Von Erich Reimann, dpa
Online kaufen – und dann im Laden abholen: Überzeugten Online-Shoppern mag das unsinnig erscheinen. Doch egal ob es um Lebensmittel, Schuhe oder Elektronik geht: immer mehr Händler in Deutschland bieten ihren Kunden diesen Service an – oft unter dem modischen Kürzel „Click & Collect“. Und sie haben Erfolg damit.
Deutschlands größter Schuhhändler Deichmann wird „Click & Collect“ in diesem Jahr flächendeckend in allen 1200 Filialen in Deutschland einführen. „Wir sehen, dass der Bedarf für diesen Service zunimmt“, meint Unternehmenssprecher Ulrich Effing. Auch Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe baut den Abholservice aus. Ende 2018 war er in 200 Läden verfügbar. Nun seien es mehr als 250 Standorte, berichtet ein Unternehmenssprecher.
Produkt bleibt bei Nichtgefallen gleich im Laden
„Click & Collect“ gewinne „immer mehr an Bedeutung für den Einzelhandel“, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Studie des E-Commerce-Verbandes BEVH und des Marktforschungsunternehmens Creditreform Boniversum. Das Selbstabholen der Ware ist demnach für die Kunden vor allem interessant, weil sie dabei Versandkosten sparen und den Zeitpunkt der Abholung selbst wählen können. Auch die Möglichkeit, Produkte bei Nichtgefallen gleich im Laden zu lassen, finden viele Verbraucher attraktiv.
Die Elektronikketten Mediamarkt und Saturn bieten den Service schon seit Jahren an und sind zufrieden mit dem Erfolg. „Mehr als jeder zweite Kunde lässt sich hierzulande mittlerweile seine Online-Bestellung in den Markt vor Ort liefern“, berichtet eine Unternehmenssprecherin. Gerne abgeholt würden vor allem Produkte aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik, aber auch Notebooks oder Kleinelektrogeräte. Bei den deutlich schwerer zu transportierenden Haushaltsgroßgeräten entscheide sich dagegen nur jeder dritte Kunde für die „Click & Collect“-Option.
Für den Handel ist „Click & Collect“ doppelt attraktiv: Er erspart sich damit nicht nur die mühsame „letzte Meile“ zum Kunden. Die Selbstabholung bietet ihm auch noch die Möglichkeit, den Kunden zusätzliche Produkte zu verkaufen – etwa ein HDMI-Kabel für den neuen Fernseher oder eine Versicherung fürs neue Smartphone.
Selbstabholen hat auch Vorteile für den Kunden
Aber auch für die Verbraucher hat die Möglichkeit, die online bestellte Ware in einem Laden in ihrer Nähe abzuholen, ihren Reiz, wie Kai Hudetz vom Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln betont. „Wenn die Lieferung nach Hause perfekt funktionieren würde, wenn die Lieferung also immer genau dann käme, wenn wir ohnehin zu Hause sind, dann brauchten wir ‚Click & Collect‘ nicht“, meint er. „Aber so ist es nicht. In Wirklichkeit müssen wir oft hinter unserem Paket herrennen und es bei der Postfiliale oder Paketstation abholen.“ Das Selbstabholen im Laden sei deshalb am Ende für manchen Kunden bequemer als die Lieferung an die Haustür.
„Die Probleme bei der Haustürbelieferung sind unübersehbar und sie werden eher größer“, sagt der Branchenkenner. Das fördere den Trend zum Selbstabholen. Karstadt legt bei seiner Werbung für das eigene „Click & Collect“-Angebot den Finger in die Wunde und lockt: „Profitieren Sie von den Öffnungszeiten unserer Filialen, ohne zu einer bestimmten Zeit zu Hause sein zu müssen.“
Die Probleme bei der Haustürbelieferung sind unübersehbar und sie werden eher größer.“
Organisatorisch ist das Thema „Click & Collect“ für den Einzelhandel allerdings manchmal nicht ganz so einfach umzusetzen, wie man angesichts voller Regale erwarten würde. Das zeigt das Beispiel der Modekette Zara: Dort ist die Lieferung in die Filialen zwar möglich und auch kostenlos, wie auf der Homepage zu erfahren ist. Doch dauert sie drei bis fünf Tage und damit in der Regel länger als die Lieferung nach Hause, die innerhalb von zwei bis drei Tagen ankommen soll. Das ist keine Kleinigkeit. „Die Erwartungen der Kunden sind hoch. Sie sind es gewohnt, dass Online-Bestellungen am nächsten Tag geliefert werden und haben kein Verständnis, wenn das im Laden länger dauert“, warnt Hudetz.
Der Supergau in Sachen „Click & Collect“ ist das in seinen Augen aber noch nicht. Etwas anderes darf auf gar keinen Fall passieren, mahnt der Branchenkenner. Eine Bestellung dürfe nicht verschlampt werden. „Wer einmal die Erfahrung macht, dass die bestelle Ware nicht da ist, kommt wahrscheinlich nicht ein zweites Mal. Darauf müssen sich die Händler einstellen.“