Zuletzt traf es Century 21, die New Yorker Discountkette, bei der sich auch deutsche Touristen gern mit Turnschuhen und T-Shirts eindeckten: Sämtliche 13 Standorte werden geschlossen, bis zu 4000 Angestellte werden ihre Jobs verlieren.
Century 21 ist kein Einzelfall: Die Research-Firma S&P Global Market Intelligence meldete Ende vergangener Woche, dass seit Jahresanfang 46 große Retailer Insolvenz angemeldet haben. Das ist ein Höchststand seit 2010, als die Auswirkungen der Finanzkrise besonders spürbar wurden. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 gingen lediglich 20 Handelsfirmen mit einer Bilanzsumme von mindestens zwei Millionen Dollar pleite. Und damit ist das Ende noch nicht erreicht: Weitere 15 große Retailer führt S&P Global Market Intelligence auf einer so genannten „Vulnerability List“, die ein besonders großes Insolvenz-Risiko anzeigt.
Brooks Brothers, Neiman Marcus, Century 21: Corona-Krise trifft US-Einzelhandel hart
Amerikas Einzelhändler hat die Corona-Krise hart getroffen, ähnlich wie viele deutsche Retailer. Während aber in Deutschland umfangreiche Hilfsprogramme, Kurzarbeit und die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht das Überleben von Händlern erleichtert haben, sieht das in den USA anders aus. Zum Entsetzen vieler Kunden gehen dort auch Traditionshändler in die Pleite, die im konsumfreudigen Amerika den Status von Ikonen genießen.
Brooks Brothers zum Beispiel, ein 1818 gegründeter Herrenausstatter, der neben Schauspielern wie Cary Grant und Clark Gable auch 41 von 45 US-Präsidenten zu seinen Kunden zählte, darunter Barack Obama ebenso wie Donald Trump. Oder Lord & Taylor, mit ihrem Gründungsjahr 1826 angeblich die älteste Warenhauskette der USA. Auch Neiman Marcus meldete Insolvenz an, ein über 100 Jahre altes texanisches Edelkaufhaus, das wegen seines Katalogs mit ausgefallenen Weihnachtsgeschenken berühmt wurde: Dort konnten Superreiche einen Getränkeautomaten für Champagner ebenso bestellen wie ein Unterseebot.
Das Aus für die Kette Century 21 verkündete die Geschäftsführung am 10. September. „Sie war eine New Yorker Institution“, bedauerte die New York Times. In den Verkaufsräumen spielten Szenen der Kultserie „Sex and the City“. Raymond Gindi, einer der Söhne des Gründers, machte für die Insolvenz Versicherer verantwortlich, die den Geschäftsausfall durch den pandemiebedingten Lockdown nicht auffangen wollten, „obwohl wir jedes Jahr hohe Beiträge gezahlt haben, um gegen unvorhergesehene Ereignisse wie dieses abgesichert zu sein“.
Viele Händler hatten schon vor der Corona-Krise Probleme
Allerdings kämpften viele Händler schon vor der Corona-Krise mit Problemen, vor allem durch E-Commerce-Konkurrenz und gewandelte Ansprüche ans Sortiment. Einige litten zudem unter einer hohen Verschuldung: Private-Equity-Investoren hatten ihnen nach der Übernahme einen Teil des Kaufpreises als Schulden aufgebürdet, um ihre Rendite zu steigern.
JC Penney: von 10,7 Milliarden Dollar Umsatz in die Pleite
Die bislang größte Pleite ist die von JC Penney, einer Textilkette mit einem Jahresumsatz von 10,7 Milliarden Dollar und rund 85.000 Mitarbeitern, die sich über Jahrzehnte hinweg einen erbitterten Zweikampf mit Konkurrent Macy’s geliefert hatte. Weitere bekannte Pleitehändler sind etwa J. Crew (Textil), Tailored Brands (Herrenausstatter) und Sur La Table (Haushaltswaren).
Dabei hatte es zuletzt so ausgesehen, als erhole sich die Branche wieder. „Im Juli hatten die Einzelhandelsumsätze das Niveau vor Ausbruch der Pandemie schon leicht überschritten, ein erstaunliches Comeback“, sagt Stephen Stanley, Chefökonom des New Yorker Börsenhändlers Amherst Pierpont. Allerdings liefen unmittelbar danach Hilfen wie eine zusätzliche Arbeitslosenunterstützung aus, sodass die Kaufkraft sank.
Trotzdem gibt es für einige Traditionsfirmen Hoffnung. So hat der Mall-Betreiber Simon Property angekündigt, gemeinsam mit Partnern die Marken Brooks Brothers und JC Penney zu übernehmen und einen Teil der Läden weiterzuführen. Wohl auch, damit seine Einkaufspaläste nicht noch stärker an Attraktivität einbüßen.