Das Gespräch führten Georg Altrogge und Thomas Borgböhmer
Herr Westermeyer, was ist der Unterschied zwischen dem diesjährigen Festival und den Vorjahren?
Dieses Festival ist nochmals größer. In der Messe gibt es jetzt zwei Bühnen, letztes Jahr hatten wir nur eine. Ich würde auch sagen, dass gerade das Programm auf den Messebühnen extrem hochkarätig ist, insbesondere wenn man die Ticketpreise betrachtet. Es gibt zwei Tage lang Programm und über hundert Masterclasses für 35 Euro.
Die Messe hat innerhalb weniger Jahre eine steile Kurve hingelegt, gerade was die Besucherzahlen angeht. Wo soll sie langfristig hingehen?
Das fragen wir uns jedes Jahr aufs Neue. Jedes Mal, nachdem wir geguckt haben, wie es denn war, wie zufrieden die Aussteller sind, wie zufrieden unsere Besucher sind, ziehen wir Bilanz. 100.000 Besucher zu fordern, hat keinen Sinn. Das habe ich zwar in der Vergangenheit mal gesagt, aber daran einfach festzuhalten, koste es was es wolle, bringt nichts. Man muss schon schauen, wie das Feedback auf das Produkt tatsächlich ist. Und so entscheiden wir Schritt für Schritt. Es ist jetzt für uns wichtig, die 40.000 vielleicht leicht zu übertreffen. Damit sind wir dann global wahrnehmbar, sozusagen in der Champions League.
Über die Jahre hat das Festival die Kritik begleitet, dass zu wenig Entscheider, zu wenig relevante Marketing- und Markenleute da sind. Was sagen Sie dazu?
Ich habe das mal lustig kommentiert, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob alle, die das kritisieren, erkennen können, wie die Entscheider heutzutage aussehen. Relevante Marketingleute sind häufig nicht zu erkennen, weil sie leger unterwegs sind, Anfang 30 sind und man denkt, das sei irgendein Einsteiger. Dabei hat der Riesenbudgets. Außerdem hat sich die OMR über die Jahre total gewandelt. Alleine wenn man sich das Programm anschaut und wer auf den Panels spricht. Das machen die nicht ausschließlich für 25-Jährige. Zudem bleiben uns fast alle unsere Kunden treu. Ich weiß nicht, wie man es noch beweisen sollte, außer mit dem Wachstum oder dem Hinweis, dass man Leute anders bewerten muss als vor zehn Jahren.
Wie haben sich denn die Themen gewandelt?
Es geht jedes Jahr um digitales Marketing. Dazu kommen immer neue Aspekte, 2018 beispielsweise die Themen Voice oder Künstliche Intelligenz. Als wir angefangen haben, ging es noch stark um SEO. Vor ein, zwei Jahren war Instagram groß. Alle Themen bleiben uns erhalten, aber der Kanon an Themen wird immer größer. Das ist unter anderem der Grund, warum wir wachsen. Wir wachsen nämlich nicht, weil wir Zauberer sind. Wir wachsen, weil der ganze Bereich relevanter wird, weil die Themenvielfalt größer wird und weil das Interesse an Digitalmarketing in der Gesellschaft zunimmt.
2018 hat das Festival über 300 Speaker und ebenso viele Aussteller. Was sollen die Besucher von der Messe mitnehmen?
Wir versuchen drei Aspekte abzubilden: Das eine ist die kommerzielle Vernetzung, im Sinne von Kunden- und Partnergewinn. Das zweite ist, sich zu informieren und was zu lernen. Und das dritte ist Inspiration: Das kann eine OMR-Party mit Freunden sein, mit Partnern oder mit Geschäftskollegen. Aber das kann auch ein starker Vortrag sein, der einen begeistert.
„Im ganzen Leben wachsen die Bereiche Business und Privates zusammen“
Haben Sie und Ihre Kollegen nicht manchmal das Gefühl, dass die Marketingwelt viel zu kompliziert ist, um sie zu verstehen?
Also ich stelle schon fest, dass sie kompliziert ist. Das Gute in meinem Fall ist, dass ich relativ früh in dieses Feld reingerutscht bin, mit SEO-Seiten angefangen, über die Jahre unternehmerisch mitgemischt und eine Technologiefirma gegründet habe. Womöglich fällt es mir daher etwas einfacher als Leuten, die aus dem klassischen Marketing kommen. Es ist natürlich trotzdem anstrengend, auf der Höhe zu bleiben.
Sie sprechen das Verhältnis schon an: Digitales Marketing versus klassisches Marketing. Wie entwickeln sich diese Bereiche aus Ihrer Sicht?
Es gibt fast keine richtige Grenze mehr. Mittlerweile ist alles eins geworden. Wenn man Werbung im Fernsehen sieht, werden über Stunden nur Webseiten beworben. Das ist eigentlich Digitalmarketing. Mit Plakaten ist es ähnlich, auch die werden digitaler. Es gibt Messverfahren, wie man Fernsehwerbung performancemäßig und Plakate in Echtzeit ausspielen kann.
Auch ein Kennzeichen anderer Messen wie der South by Southwest im texanischen Austin ist, dass sie als Festival inszeniert werden, ähnlich wie das OMR. Ist das der Trend in der Branche?
Das glaube ich auch. Und dafür gibt es einen Grund: Im ganzen Leben wachsen die Bereiche Business und Privates zusammen. Es geht darum, eine ‚gute Zeit zu haben‘. Wenn man sich anschaut, wie der Campus von Google, Facebook oder auch die Zentralen vieler deutscher Firmen heutzutage gestaltet sind. Zudem bekommt man geschäftliche und private Mails auf sein Smartphone. Die Dinge wachsen zusammen, mit allen Vor- und Nachteilen, die damit einhergehen. Und so ist das bei uns auch, keiner sagt: „Das ist jetzt von 8 bis 17 Uhr Business, danach gibt’s ein Kännchen Kaffee und alle gehen nach Hause.“ Stattdessen wird das Leben ganzheitlich angesprochen. Kann sein, dass das dem Zeitgeist entspricht. Wir machen das seit Jahren.
Das zentrale Event der Marketingbranche ist die Dmexco, die zuletzt einige personelle Schwierigkeiten hatte und seit Anfang des Jahres vom einem neuen Führungstrio geleitet wird. Wo steht Ihr Festival im Vergleich?
Bei den Besucherzahlen sind wir in diesem Jahr ungefähr gleich. Vielleicht werden wir sogar ein ganz kleines bisschen größer, inhaltlich gibt es ebenfalls Überlappungen. Am Ende gibt es aber auch viele Unterschiede: Angefangen beim Termin über den Ansatz der OMR als Medienmarke gegenüber einer historisch gewachsenen klassischen Messe bis hin zur Internationalisierung. Dort ist die Dmexco mit Blick auf die USA weiter. Ich habe großen Respekt vor dem, was die Kollegen dort aufgebaut haben.
„Wo sollen denn unsere ganzen Besucher herkommen, wenn nicht aus dem Mittelstand?“
Betrachten wir die Branche unabhängig vom Event: Welche Rolle spielt die internationale Szene für die deutschen Marketer?
Es ist ein schmaler Grat. Auf der einen Seite ist Marketing in vielen Aspekten ein globales Geschäft. Die Technologien sind auf der Welt überall gleich, die Plattformen häufig auch. Auf der anderen Seite agieren viele Vermarkter und Anbieter national, und gerade Inhalte sind eher national oder regional. Beide Welten müssen gut beobachtet und ausgewogen präsentiert werden.