Ukraine-Krieg lässt Corona- Paketboom abflachen

Seit Jahren kaufen immer mehr Menschen im Netz ein. Corona verlieh dem Onlineboom einen zusätzlichen Schub. Doch in diesem Jahr könnte der vorläufige Höhepunkt erreicht sein.
Vor allem Bücher, Computer, Elektro- und Haushaltsgeräte kaufen die Menschen heute eher online. (© Unsplash/Claudio Schwarz)

Kleidung, Möbel, Computer – wenn Läden zeitweise schließen müssen, bleibt nur der Online-Kauf. Paketbot*innen brachten im vergangenen Jahr die Rekordmenge von 4,5 Milliarden Paketen an die Haustüren, 11,2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) ermittelt hat. Die 270.000 Branchenbeschäftigten hatten alle Hände voll zu tun.

Bei Büchern, Computern, Elektro- und Haushaltsgeräten ist inzwischen für eine Mehrheit klar: Kaufe ich eher im Internet. Das ergab die Postbank-Digitalstudie 2022. Bei jedem Zweiten gilt das demnach auch für Bekleidung und Schuhe, bei jedem Dritten auch für Möbel und Einrichtung. Bei den unter 40-Jährigen sind es teils mehr. Jeder Zehnte von Ihnen gibt an, auch Lebensmittel eher online zu kaufen. Sie kommen aber oft auch über Fahrradkuriere von Lieferdiensten.

Etwa jeder Zehnte versucht, Online-Käufe aus ökologischen Gründen zurückzufahren oder ganz darauf zu verzichten, wie eine Umfrage der Postbank ergab. Trotzdem bestellt auch gut jeder Vierte Ware, bei der von vornherein klar ist, dass sie zurückgeschickt wird – etwa um verschiedene Kleidungsgrößen zu Hause anprobieren zu können. Viele versuchen aber auch, Bestellungen zu bündeln und achten auf möglichst wenig oder nachhaltiges Verpackungsmaterial. Denn der Verpackungsberg wächst. Heute werden mehr als die Hälfte mehr Pappkartons verbraucht als vor 30 Jahren, wie das Deutsche Verpackungsinstitut jüngst berechnet hat.

Abschied von kostenlosen Retouren?

Bei Modehändlern wie Zalando geht etwa jeder zweite Artikel wieder zurück. Einige Versandhändler verlangen nun Geld für Rücksendungen. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) sieht aber keinen dauerhaften Abschied von der kostenlosen Retoure. „Der Wettbewerb um die Kunden im Internet ist knallhart“, heißt es da. Für die Öko-Bilanz sind Retouren ein Faktor – gescheiterte Zustellversuche sind ein weiterer.

„Versuchen sie, den ersten Zustellversuch zum Erfolg zu bringen, das ist nachhaltig“, rät Marten Bosselmann, der Vorsitzende des Bundesverband Paket und Expresslogistik. Langfristig wollen die Dienste aber erreichen, dass die Empfänger*innen ihre Pakete mehr in Paketshops abholen. DPD hat kürzlich einen eigenen Laden in Berlin eröffnet. Parallel wird an mehr elektrischen Fahrzeugen und Lastenrädern gearbeitet. Versuche, große Pakettransporte vom Lkw auf Züge zu verlagern, fruchteten bislang nicht merklich.

Handel und Transport machten nur zehn Prozent der Treibhausgase aus. Der Rest entstehe in der Herstellung. Das Umweltbundesamt rät daher zu langlebigen Produkten, die umweltfreundlich hergestellt sind – und dazu, diese bestenfalls im Geschäft um die Ecke abzuholen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

Ukraine-Krieg bremst Konsumlust

Paketdienste haben in der Corona-Krise üppige Gewinne gemacht. Der Marktführer Deutsche Post/DHL, der 2021 rund 1,8 Milliarden Pakete transportierte, verzeichnete das größte Plus seiner Geschichte. Doch das aktuelle Weltgeschehen bremst diese Entwicklung.

Modehändler Zalando etwa spürt schon, dass die Warenkörbe kleiner werden. Das sei die Rückkehr zur Normalität nach dem Corona-Boom. Speziell seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs achten die Kund*innen stärker aufs Geld, hat der Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland bemerkt. Deutlich weniger gefragt waren etwa Heimwerker- und Bastelbedarf, Blumen, Auto- und Motorradzubehör, Computer und andere Elektroartikel.

DHL transportierte im ersten Quartal ein Fünftel weniger Pakete als während der starken Corona-Beschränkungen in den ersten drei Monaten 2021. „Eine Seitwärtsbewegung halte ich für realistisch“, sagt Studienautor Esser. Für die folgenden Jahre zeigt die Verbandsprognose aber wieder eine stetige Wachstumskurve.

cd/dpa