Die meisten Modemarken freuen sich, wenn bekannte Menschen oder sehr präsente Gruppen ihre Kleidung tragen. Schließlich wecken diese bei potenziellen Kunden Begehrlichkeiten. Was aber, wenn die Firmenphilosophie der Marke so gar nicht zu der Person passt, die sie trägt?
Fleecewesten gehören zur Standard-Uniform für viele, die in der Finanzwelt arbeiten. Auf Instragram gibt es bereits den Kanal „Midtown Uniform“, der Fotos von Westenträger in New York zeigt. Auf die sogenannte „Power Vest“ gehört wie selbstverständlich das Logo der Bank, für die man arbeitet. Dann ist in den Finanzmetropolen Frankfurt, Hong Kong und New York gleich klar, wer wo hingehört und im Zweifel auch, wieviel Geld die Person verdient.
Doch ist eine Marke, die sich der Natur, dem Sportsgeist und einem hohen Freizeitwert verschrieben hat, mit dem Image der Finanzindustrie vereinbar? Die Modemarke Patagonia sagt: „Nein“. Sie will zukünftig verhindern, dass Banken und Fintechs ihre Logos auf Patagonias Kleidung sticken dürfen.
Logo wird nicht bei jedem Kunden mitgeliefert
Konkret bieten die US-Amerikaner bei Bestellungen nicht mehr die Dienstleistung an, das Logo gleich mitzuliefern. Diesen Service erhalten nur noch Firmen, die selbst Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Das sind laut Patagonia ausschließlich Unternehmen, die als sogenannte „B Corporation“ zertifiziert sind oder der Initiative „1% for the Planet“ oder ähnlichen Organisationen angehören. Yvon Chouinard, Patagonias Gründer, hat die Organisation „1% for the Planet“ mit ins Leben gerufen.
Als „B Corporation“ verpflichten sich Unternehmen, nicht nur nach Gewinn zu streben, sondern auch bestimmte Standards für Gesellschaft und Umwelt einzuhalten. Unternehmen, die sich unter „1% for the Planet“ zusammengeschlossen haben, investieren ein Prozent des Umsatzes in den Umweltschutz. Kunden der Finanzindustrie fallen somit raus.
Patagonia will so zum einen verhindern, weiter zur Marke für Reiche zu werden. Ohnehin hat das Unternehmen bereits von der jüngeren Zielgruppe den Spitznamen „Patagucci“ erhalten. Zum anderen versteht sich die Modefirma selbst als „Aktivisten-Unternehmen“. Sie gibt sich nachhaltig und fair. Patagonia mischte sich auch immer wieder in politische Diskussionen ein. Zuletzt unterstütze das Unternehmen etwa den „Green New Deal“, eine Gesetzesinitiative der demokratischen Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Die Resolution sollte in Amerika eine Wende hin zu mehr Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit einleiten. Die Vorlage ist jedoch im US-Senat gescheitert.
Unternehmen aus dem Outdoorbereich stehen grundsätzlich vor der Herausforderung die sehr ressourcenintensive und teilweise stark umweltbelastende Herstellung ihrer Produkte mit dem Anspruch, besonders naturnah zu scheinen und zu agieren, zu vereinen. Das Image eines nachhaltigen Unternehmens will sich Patagonia nicht zusätzlich durch den mächtigen Kundenkreis der Banker kaputtmachen lassen.
Patagonia verspottet seine Kunden auf Twitter
Bei der Verkündung der neuen Firmenregelung bewies Patagonia zudem Humor. Dem Unternehmen reichte es nicht, nur Hedge-Fonds und Banken von ihren geliebten Fleecewesten zu trennen. Der Bekleidungshändler trollte die Wall Street auch auf Twitter. Er postete ein Foto von einem verdutzen Westenträger mit der Überschrift: „Die Wall Street versucht herauszufinden, wie man eine B-Corporation und Teil von ‚1% for the Planet‘ wird.“
Die Haltung von Patagonia ist konsequent. Zu einer Marke gehören eben nicht nur Produkte, Werbung und Shops, sondern auch die Kunden als wichtige Botschafter. Den Schritt ist Patagonia natürlich medienwirksam gegangen und es hat dem Unternehmen aus dem kalifornischen Ventura viel Werbung und Aufmerksamkeit beschert. Werbeexperten gehen davon aus, dass so mehr Kunden gewonnen werden können als auf der anderen Seite wegfallen.
Allerdings ist das Unternehmen doch nicht ganz konsequent. Für Finanzdienstleister, die bereits einen Vertrag mit Patagonia eingegangen sind, gilt die Regelung nicht. Die Änderung des Fokus betrifft nur neue Lieferungen. So genießt das Unternehmen gerade beides: Viele Neukunden und vorerst weiterhin Einnahmen von den ungeliebten, aber zahlungskräftigen Altkunden aus der Finanzwelt.