Angesichts der bevorstehenden Lockerungen zu Pfingsten und des Fortschritts der Impfkampagne befreien sich die Menschen aus ihrem wochenlangen Stimmungsloch. „Das Sorgenbarometer gibt deutlich nach und die Zuversicht erreicht schon fast das Level des vergangenen Sommers“, heißt es zumindest in der 28. Welle der Studienreihe „Pilot Radar“. Hierfür lässt die Agenturgruppe seit Beginn der Corona-Krise vom Marktforschungsinstitut Norstat die Einstellungen und das Konsumverhalten der Deutschen erheben und leitet daraus Empfehlungen für die Markenkommunikation ab.
In Zahlen ausgedrückt: 42 Prozent der Deutschen machen sich derzeit überhaupt keine oder eher weniger Sorgen, wenn sie an Corona denken. Ob Jung oder Alt – dies gilt durchgängig für alle Altersgruppen. Dagegen verliert die Besorgtheit (eher große und sehr große Sorgen) um zwölf Prozentpunkte.
Auch spezifische Stressfaktoren wie die Angst vor Mutanten oder einer schwerwiegenden Infizierung, das Vermissen sozialer Kontakte oder Unsicherheiten über die Zukunft beschäftigen die Menschen laut des aktuellen „Pilot Radar“ aus der Kalenderwoche 19 gerade weniger.
Geteilte Meinung zu den Äußerungen der Gesundheitsexperten
„Im Gegensatz zu den Vorwochen können die Kommunikationsexperten ihre Strategien nun in einem durchwegs positiven Setting entwickeln, die Menschen sind extrem zuversichtlich und sehen sich am Ende eines langen Pandemie-Tunnels – dadurch entsteht eine neue Lust an Neuem“, sagt Pilot-Geschäftsführerin Martina Vollbehr.
Das Item „ich bin optimistisch, dass sich die Lage schnell wieder bessert“ erreicht mit 62 Prozent den bislang höchsten Wert in der Radar-Zeitreihe. Einen Gefälligkeits-Bonus gibt es auch für die Politik, deren Zustimmungswerte sich nach dem Allzeit-Tief in Welle 26 (KW 12/2021) nun wieder leicht verbessern.
Überraschend fällt hingegen die Beurteilung der Einschätzungen der Gesundheitsexperten aus, die sich zahlreich und teilweise alarmiert geäußert hatten. Die letzten Wortmeldungen fielen aber fast durch die Bank zuversichtlich aus. Die Deutschen reagieren auf die Expertenmeinungen sehr unterschiedlich: jeweils ein Drittel der Befragten vertraut ihnen kaum, ist unentschieden oder hält die Einschätzungen für glaubwürdig.
Nachhaltiges Interesse am Klimawandel
Gleichzeitig liegt über dem gesamten Alltagsgeschehen noch immer ein gewisser Corona-Filter. Dabei zeigt sich jedoch in diesen Wochen laut Pilot auch, „dass der Klimawandel kein schnelllebiger News-Hype war, der durch die Kandidaten-Kür der Grünen oder die aktuellen Wortmeldungen von Greta Thunberg kurzfristig wieder aufgepoppt“ sei.
Natur und Nachhaltigkeit beschäftigen die Menschen ernsthaft. Zum ersten Mal seit Start der Radar-Studienreihe im März 2020 hat in der Abfrage der Top-Themen der Klimawandel mit 40 Prozent den wirtschaftlichen Ausblick (34 Prozent) überholt und liegt nach Corona auf Platz zwei. Vor über einem Jahr zeigte sich noch ein ganz anderes Bild: So lagen in der zweiten Welle die Wirtschaft bei 70 Prozent und der Klimawandel bei 14 Prozent. Ob die Entwicklung dieses signifikanten Einstellungswandels weiter zu beobachten sein wird, bleibt abzuwarten.
Hoffnung schürt neue Lust am Konsumieren
Auch in der 28. Welle des „Pilot Radar“ zeigt sich eine starke Korrelation von Stimmung und Konsumbereitschaft: Mit dem Optimismus steigt nun auch wieder die Freude am Geld ausgeben und das Bedürfnis zu sparen nimmt ab. Profitieren könnten davon vor allem die lange Zeit gebeutelten Freizeit- und Urlaubsbranchen. „Ob Action oder Alpaka-Trecking – die Menschen drängt es in ihrer Freizeit nach draußen. Ganz besonders aber soll es Leib und Seele wieder besser gehen“, heißt es in der Studienreihe. Deshalb stehen „Kunst & Kultur“ sowie „Essen & Trinken“ ganz oben auf der Wunschliste.
Einen herben Relevanzverlust muss dagegen das Corona-Hobby Nummer eins – „Spazierengehen“ – verschmerzen, das in der Beliebtheit um zehn Prozentpunkte abstürzt, während die Urlaubsplanung mit 18 Prozent den bisher höchsten Wert in der Radar-Zeitreihe erreicht.
Junge Zielgruppen besonders offen für Neues
Mit zunehmender Resilienz zeigen sich die Befragten auch offener für Neues und Inspiration. Vor allem jüngere Zielgruppen sind für Produktinnovationen zu interessieren und dies besonders gut über das Internet (24 Prozent). „Berücksichtigen wir, dass junge Menschen ihren Medienkonsum überwiegend digital gestalten, so ergeben sich daraus interessante Optionen, um neue Produkte zu lancieren“, sagt Pilot-Geschäftsführerin Vollbehr. Allerdings sei „Digital nicht automatisch mit Performance Marketing gleichzusetzen“. Vielmehr können laut Vollbehr „auch wirkungsvolle Branding-Strategien entwickelt werden, die die nötige Relevanz bei den Zielgruppen erzeugen“.
Empfehlungen für die Markenkommunikation
Im Rahmen der Radar-Studienreihe werden regelmäßig auch die Werbeinhalte und Botschaften und deren Rolle in Zeiten der Pandemie abgefragt. Dabei sind Aspekte wie Preis- und Produktinformationen durchweg die relevantesten Aspekte. Erwartungsgemäß spielt der Preisaspekt bei Gruppen geringerer Einkommen eine zunehmend wichtigere Bedeutung.
Dass Werbung sich auch um gesellschaftliche Belange kümmert, hat demgegenüber über die Zeit an Relevanz verloren. Und dies stark polarisierend: Rund 45 Prozent halten es laut „Pilot Radar“ für wichtig, dass Werbung diesen Auftrag übernimmt, für 44 Prozent ist es nicht wichtig.
Pilot ordnet das Ergebnis wie folgt ein: „Menschen mit besserer Bildung beziehungsweise höherem Einkommen können sich diesen Einstellungs-Luxus leisten. Für diese Zielgruppen hat der gesellschaftliche Auftrag von Unternehmen während der Pandemie sogar an Wichtigkeit gewonnen, allerdings trauen sie ihnen die Erfüllung dieser Aufgabe nur in sehr geringem Maße zu. Hier ist ein Spannungsfeld entstanden, das noch nicht aufgelöst ist.“
Steckbrief der Online Panel Studie:
- n=1000 Befragte
- Struktur der Stichprobe ist online repräsentativ 18+ Jahre
- Feldzeit: 12. bis 14.5.2021
- Forschungsinstitut: Norstat
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