PR-Debakel: Facebooks Werbechef erntet für Trump-freundliche Auslegung der Wahl-Untersuchung Shitstorm

Facebook kann in seiner Kommunikation im Moment nichts mehr richtigmachen. So auch am Wochenende, als Werbechef Rob Goldman bei den andauernden Ermittlungen um die russische Einmischung in die US-Wahl mittels Anzeigen auf Facebook Äußerungen auf Twitter machte, die Präsident Trump in die Hände spielten. Nach 48 Stunden im Fegefeuer der sozialen Medien ruderte Goldman nun bedröppelt zurück. 

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Was hat Facebook mit der SPD gemein? In beiden Fällen befindet sich die Außendarstellung aktuell auf einem Allzeittief. Der Unterschied zur schwindsüchtigen deutschen (Ex-)Volkspartei: Facebook geht es so gut wie nie. Die Milliarden sprudeln, das Wachstum ist konstant hoch.

Umso desaströser ist das Management mit der öffentlichen Kritik am Social Network, die seit der US-Wahl von Tag zu Tag größer geworden und längst zu einem Orkan angewachsen ist. Und was macht Facebooks Vice President Ads in dieser Situation? Er stellte sich am Wochenende  in die Mitte des Sturms und pustete beherzt gegenan.

Facebooks Werbechef: „Beeinflussung der Wahl war *NICHT* das Hauptziel“

Das klang so: „Ich habe alle Anzeigen gesehen und kann sehr definitiv sagen, dass eine Beeinflussung der Wahl *NICHT* das Hauptziel war“, twitterte Goldman am Wochenende. Und mehr noch: „Die Mehrzahl der russischen Anzeigenschaltungen ereignete sich NACH der Wahl“, twitterte Goldman mit Verweis auf einen Blogbeitrag aus dem vergangenen Oktober, der von den meisten Medien aber ignoriert worden sei.

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Dankbarer für Donald Trump hätte Facebooks Topmanager seine Tweets kaum formulieren können. Entsprechend verlor der Twitter-freudige US-Präsident keine Zeit, die Steilvorlage auf dem 280-Zeichen Dienst zu verwerten und zu retweeten. „Die Fake News-Medien liegen nie daneben“, höhnte Trump und zitierte die Tweets von Facebooks Anzeigenchef.

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Bei näherer Betrachtung erscheinen Goldmans Tweets jenseits der Schmerzgrenze: Ausgerechnet der Topmanager jenes Internet-Giganten, dessen Konzernchef aus seiner Geringschätzung für Donald Trump keinen Hehl macht, liefert für den US-Präsidenten Argumente, während die Sonderermittlung um die russische Einmischung bei der US-Wahl noch gar nicht abgeschlossen ist?

Kara Swisher zerlegt Facebook-Topmanager auf Twitter

Die Folge: Es kam, wie es kommen musste. Goldman wurde in der Folge auf Twitter von der Elite des Silicon Valley und der Techmedien förmlich filetiert. Vor allem re/code-Chefin Kara Swisher führte Goldman nach allen Regeln der Twitter-Kunst vor: „Still, Rob, still“, machte Swisher am Wochenende den Auftakt.

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Goldmans Vorgänger, der sich in die Debatte einmischte und versuchte, Swisher zu unterstellen, sie wäre für weniger Transparenz bei den Russland-Ermittlungen, brachte Swisher mit einem weiteren Zinger zum Schweigen: „Meiner Meinung nach solltest Du sehr gut darüber nachdenken, ob Du Dich in diese Debatte einschaltest. Im Moment klingt es so, als schmeißt Du einen Hammer auf ein Klavier und würdest versuchen, Musik zu machen.“

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„Facebook hat Lob dafür verdient, dass es seine Manager auf Twitter ihre Meinung vertreten lässt. Das sollten sie weiter tun, ich frage mich nur, ob das nach dieser Sache bestehen bleibt“, stimmte Techreporter Peter Kafka in die Debatte ein.

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„Es gibt eine organisierte Kampagne, um die Mainstream-Medien in diesem Land zu diskreditieren, die vom Präsidenten angeführt wird. Und Facebooks Werbechef ist sich dessen entweder nicht bewusst, wie das funktioniert oder nimmt als Kavalier daran teil“, stellte der New Yorker Universitätsprofessor Jay Rosen den Facebook-Manager bloß.

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Auch das Techportal Axios schlug einen ähnlichen Ton an: „Es ist faszinierend zu sehen, wie Facebook argumentiert: Eine ausgeklügelte Marketing-Kampagne auf unserer Plattform hat das Nutzerverhalten nicht beeinflusst“, watschte Wirtschaftsredakteur Dan Primack das Social Network ab.

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Die New York Times stellte Facebook unterdessen im Artikel „Facebook sendet bezüglich Russland ein Signal, das sie wünschten, nicht gesendet zu haben“, ein ähnlich vernichtendes Zeugnis aus. „Facebook sieht sich immer noch als Bank, die ausgeraubt wurde statt als Architekt, der eine Bank ohne Safes, ohne Schlösser und Alarm entworfen hat und nun überrascht ist, dass die Räuber zugeschlagen haben“, resümiert Tech-Kolumnist Kevin Roose nicht weniger bissig.

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Nach dem maximalen PR-Debakel wurde der Druck auf Rob Goldman schließlich zu groß – Facebooks Werbechef machte daraufhin gestern eine Rolle rückwärts und schickte an die Belegschaft eine Entschuldigung, die Wired vorliegt.

„Die Tweets spiegeln meine eigene Meinung wider und nicht die von Facebook“

„Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich meine eigenen Ansichten über die russische Einmischung getwittert habe, ohne dass ich sie habe intern überprüfen lassen. Die Tweets spiegeln meine eigene Meinung wider und nicht die von Facebook. Ich habe meine Absichten schwach vermittelt.“

Zudem entschuldigte sich Goldman indirekt bei Sonderermittler Mueller, dessen Ermittlungen Goldman mit seiner Interpretation mehr oder weniger angezweifelt hatte. „Der Sonderermittler hat mehr Informationen darüber, was passiert ist –  meine Widersprüche zu seinen Statements waren daher ein großer Fehler von mir“, gab Facebooks Werbechef bedröppelt zu.

Rob Goldman erlebte damit seine ganz eigene „Bin nur privat hier“-Twitter-Lehrstunde. Dabei hatte sein Chef doch vor fast einem Jahrzehnt den legendären Satz geprägt: „Die Ära der Privatsphäre ist vorbei“.