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Die Technologiebranche ist reich an Aufstiegs- und Fall-Geschichten: Dass nichts für die Ewigkeit gemacht ist, mussten schon die Handy- und Smartphone-Pioniere Nokia und Blackberry erfahren. Bei HTC ist die Fallhöhe fast ähnlich hoch: Der taiwanische Smartphone-Pionier machte Anfang des Jahrzehnts als Hersteller der Android-Geräte von sich reden.
Bevor Samsung mit seinen Galaxy-Geräten den Smartphone-Markt 2010 betrat, hatte sich HTC als erster iPhone-Herausforderer in Stellung gebracht. Kurz vor dem Launch des iPhone 4 lag HTC in den USA sogar nach Marktanteilen vor dem Kultkonzern aus Cupertino an der Spitze. Mehr als 25 Milliarden Euro war HTC damals in seiner besten Zeit an der Börse wert.
Kurssturz nach Nokia- und Blackberry-Vorbild: in der Spitze 96 Prozent vernichtet
Seitdem befindet sich HTC im steten Abwärtstrend, der sich von Jahr zu Jahr beschleunigt. HTCs Problem: Die Geräte sind durchaus beliebt und bekommen gute Kritiken in der Techpresse – die Taiwaner wurden indes im Hochpreissegment von Samsung und Apples Marketingpower förmlich zerquetscht. The Winner takes it all.
An der Börse hat die HTC-Aktie einen Sturzflug hingelegt, der fast 1:1 der Blaupause von Blackberry und Nokia gleicht: Notierte der 18 Jahre alte asiatische Techkonzern Anfang 2011 noch auf Allzeithochs bei 125 Euro, blieben Aktionären im Sommer davon gerade mal 5 Euro – ein schier unfassbarer Kurssturz von in der Spitze 96 Prozent.
Nur noch so viel Umsatz wie Apple mit einer Million iPhones
Allein im vergangenen Quartal mussten die Taiwaner Umsatzeinbrüche von mehr als 50 Prozent bei Erlösen von gerade mal noch 655 Millionen Dollar verbuchen – so viel setzt Apple inzwischen mit einer Million iPhones um.
So überrascht es nicht, dass HTC mit seinem neuen Smartphone, dem One A9, in einem schieren Verzweiflungsakt optisch fast eine 1:1-Kopie von Apples iPhone 6 bzw. 6s wagt – inklusive Antennenstreifen auf dem Rücken. Die technischen Daten lesen sich solide: 13 MP-Kamera, Snapdragon 617-Prozessor von Qualcomm, Android 6.0 Marshmallow, 5 Zoll-Display, zu haben ab 500 Euro in Deutschland (in den USA sogar für 400 Dollar).
Das One A9: Der verlorene, mittlere iPhone 6s-Bruder
Damit wird schnell klar, in welcher Nische HTC seinen letzten Trumpf zu spielen versucht: als günstigere iPhone-Alternative, zwischen dem kleineren 4,7 Zoll (iPhone 6s) und dem 5,5 Zoll großen Modell (iPhone 6s Plus).
Does it matter that HTC ripped off the iPhone? https://t.co/zQEc4TF2sy pic.twitter.com/prFR1Yo2sL
— The Verge (@verge) 20. Oktober 2015
„Wir können es nicht verschweigen: Das neue HTC One sieht aus wie das fehlende, mittlere Kind von Apples iPhone-Linie“, bringt das Techblog The Verge HTCs Positionierungsversuch auf den Punkt.
„HTCs One A9 ist ein 399 Dollar-iPhone, das mit Android 6.0 läuft“, folgern die US-Techblogger durchaus beeindruckt. Bleibt die alte Frage, ob HTC damit neue Kunden gewinnen kann. Die Börse teilt die Euphorie nicht und schickt die zusammengeprügelte Aktie an der Börse in Taipeh abermals um 7 Prozent nach unten.