierlich als das Top-Handlungsfeld in Marketing & Vertrieb herausgestellt, so beispielsweise im jüngst veröffentlichen ChemieMonitor, einer vierteljährlich durchgeführten Befragung in der chemischen Industrie. Hier geben 40 Prozent aller Teilnehmer an, dass Pricing derzeit das „heißeste Thema“ für ihr Unternehmen ist.
Die Praxis zeigt deutlich: Pricing ist essenziell für den Unternehmenserfolg und muss daher eine dauerhafte Rolle in der strategischen Planung spielen. Die sich anschließende Frage ist trivial: An welchen Punkten muss angesetzt werden, damit eine dauerhafte Margenoptimierung gelingen kann? Zur Beantwortung dieser Frage bietet sich zunächst ein Blick ins Lehrbuch an. Ein generischer Pricing Prozess lässt sich grob in fünf Phasen unterteilen. Entlang dieser sind uns in 15-jähriger Beratungstätigkeit in B2B Industrien viele verschiedene Handlungsfelder und Herausforderungen begegnet:
In der ersten Phase wird eine Preis-Strategie festgelegt. Nach unseren Erfahrungen ist in dieser Phase das Hauptproblem, dass Unternehmen in sieben von zehn Fällen keine Preis-Strategie festgelegt haben. Doch ohne diese können Unternehmensziele nicht effizient erreicht werden. Wichtig ist es, quantitative Margenziele als Leitplanken zu definieren, um den Erfolg der Strategie später analysieren zu können. Die Festlegung einer Preis-Strategie sollte „Chefsache“ sein und auf Managementebene getroffen werden .
In der zweiten Phase, der Preisinformation, rückt die Marktsituation in den Blickpunkt. Die meisten Unternehmen sind in Bezug auf die Preisinformation der Wettbewerber im Blindflug unterwegs. Eine Studie von Homburg & Partner belegt dies: Über 80 Prozent der 346 beteiligten Unternehmen glauben, die eigenen Produkte seien teurer als die des Wettbewerbs. Als Konsequenz daraus erfolgt die Preisfixierung nicht systematisch – die wirksame Umsetzung der Wettbewerbsstrategie gelingt daher nicht. Eine intelligente Dokumentation und Nutzung von Preisinformationen der Wettbewerber ist demnach unerlässlich, um die eigene Marge nachhaltig zu optimieren.
In der dritten Phase, der Preisfindung, werden passende Preispunkte bestimmt. In unseren Projekten stellten wir fest, dass das Service-Geschäft in der Preisfindung nur unzureichend berücksichtigt wird. Beispielsweise Finanzprodukte sind hochkomplex und sehr individuell auf einzelne Wünsche zugeschnitten. Häufig findet sich keine Transparenz über angebotene Beratungsdienstleistungen. Diese werden weder implizit noch explizit in der Preisfindung einkalkuliert. Im Ergebnis ist der abgegebene Preis zu niedrig und Marge wird verschenkt. Unter dem Gesichtspunkt der Margenoptimierung ist ein kritischer Blick in das eigene Service-Geschäft somit immer lohnend.
Während die ersten Phasen noch stark vom Management gesteuert werden, liegt in der vierten Phase, der Preisdurchsetzung, ein besonderer Fokus auf dem Vertrieb. Wir begegnen in vielen Branchen oft dem Phänomen, dass der Vertrieb bei der Preisgestaltung lediglich eine „Briefträger-Funktion“ hat. Er liefert die Preise an den Kunden, gestaltet sie aber nicht mit. Gerade der Vertrieb als entscheidende Schnittstelle zum Kunden sollte jedoch frühzeitig „ins Boot geholt“ werden und in den gesamten Preisprozess eingebaut werden, weil er die Preise bei den Kunden verhandeln und durchsetzen muss. Dies schafft Verständnis und Identifikation und erhöht letztlich die Chance, die mühsam ausgearbeiteten Preispunkte und –strategien tatsächlich realisieren zu können.
In der fünften und letzten Phase rundet das Preis-Controlling den gesamten Prozess schließlich ab. Es mag erstaunlich klingen: In unserer Beratungserfahrung haben wir in vielen Fällen kein systematisches Preis-Controlling vorfinden können. Es existiert keine Transparenz über Einzelkundenmargen oder den erzielten Durchschnittspreisen der Kunden. Doch ohne Transparenz über erzielte Preise und Margen können keine Strategien und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Die Situation kann verbessert werden, indem regelmäßig standardisierte Routinekontrollen von Preisen und Margen durchgeführt werden oder die Prozesse zwischen den Abteilungen auf den Prüfstand gestellt werden.
Der generische Pricing Prozess und auch die Top 5 Hindernisse zeigen deutlich: Pricing erfasst jedes Unternehmen nahezu vollständig. Ausgehend vom Management über Marketing / Produktmanagement – sogar F&E bei der Findung von Preisen von Neuprodukten – über Vertrieb bis hin zum Controlling ist jede Funktion involviert. Eine passende Verzahnung der unterschiedlichen Abteilungen ist deswegen ein wichtiger Erfolgsfaktor, genauso wie das Aufsetzen entsprechender Arbeitsprozesse und effizienter Kommunikationswege.
Die Top 5 Hindernisse weisen außerdem eine Gemeinsamkeit auf: Sie sind allesamt dynamische Handlungsfelder; die Entscheidungsbasis ändert sich kontinuierlich, z.B. über veränderte Wettbewerbsstrategien und -preise oder neue Mitarbeiter im Außendienst. In der Folge ist es logisch, dass kurzfristige Aktionen in der Preisgestaltung oft nur wenig Nachhaltigkeit mit sich bringen. Wer Pricing als Sprint sieht, verschenkt in der Regel viel Margenpotenzial. Pricing ist ein Dauerlauf mit immer wie-derkehrenden gleichen Hindernissen. Pricing Profis beherrschen diese fünf Hindernisse perfekt und arbeiten kontinuierlich und erfolgreich an der Optimierung der eigenen Marge. Unsere Beratungserfah-rung zeigt uns: Nur wer langfristig auf exzellentes Pricing setzt und die fünf klassischen Hindernisse im Griff hat, ist nachhaltig erfolgreich und erzielt überdurchschnittliche Margen.
Über die Autoren: Alexander Lüring ist Principal und Patrick Weese Project Manager bei Homburg & Partner. Die international tätige Unternehmensberatung erarbeitet branchenübergreifend Marketinglösungen.