Online-Shop-Betreiber haben große Auswahl

Die Unsicherheit rund um Bezahlvorgänge und die häufig fehlende Seriosität von Händlern im Internet ist immer noch eine der großen Herausforderungen im E-Commerce. Online-Gütesiegel reüssieren daher derzeit als goldene Lösung.

Das sieht auch die Landesregierung von NRW, dessen Berater in Medienfragen, Prof. Dr. Helmut Thoma, sich am 7. November im Rahmen einer Pressekonferenz im Kölner Mediapark für die Kooperation zwischen der Trusted Shops GmbH und der 1&1 Internet AG stark machte. Trusted Shops bringe das Prüfsiegel ein, der Provider hingegen habe ein Online-Shop-Konzept, dass sehr viele Vorraussetzungen für eine Zertifizierung zum geprüften Online-Shop mitbringe.

Daher scheine dies sei ein gangbarer Weg zu sein, so Thoma vorsichtig, um das Internet-Business weiter zu entwickeln. Beide Unternehmen hätten ein Projekt auf die Beine gestellt, das aktiv die mittelständische Wirtschaft in NRW stärken könnte und insofern mit den Zielen der Landesregierung, nämlich Sicherheit ins Netz zu bringen, korrespondiert.

Verbraucher verunsichert

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Insgesamt 79 Prozent der Online-Käufer zweifeln laut einer Untersuchung der Deutschen Post und Com-Cult Research an der sicheren Übermittlung der Zahlungsdaten. 68 Prozent der Shopper geben sogar an, dass für sie die Seriosität der Online-Händler nicht immer sichergestellt sei. Vertrauensbildende Maßnahmen scheinen daher für das Internet-Business unabdingbar zu sein.
Das Trusted Shops-Siegel gibt es beispielsweise seit Januar 2000. Die Initiatoren sehen es als erstes europäisches Prüfzeichen für Online-Shops. Rund 200 Shops dürfen das Siegel tragen, 180 Shops befinden sich derzeit im Prüfverfahren. So allein auf weiter Flur, wie die Initiatoren von Trusted Shops glauben, sind sie aber nicht.

Die wichtigen Gütesiegel-Anbieter

Harald Jansen Projektleiter „Geprüfter Online-Shop“ vom Euro-Handelsinstitut (EHI) präsentierte seine Idee vom geprüften Online-Shop bereits im September 1999 einigen großen Händlern, wie Metro und Karstadt. Damals ahnte er noch nicht, dass er eine Welle von Gütesiegeln lostreten würde. Derzeit befinden sich rund 15 Initiativen zur Zertifizierung von Online-Shops auf dem deutschen Markt, neun sind bei der Initiative D21 als empfehlenswert gelistet. Dabei haben alle ein Ziel: Den Verbraucher zu schützen und Vertrauen ins Online-Shopping zu schaffen. Die zahlenmäßig erfolgreichsten Gütesiegel sind neben Trusted Shops, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gerling Trades-Safe.com GmbH und der Impact Business & Technology Consulting GmbH, „Geprüfte Online-Shops“ vom EHI sowie als dritte Gruppe die verschiedenen TÜV-Gesellschaften, die getrennt marschierend versuchen, den Markt aufzurollen.

Unterschiedliche Philosophien

Während sich die großen Player in ihren Prüfkriterien nicht wesentlich unterscheiden – alle in der D21 Initiative vertretenen Gütesiegelanbieter haben sich auf die Prüfkriterien, nach denen Shops zu bewerten sind, verständigt – liegen den drei Hauptkontrahenten in Deutschland doch unterschiedliche Philosophien zugrunde. Das EHI bietet seit dem Start im November 1999 eine Zertifizierung für 500 Mark an. Deswegen hat sich das Institut mit dem Argument, dass ein Zertifizierung für diesen kleinen Betrag gar nicht möglich sei, bereits häufig anfeinden lassen müssen. Dennoch konnte sich EHI-Projektleiter Jansen aller Angriffe erwehren. „Zwar ist eine Zertifizierung vom TÜV umfassender aber auch teuerer.

Hauptziel des EHI sei es gewesen, auch kleinen Shop-Betreibern ein Siegel zu ermöglichen, so Jansen. Dies umso mehr als ein objektiver Reputationsnachweis im Netz ein unverzichtbares Marketingsinstrument gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen ist, die noch nicht auf eine Marke wie Karstadt.de oder Otto.de aufbauen können. „Uns ging es darum, eine Lösung zu finden, die den einzelnen Händler wenig Geld kostet und dennoch dem Verbraucherinteresse nach mehr Sicherheit näher kommt“, fasst Harald Jansen die EHI-Zielsetzung zusammen. Dabei verfolgt das EHI eine Koordinierung seines Siegels auf europäischer Ebene ebenso wie der Konkurrent aus Köln.

Geld-zurück-Garantie fakultativ

Auch sieht Trusted Shops seine Hauptaufgabe darin, Klein- und Mittelbetriebe für den E-Commerce fit zu machen. Allerdings unterscheiden sich die Rückversicherungs-Mechanismen für den Kunden grundlegend: So wirbt Trusted Shops mit einer Geld-zurück-Garantie, während das EHI dem Käufer mit einem aktiven Beschwerdemanagement ein Kontrollinstrument in die Hand gibt. Klagen von geprellten Kunden, so Jansen, gebe es aber wenig. Die Aufsicht des EHI klappe gut und ein Einigung komme im Zweifel immer zustande.
Das EHI steht auch auf dem Standpunkt, dass eine zusätzliche Geld-zurück-Garantie nicht notwendig ist. Wird über eine Kreditkarte wie die Eurocard bezahlt, erstattet die Bank sowieso das Geld bei nicht vertragsgemäß gelieferter Ware, bei Lastschriften besteht eine Widerrufsfrist von vier Wochen und beim bisher verbreitetsten Weg, nämlich auf Rechnung, hat der Konsument alle Trümpfe in der Hand.

Die Garantie als Versicherungsgeschäft?

Möglicherweise ist die Garantie auch nur ein neuer Weg, um auf diese Weise neue Versicherungsnehmer zu gewinnen. Denn Shop-Betreiber bezahlen im günstigsten Fall für das Trusted Shops-Logo 990 Euro im Jahr. In diesem Betrag lässt sich gut eine Versicherung unterbringen, die der Online-Händler auch zahlt, wenn der Kunde sie gar nicht abruft. Denn der Kunde muss bei Abschluss seines Kaufes im Internet gesondert bestätigen, dass er die Geld-zurück-Garantie auch in Anspruch nehmen möchte. Und nicht nur das: Hier kommen dann noch einmal umfangreiche Tipparbeiten auf ihn zu, die den Kauf dokumentieren sollen. Nur dann kann die Versicherung überhaupt erst den Schaden regulieren. Dabei liegt die Obergrenze der Schadensregulierung zunächst einmal bei 5000 Mark pro Shop und Monat. Fast möchte man meinen die Versicherungsbranche hat hier einen neuen Distributionskanal erschlossen.

Auch die DBV Winterthur tummelt sich in diesem Geschäft, wenn auch noch mit der etwas kleineren Initiative Safer-Shopping, die die TÜV Management Service GmbH federführend betreut. Mit dem Unterschied: Die Winterthur übernimmt eine Bürgschaft, das heißt im Klartext, auch die Online-Händler dieser Initiative zahlen in den Versicherungstopf, aber die Kunden müssen nach dem Kaufakt nicht noch einmal in die Datenerfassung einsteigen, sondern erhalten automatisch die Geld-zurück-Garantie. Auch gibt es bei der DBV keine Schadensobergrenze. Allerdings hat der TÜV bisher vor allen Dingen große Shop-Betreiber unter der Lupe genommen. Möglicher Grund: Generell vertritt der TÜV die Philosophie, dass nur vor Ort am jeweiligen Server die Beurteilung der Prozessqualität des Shops möglich ist. Auf diese Weise kommen bei einem Tagessatz von 2 000 Mark sehr schnell ein paar tausend Mark zusammen. Eine Rechnung die für kleine Shop-Betreiber schnell zu hoch werden kann. Minimum seien drei Tage, so Safer-Shopping-Projektleiter Rainer Seidlitz. Zwei vor Ort und ein Tag im „Ferntest“, bei dem der jeweilige Shop-Server während verschiedenster Aufgaben vom Bestellvorgang über die Kundendatenerfassung bis hin zum Zahlungsprozess auf Sicherheitslücken im System überprüft wird.

Wahl des Siegels vom Ziel abhängig

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass letztlich alle Gütesiegel das gleiche wollen, mit unterschiedlichem Fokus und Leistungen für den Konsumenten. Am Ende wird nicht zuletzt der Preis darüber entscheiden, welches Gütesiegel in Frage kommt, denn nicht jeder Shop-Betreiber und schon gar nicht die kleinen können sich eine umfassende Prüfung leisten. Dennoch benötigen gerade sie im Kampf um den Kunden ein Siegel am allernötigsten. Zudem sollte der Online-Händler bei der Auswahl des Gütesiegels nicht in erster Linie auf die Anzahl der Mitglieder schauen, sondern vielmehr auf die Philosophie des Konzeptes.
Trusted Shops kommt zwar derzeit mit etwa 200 Online-Shops das größte Siegel, während das EHI nur 100 Shops dagegen setzen kann, aber der Gerling-Ableger unterhält eine eigene Vertriebsmannschaft und verwaltet ansehnliche Werbeetats um Mitgliedshops zu werben. Hier kann der EHI definitiv nicht mithalten. Aber ob mit oder ohne starkem Partner im Rücken: Alle diese aufwendigen Werbemaßnahmen kosten Geld, das im Zweifel der Online-Shopbetreiber aufbringen muss. Der TÜV schlussendlich als teuerster unter den oben stehenden Anbietern hat zwar den Preisnachteil, empfiehlt sich aber sicherlich für Shop-Betreiber, die einen hohen technischen Standard in der Zertifizierung erwarten und absolut robuste Verkaufsprozesse benötigen.

Alle empfehlenswerten Gütesiegel in Deutschland auf einen Blick gibt es unter http://www.initiatived21.de.


Autor: Christian Thunig
eingestellt am 13. November 2001