Von Gastautor Tobias Hagenau, HQLabs
Der Vorzug einer inhaltlichen Projektkalkulation ist, dass die Agentur den Auftrag dabei gleich in seine logischen Bestandteile zerlegt (was einer Work-Breakdown-Structure ähnelt) und jedes Element bepreist. So wird zum Beispiel das „Logodesign“ in „Skizze“, „Feedbackschleifen“ und „Reinzeichnung“ aufgebrochen. So wird die inhaltliche Struktur des Auftrags klar ist und kann mit dem richtigen Werkzeug direkt in einen konkreten Zeitplan überführt werden. Nachteilig bleibt allerdings, dass sich die Unterscheidung etwa von Senioritätsgraden (Junior/ Senior) nur schwierig abbilden lässt. In der Realität existieren aber oft Mischformen aus inhaltlicher Kalkulation und einer nach Gewerken. Um ein mittelmäßig komplexes Agenturangebot zu bepreisen, sind beide Varianten notwendig. Auf oberster Ebene läuft die Kalkulation in der Regel inhaltlich ab, die Kalkulation darunter wird in die beteiligten Leistungsarten aufgegliedert. Damit erhält der Kunde bereits aus der Angebotskalkulation heraus einen inhaltlichen Überblick über das Projekt und gleichzeitig Transparenz über alle Leistungsarten mit ihren Verrechnungssätzen.
Margen sinnvoll kalkulieren
Leider ist der Preis nur die eine Hälfte einer Kalkulation. Mit dem Projekt verbundene Kosten gehören genauso dazu. Die Erfahrung zeigt aber, dass nur etwa 30 Prozent aller Agenturen während ihrer Angebotskalkulation bei ihrem Projektcontrolling überhaupt Kosten berücksichtigen. Für die restlichen 70 Prozent sind die Kosten in der Regel implizit in den Kalkulationssätzen enthalten und gelten einfach als hinnehmbar. Sobald aber der Director für den Junior einspringt oder ein Freelancer übernimmt, wird die kalkulierte Marge des Projekts zum Geheimnis. Dabei könnte es ganz einfach sein: Jede Ressource hat schließlich einen Kostensatz. Das gilt für den Freelancer genauso wie für die Geschäftsführung. In einer ordentlichen Kalkulation lassen sich Ressourcen einfach austauschen, um zunächst eine geplante Marge zu berechnen und mit dieser auch flexibel spielen zu können. Was passiert zum Beispiel, wenn der Freelancer benötigt wird? Kann die Agentur dann noch zehn Prozent Rabatt geben? Für eine belastbare Kalkulation ist es unerlässlich, alle verfügbaren Ressourcen zu sammeln und mit Kostensätzen zu versehen, die eigenen Mitarbeiter ebenso wie häufig angefragte Freelancer oder Preislisten der wichtigsten Dienstleister. Jeder Mitarbeiter hat einen festen internen Kostensatz. Optimal ist es natürlich, wenn in der Agentursoftware schon während der Kalkulation ersichtlich ist, ob die angenommene Ressource überhaupt für das Projekt verfügbar ist.
Unverzichtbare Transparenz
Eine verlässliche Margenbeurteilung kann der erste Schritt zu einem umfassenden Controlling sein. In etlichen Agenturen ist aber schon viel gewonnen, wenn sie überhaupt beginnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – und sei dies zu Beginn mit einer simplen Tabellenkalkulation. Nur: Während für eine Agentur mit vielleicht fünf oder sechs Mitarbeitern Controlling noch per Excel handhabbar sein mag, stößt es an klare Grenzen, wenn die Agentur auf vielleicht 20, 30 oder 40 Mitarbeiter wächst. Auf mittlere Sicht ist die Agentur mit einer entsprechenden Agentursoftware weit besser bedient. Hier werden dann alle erforderlichen Stundensätze und Kosten hinterlegt, sämtliche Ressourcen verwaltet, KVAs erstellt, geleistete Zeiten erfasst, Rechnungen generiert, Leistungsarten analysiert. Erst auf Basis einer einheitlichen und übergreifenden Softwareplattform sind alle controlling-relevanten Daten aus einem Guss. KPIs und der Status von Angeboten und Projekten sind dann auf Knopfdruck verfügbar. So entsteht die Transparenz, die die Verantwortlichen brauchen, um die Agentur sicher zu steuern – und die wirtschaftlich richtigen Entscheidungen zu treffen.
Lesen Sie auch den ersten Teil: Ohne Zahlen kein Gewinn – Teil 1: Die unverzichtbare Margenkalkulation
Über den Autor
Im Jahr 2012 gründete Tobias Hagenau gemeinsam mit Nils Czernig und Lucas Bauche die HQLabs GmbH in Hamburg. Seitdem verantwortet er in der Geschäftsführung von HQLabs den Bereich Marketing & Sales. Tobias Hagenau ist in der Schweiz und in Schweden aufgewachsen. Er studierte zunächst an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) „International Production Management“ und schloss seine Studien am NIT Northern Institute of Technology Management in Hamburg mit einem MBA ab. Darauf folgte eine erste Station in einer Unternehmensberatung im Mittelstand, bevor er von 2009 bis 2010 Geschäftsführer von Hanseatic Consulting wurde.