Consumer entscheiden über die Qualität der Inhalte

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Die Adblocker-Rate sinkt zwar, bleibt aber trotzdem ein Problem. Denn eine Vielzahl an Nutzern denkt: "Keine Werbung – kein Stress“. „Letztendlich haben die Publisher zu aggressiv auf Online-Ads gesetzt“, stellt Evania Video-COO Hagai Sadot in seinem Gastbeitrag fest

Von Gastautor Hagai Sadot, COO bei Evania Video

Viele Nutzer begannen früh auf Adblocker zu setzen. In der gesamten Online-Marketing-Branche sorgte dies für großen Unmut und war der Beweis dafür, dass User mit steigenden Werbeeinblendungen zunehmend überfordert wurden. Nun liegt es an den Publishern ihre Werbeplätze effizient zu nutzen und dabei das Nutzererlebnis nicht negativ zu beeinträchtigen. Der Einsatz von Adblockern bei der Monetarisierung von Werbeflächen bringt gleichermaßen Probleme für Publisher und Advertiser. Wie muss also Content gestaltet werden, damit die Nutzer zufriedengestellt sind?

Adblocker haben sich zu einem eigenen Geschäftsmodell entwickelt. Waren diese Tools zunächst kostenlos, gibt es mittlerweile sogar kostenpflichtige Premium- und Plus-Modelle. Sogar Smartphones lassen sich heutzutage vor der Flut der Werbeeinblendungen schützen. Ads beeinträchtigen für viele Nutzer die Attraktivität von Content. Auch aus Sicht der Publisher wird dieser Trend äußerst kritisch betrachtet. Das Resultat aus der Adblocker-Problematik: Publisher sind zu Einsparungen gezwungen und hochwertiger Content wird für sie immer schwieriger finanzierbar.

Wie Publisher den Kampf aufnehmen

Dass Advertiser leiden, wenn ihre Angebote nicht der breiten Masse zur Verfügung gestellt werden, hat Auswirkungen auf deren Handlungsfähigkeit. Mangelnde Streuung von Werbeträgern verhindert den Ausbau des Kundenkreises, dieser wiederum lässt Absätze stagnieren und Produktweiterentwicklungen bleiben auf der Strecke. Publisher stärken nun ihren Fokus auf Gegenmaßnahmen. Seit einigen Monaten ist beispielsweise das Onlineangebot von Bild nur noch bei deaktiviertem Adblocker nutzbar. Aber nicht nur das: Mit „Bildsmart“ wurde ein Abo-Service ins Leben gerufen, der für 2,99 Euro die Inhalte weitestgehend werbefrei zur Verfügung stellt. Auch die GQ sieht sich dem Zwang ausgesetzt und setzt auf eine sogenannte Paywall. Dass dadurch Leser verloren gehen können, wird billigend in Kauf genommen, bleibt doch Publishern oftmals keine andere Wahl.

Eine weitere Alternative: Sponsored Posts bzw. Advertorials. Durch diese bezahlten Anzeigen versuchen Publisher die finanziellen Defizite aufzufangen. Das Ergebnis aus der Adblocker-Problematik sind ebenjene Sponsored Posts und Paywalls, doch das kann auf Dauer für Publisher verheerende finanzielle Einbußen mit sich bringen, schließlich wollen Nutzer einerseits ehrlichen, ungesponsorten Content und andererseits nicht für BILD, GQ und Co. jeweils separat zahlen.

Positiver Trend als Hoffnungsschimmer

Aktuelle Zahlen geben Hoffnung: Im ersten Quartal 2016 stellte der Onlinevermarkter Kreis des Bundesverbandes der digitalen Wirtschaft (OVK) fest, dass der Anteil aller Page Impressions, bei denen Ads ausgeblendet wurden von 21,52 auf 20,09 Prozent gesunken ist. Dass Leser Premium Content nutzen möchten, ohne dabei von Werbeeinblendungen überflutet zu werden, ist ihr gutes Recht. Publisher versuchen deshalb mit Bezahl-Modellen neue Erlösmodelle zu finden, doch wird dieser Weg wiederum auf dem Rücken der Advertiser ausgetragen. Verleger sind von den Werbeeinblendungen als Haupteinnahmequelle stark abhängig. Ohne diese Einnahmen werden Kosten in Form von beispielsweise Paywalls auf die Konsumenten übertragen. Es besteht die Gefahr, dass Publisher verstärkt auf Sponsored Posts setzen und damit hochwertiger Content in den Hintergrund rückt.

Allen drei Parteien gerecht werden

Um in Zukunft allen drei Parteien gerecht zu werden, sollten Publisher ihre Werbeflächen effizient und zielgerichtet einsetzen und den Nutzer mit den Einblendungen nicht überfordern. Andererseits muss aber auch klar sein, dass Premium-Content durch Ads finanziert wird und durch Adblocker diese Einnahmequelle wegfällt.

Die Erkenntnisse des OVKs deuten an, dass Webseitenbesucher sich dessen bewusst werden und umdenken, was auch ein Ergebnis der radikalen Aussperrung mittels bezahlten Content darstellt. Hält dieser Trend nicht an, werden mehr und mehr Online-Publisher auf Bezahlmodelle vertrauen, was für alle Seiten beträchtliche negative Auswirkungen hat. Online-Journalismus wird in Zukunft nur funktionieren, wenn Publisher und Nutzer aufeinander zugehen.

Hagai SadotZum Autor: Das internationale Team von evania wird von Hagai Sadot geleitet, der einen BA in Business Management der Hebrew University in Jerusalem mitbringt und seine Skills im Bereich Marketing und strategischer Positionierung bereits bei den israelischen Unternehmen Natural Intelligence sowie TASC erfolgreich unter Beweis stellen konnte. Dank seiner Erfahrungen als Verantwortlicher für die strategische Planung und Business Analyst bringt der gebürtige Israeli vielschichtiges Know-how des Online-Marktes mit nach Berlin und damit zu evania Video.