Ein Kommentar von Jürgen Gietl
Es lässt es sich einfach schwer erklären, warum PSA auf die Idee kommt, eine deutsche Marke wie Opel mit deutscher Haltung und deutsch/amerikanischer Technologie zu einer deutschen Hülle mit französischem Herz machen zu wollen.
Wachstum in gesättigten Märkten gelingt nur mit begehrten Marken
Der weltweite Automobilmarkt ist weitestgehend gesättigt. Wachstum entsteht in solchen Märkten durch absolut revolutionäre Ideen und starke Marken. Wie erfolgreiche Revitalisierung funktioniert, haben uns die asiatischen Konzerne Geely und Tata mit Jaguar und Volvo gerade gezeigt: Absolute Konzentration auf den Kern und die klare Positionierung der Marke, gepaart mit einer zeitgemäßen Umsetzung der Positionierung durch zukunftsweisende Technologien, atemberaubendes Design und klare, lustvolle Kommunikation.
Nicht das „was“ sondern das „wie“ entscheidet
Dabei geht es bei der Kritik am PSA Plan gar nicht um die Frage, ob Opel eine reine Elektromarke werden soll oder nicht. Es geht um die Herangehensweise. Opel hat nicht nur keine klar definierte Positionierung – obwohl es das kleine 1×1 der Markenführung wäre, diese zu finden – Opel soll nun auch noch die Produkte aufgeben, die der Marke den Rest an Profil geben, das ihr noch geblieben ist. Damit wird Opel zur leistungs-, seelen-, und charakterlosen Markenhülle ohne Wert. Kaufentscheidend wird in Zukunft nur noch der Preis sein. Ob Opel so jemals profitabel wird, ist zu bezweifeln.
Menschen kaufen nicht was sie brauchen, sondern womit sie sich identifizieren
In gesättigten Märkten kaufen Menschen längst nicht mehr, was sie brauchen, sondern das, womit sie sich identifizieren. Und das sind weder die E-Autos mit französischem Innenleben, noch bunte Werbung. Menschen identifizieren sich mit Menschen oder mit Ideen, Missionen und der Haltung hinter einer Marke. Doch statt Opel eine neue Mission, eine neue Haltung zu geben, gibt man der Marke eine neue Technologie. Doch Menschen kaufen keine Funktionen. Erst Marken geben Funktionen Bedeutung. Sie werden in diesem Spiel zum all entscheidenden Faktor.
Die Zukunft gehört allen, außer Opel
Opel hat vielleicht die letzte Chance verspielt, sich eine klare Haltung, einen Standpunkt, eine eindeutige Positionierung als Nukleus für alles, was eine Marke stark macht, zu geben. Unter Opel könnte man vermutlich alle Technologien erfolgreich verkaufen, wenn es nur eine klare Positionierung gäbe und diese Technologien dazu passen würden. Es ist vermutlich völlig unbedeutend, woher welche Technologie für welches Teil bei Opel kommt, so lange die Marke mit ihren Produkten und Services eine klare Position einnimmt, die es so sonst am Markt nicht gibt. Was Opel seit den 1970er Jahren nie gelungen ist, machten Marken der anderen deutschen Automobilhersteller geradezu mustergültig vor. Denn würde man weltweit Autokäufer fragen, wofür Audi, BMW oder Mercedes stehen, man bekäme wohl immer eine eindeutige Antwort. Der Charakter und die dazu passenden Spitzenleistungen dieser Unternehmen sind es, die sie zu den profitabelsten Herstellern und Weltmarktführern gemacht haben. PSA ist dies noch nie gelungen und für Opel scheint es der Mutterkonzern auch nicht vorgesehen zu haben.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
War der Optimismus groß, Opel könne sich unter dem neuen Eigner besser entwickeln als unter GM, muss man leider feststellen: Das Aus von Opel wurde nun vermutlich endgültig eingeleitet. Wenn nicht doch noch ein Wunder geschieht und man sich bei PSA dazu entschließt herauszufinden, wofür Opel wirklich steht und wie man das mit Hilfe französischer Technik und deutscher Qualitätsanmutung in clevere Mobilitätslösungen verpackt.
Jürgen Gietl schreibt regelmäßig Kolumnen für die absatzwirtschaft und ist Managing Partner von Brand Trust mit langjähriger Erfahrung im operativen und strategischen Management von Marken. Seine Sachkenntnis nutzen namhafte mittelständische Unternehmen und globale Konzerne. Gietl ist ein gefragter Dozent auf zahlreichen Kongressen und an Hochschulen.