Apple hat das Internet, den Medienwandel und die mobile Revolution genutzt und sich in die digitale Pole-Position gebracht. An Apple führt heutzutage kein Weg vorbei, egal ob man PCs, Medien, Telefone oder andere digitale Produkte verkaufen will. Alle wollen von Apple lernen und fast alle sind im Wettbewerb mit der Firma aus Cupertino. Viele wissen es noch gar nicht.
Nun der Knall: Steve Jobs, Gehirn, Herz und Seele der Firma kündigt erst seinen Rücktritt an und stirbt kurze Zeit später an den Folgen seiner langen Krankheit. Was wurde nicht schon alles geschrieben, BEVOR es passierte. Apple werde an der Börse einbrechen, es werde nur noch bergab gehen. Wer soll den Laden denn nach Steve Jobs noch führen können? Das Organigramm der Firma war stark auf Jobs fokussiert.
Apple sei nichts ohne den genialen Gründer und tatkräftigen Visionär. Die Börse ist – das kann man schon mal sagen – nicht eingebrochen. Ganz im Gegenteil. Denn die Grundfrage ob Tim Cook, der Nachfolger von Steve Jobs als CEO, den Erfolg von Apple ausbauen kann, wird bei Analysten weltweit mit ,Ja’ beantwortet.
Es gibt Hoffnung. Denn Steve Jobs war kein CEO, sondern ein Unternehmer. Er hat sich immer um die Sache, den Inhalt gekümmert, nicht um sein Geld, sein Ansehen oder seine Karriere. Er hat in einer häufig zitierten Rede vor Stanford Absolventen deutlich gemacht, wie er gelebt und gearbeitet hat: er hat daran geglaubt, dass sich die Meilensteine seines Leben verbinden lassen („Connecting the dots”). Und weil er den Inhalt seiner Arbeit in das Zentrum gestellt hat, war er erfolgreich. Er hat die Produkte, die er entwickelt hat, geliebt, genau wie seine Firma Apple. Er war die berühmte One-Man-Fokusgruppe. Aber er war kein Manager. Er hat sich um alle Details kümmern wollen, zum Beispiel entschieden, welche Farbe die Inneneinrichtung des Apple Stores haben soll und viel Micromanagement betrieben. Gewiss hat er mit diesem Führungsstil auch manche guten Mitarbeiter vergrault und Google oder Facebook in die Arme getrieben.
Doch auch das wird er gewusst haben und hat daher Apple in den vergangenen Jahren mehr und mehr bewusst von sich unabhängig gemacht. Kollegen haben mit ihm gemeinsam präsentiert, wenn es um iPad, iPhone und andere Innovationen ging. Er hat eine Schar von Führungskräften aufgebaut, die sehr gut ohne ihn arbeiten können. Menschen, die es geschafft haben, mit ihm zu arbeiten und sich trotzdem zu behaupten.
Man kann nicht sagen, dass die Senior-Ebene von Apple eine Achterbahn sei, wie man es so oft von anderen Firmen hört, wo laufend neue Gesichter präsentiert werden. Steve Jobs hat auf Kontinuität gesetzt und die wichtigen Personen zu einem Teil der Marke gemacht. Allen voran Johny Ive, der Chefdesigner und geniale Macher von allem, was die Marke so reich und berühmt macht – den realen Geräten. Die Senior Vice Presidents von Apple sind fast alle schon lange dabei und auch im medialen (Keynote-)Bewusstsein. Dass ausgerechnet Tim Cook den Staffelstab erhält, zeigt auch: es ging Jobs um Kontinuität im Business. Cook war es, der die Wertschöpfung des einst so ineffizienten Konzerns auf die heutige schwindelerregende Perfektion trieb. Während Jobs das Business, technisches Verständnis und Design miteinander in einer Person vereinen konnte, sind seine Nachfolger Teamplayer und ergänzen sich: Cook ist der Business-Mann und steht folgerichtig an der Spitze. Johny Ive steht für das Design und die anderen für die verschiedenen Produktkategorien und Betriebssysteme. Apple wird ohne Steve Jobs wachsen, denn die Zeit des Unternehmers ist vorbei. Und anders, als vor fast dreißig Jahren geht Steve Jobs nicht im Groll, sondern scheidet durch sein Lebensende aus der Firma aus.
Für seine Anhänger ist es tragisch, aber für die Firma ist es die Zukunft. Nur mit einer modernen Führungsmannschaft, einer offeneren und der Zeit angemessenen Kultur wird Apple weiterhin die Massen mit neuen und innovativen Produkten überzeugen. Insofern hatte Steve Jobs wahrscheinlich trotz aller Trauer Recht mit seiner These, dass der Tod die beste Erfindung von allen ist, denn er ermögliche die Neuordnung und schafft Raum.
Über den Autor: Dirk Beckmann ist Gründer und Inhaber von Artundweise, einer der ersten Digitalagenturen Deutschlands. Dort leitet er auch die 2011 gegründete Markenberatung. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Beratung, Konzeption und Kreation von Digital-Media-Projekten für Branchen wie FMCGs, Versandhandel, Tourismus oder Verlage. 2011 erscheint auch sein Buch „Was würde Apple tun?” im Econ Verlag.