OMR18: Onlinehändler brauchen LogIns um bessere Daten zu bekommen. Ist NetID, die letzte Chance?

Die deutschen Publisher beginnen Allianzen zu schmieden, um der Datenübermacht von Google, Amazon, Facebook und Apple etwas entgegenhalten zu können. Den Anfang machen LogIn-Allianzen, gemeinsame Datenpools sollen folgen. Jan Oetjen, Geschäftsführer der United Internet Media, redet bei den Online Marketing Rockstars über passgenaue Logins, die Macht von Facebook und Datenallianzen.

„Wir haben alle spannenden digitalen Technologien aus Europa auswandern lassen. Was uns bleibt sind die Kundennähe und damit die Daten. Das ist die letzte Chance.“

Mit martialischen Worten positioniert Jan Oetjen, der Geschäftsführer der United Internet Media, die soeben offiziell gestartete LogIn-Allianz von United Internet, RTL und ProSiebenSat1. Der erste Partner steht auch schon fest. Es ist Zalando. Das kann ein spannendes Signal für den Markt, vor allem für die eCommerce-Landschaft sein, denn bislang wurde das Thema LogIn-Allianz eher bei Medienhäusern und Publishern verortet. Aber im Zeitalter von ePrivacy brauchen auch Onlinehändler LogIns um bessere Daten zu bekommen und damit gegenüber Amazon mithalten zu können.

Mit genau einem Satz an Zugangsdaten anmelden

Die Idee dahinter ist simpel, der Impact soll gewaltig sein. Man kopiert das sogenannte Single-Sign-On von Google und Facebook. Egal auf welchem Angebot aus dem Allianz-Netzwerk – also zum Beispiel GMX, Web.de, MaxDome, RTL now oder eben Zalando – soll sich der User mit genau einem Satz an Zugangsdaten anmelden. Speichert er diese NetID im Browser, so kann die Anmeldung auf den Seiten sogar automatisch erfolgen.

Das sieht auf den ersten Blick banal aus, ist es aber nicht. Hinter dem LogIn steht nämlich das Thema OptIn. So sammelt die Allianz also die Einwilligungen der Nutzer für Tracking und Targeting. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass die Allianz selbst keine Daten sammelt. Sie übernimmt technisch gesehen nur das Clearing des LogIns. Ist ein User auf einer der Seiten bereits eingeloggt, wird dort nachgefragt, welche Einwilligungen vorliegen und was die andere Website im Netzwerk damit machen darf und was nicht.

„Wir müssen uns auf eine Cookie-freie Welt vorbereiten“

„Für den Nutzer hat das zwei Vorteile“, so Jan Oetjen. „Er kann seine Einwilligungserklärungen detailliert steuern und er wird befreit von den ständigen, lästigen Abfragen zur Cookie-Erlaubnis“.

In der Tat verlangt der Datenschutz zumindest ein Single-Optin, also eine durch Mausklick erfolgte Zustimmung, damit eine Website Cookies setzen darf. Das wird mit der ePrivacy-Richtlinie dramatisch strenger, weil vor allem sogenannte Third-Party-Cookies, also solche von Tracking-Dienstleistern, Empfehlungssystemen oder Loyalty-Programmen, sehr stark eingeschränkt werden. „Wir müssen uns auf eine Cookie-freie Welt vorbereiten“, sagt Oetjen auf der Bühne. Und was das bedeutet, illustriert er an einem Beispiel: Als Apple für Safari entschied, Cookies nur noch für einen Tag im Speicher zu halten, prognostizierte Criteo, Europas größter Retargeting-Anbieter, einen Umsatzverlust von 20 Prozent. „Intelligent Tracking Prevention“ nennt Apple sein System. „Wer die Macht über die Browser hat, hat die Macht über die Geschäftsmodelle anderer“, sagt Jan Oetjen dazu.

Dem wollen sich die Allianzen entgegenstellen, in dem man sich von Cookies und anderen anonymen Tracking-Methoden unabhängiger macht und mehr auf den freiwillig (oder unbewußt) eingeloggten User setzt. Tausche heimliches Tracking durch CRM, könnte man vereinfacht sagen.

Bewegung in den Markt bringen

Die Allianz wird von einer neutralen, unabhängigen Stiftung geführt und sie steht jedem Teilnehmer offen. Er muss dem Netzwerk nicht seine Kundendaten preisgeben, aber auf Dauer ist das natürlich ein extrem verlockendes Szenario. „Es steht den Partnern natürlich frei, über das LogIn hinaus Datenallianzen zu schmieden“, hofft Jan Oetjen, denn natürlich wüsste United Internet sehr gerne, was die Nutzer bei Zalando kaufen. Reichweite hat das Netzwerk jetzt schon, nur die Datentiefe fehlt.

Spannenderweise haben wir nun zwei große LogIn-Allianzen in Deutschland. Verimi heißt die Vereinigung von Daimler, Allianz, Axel Springer und der Deutschen Bank, die in etwa die gleiche Idee verfolgt. Es wird interssant zu beobachten sein, welches System mehr Reichweite generiert. Angesichts des aktuellen Facebook-Skandals – den die Vertreter der beiden Allianzen nicht paßgenauer hätten planen können – könnte Bewegung in den Markt kommen, was das automatische LogIn via Google und Facebook angeht.

Klar ist aber auch, dass die User nicht von allein in Scharen angerannt kommen, um endlich eine NetId zu bekommen. „Die drei Gründungspartner bringen schon einiges an Media-Leistung auf die Straße. Sie können sich darauf verlassen, dass wir für angemessene Aufmerksamkeit sorgen“, meint Jan Oetjen. Konkrete Zahlen will er aber nicht nennen.