Die Lösung: Drehen Sie den Mangel in einen Point of Parity (POP) – sorgen Sie dafür, dass Ihre Marke in dieser Dimension „gut genug“ ist, um wieder in Betracht zu kommen. Das POP-Konzept bietet einen anderen Ansatz zur Markenrelevanz. Es unterscheidet zwei Arten von Points of Parity.
Kategorie- und wettbewerbsbezogene Points of Parity
Kategoriebezogene POP sind wahrgenommene Pflichtmerkmale, die eine Marke bieten muss, um in einer Kategorie zu bestehen. Eine Bank, beispielsweise, wird als relevanter Wettbewerber ausscheiden, wenn sie nicht in angemessener Weise Zugang zu Geldautomaten gewährt. Einige deutsche Autohersteller haben lange darauf verzichtet, Getränkehalter in ihren Fahrzeugen anzubringen. Sie waren überzeugt, dass Autopuristen von derartigen Ablenkungen nichts halten würden. Als die Getränkehalter für viele Kunden aber zur Standardausstattung gehörten, mussten sie schließlich doch nachziehen. Jaguar erkannte, dass die Marke von Kunden ausgeschlossen wurde, die ein Auto mit Allradantrieb wünschten. Als diese Gruppe einen signifikanten Anteil der Autokäufe in den für Jaguar wichtigsten Regionalmärkten erreichte, brachte Jaguar ein Modell mit Allradantrieb auf den Markt. Es sollte nicht besser sein als der Audi Quattro oder andere, sondern nur gut genug, um den meisten Kunden keinen Grund mehr zu geben, Jaguar auszuschließen.
Wettbewerbsbezogene POP sind Pflichtmerkmale, die POD von Wettbewerbern ausschalten. Viele Marken haben beispielsweise das Problem, dass ihr Angebot im Vergleich zum Wettbewerb als qualitativ minderwertig wahrgenommen wird. Hyundai etwa baute in den 90er Jahren Autos in geringer Qualität. Als das Qualitätsproblem um das Jahr 2000 herum behoben war, machten die Kunden trotzdem weiter einen Bogen um die Marke, weil ihr weiterhin das Image schlechter Qualität anhaftete. Es dauerte Jahre, aber mit diversen Kommunikationsprogrammen unter Nutzung verschiedener Kanäle gelang es Hyundai schließlich, das neue Qualitätsniveau zu kommunizieren und in diesem Punkt mit der Konkurrenz gleichzuziehen. Die Qualität wurde zumindest als gut genug wahrgenommen, um die Aufmerksamkeit auf POD wie Preis, Design, Benzinverbrauch und Gewährleistung zu lenken.
Das frühere Wettbewerbsproblem von McDonald’s
McDonald’s hatte ein Problem in puncto Wettbewerbsparität, als das Unternehmen immer mehr ernährungsbewusste Kunden verlor. Sie kehrten der Marke einfach den Rücken. McDonald’s entschloss sich deshalb, Hähnchen-Sandwiches, Salate und Frucht-Smoothies in das Angebot aufzunehmen. Bei den Happy Meals für Kinder konnten die Kunden zwischen Äpfeln und Pommes Frites wählen und die Pommes Frites wurden unter Verwendung von deutlich weniger „schlechtem“ Fett zubereitet. McDonald’s wollte sich damit nicht als Restaurant der Wahl für ernährungsbewusste Kunden positionieren, sondern nur soweit mit der Konkurrenz gleichziehen, dass weniger Kunden die Fastfood-Kette mieden.
McDonald’s hatte aber noch ein weiteres Wettbewerbsproblem: Der Erfolg von Starbucks bedeutete eine ernsthafte Bedrohung für das Frühstücksgeschäft und andere Angebote von McDonald’s außerhalb der Kernzeiten. Er bot aber auch eine neue Chance: Die Einführung von McCafé im Jahr 2007 mit dem Angebot verschiedener Kaffee- und Kakaospezialitäten veränderte die Wettbewerbslandschaft. McDonald’s wollte nicht besser sein als Starbucks, sondern nur gut genug, um Starbucks qualitativ das Wasser zu reichen. Die Folge war, dass ein Teil der Starbucks-Kunden auch McDonald’s in die Auswahl nahm.
Prüfen Sie, ob Ihrer Marke in Kerndimensionen ein POP fehlt. Solange Sie hier nicht mit Ihren Wettbewerbern gleichziehen, nutzt auch der überzeugendste POD nichts – getreu dem berühmten Ausspruch von Woody Allen: „Dabei sein ist 80 Prozent des Erfolges.“ Erfüllt Ihre Marke die Mindestanforderungen in den POP nicht, ist sie nicht dabei. Man wird sie nicht als relevant einstufen und nicht in Betracht ziehen.
Vielen Dank an Kevin Keller, der das POP-Konzept in der Markenwelt eingeführt hat.
Über den Autor: David Aaker gilt als der Guru der Markenstrategie – Er hat das Markenwertmodell „Aaker Model“ erfunden und über 100 Artikel und 15 Bücher veröffentlicht. Als Vice Chairman berät David Aaker zudem exklusiv die Kunden von Prophet. Als Ehrenprofessor an der Haas School of Business, University of California, Berkeley, bekam er vier Karriere-Auszeichnungen, einschließlich des Paul D. Converse-Preises im Jahre 1996 für seine herausragende Arbeit zur Weiterentwicklung des Marketing.
Weitere Kolumnen von David Aaker:
Wie der Marke Dove seit 15 Jahren beeindruckendes Brand Building gelingt
„Vier Strategien gegen den Relevanzverlust von Marken“ vom 26.7.2013
„Welche Risiken eine Markendehnung nach unten birgt“ vom 5.7.2013
„Die zehn Wege der Markendehnung“ vom 14.06.2013
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„Wie der Fluch des Erfolges Innovationen verhindert“ vom 01.03.2013
„Innovationen – wettbewerbsverändernd oder doch nur schrittweise?“ vom 01.02.2013
„Drei Klassiker, die mich beeinflusst haben“ vom 14.12.2012
„Nichtkunden im Visier: verborgene Potenziale erschließen“ vom 30.11.2012
„Geheimnis von Social Media vor 50 Jahren gelüftet“ vom 26.10.2012
„Warum Unternehmen zu wenig in ʺgroßeʺ Innovationen investieren“
vom 28.09.2012
„David Aakers oberste Markengebote“ vom 31.08.2012
„<a href=“http://www.marketing-site.de/content/david-aakers-oberste-
„Fünf Herausforderungen für das Marketing“ vom 27.07.2012