„Der Deutsche Werberat hat sich der Ansicht der Beschwerdeführer, wonach ein Produkt wie Nutella aufgrund seines Zuckeranteils per se einer gesunden und ausgewogenen Ernährung sowie einem gesunden, aktiven Lebensstil entgegensteht und somit jede Bewerbung eines solchen Produkts einen Verstoß gegen Ziffer 1.2 und 1.3 der Verhaltensregeln Lebensmittel darstellte, nicht angeschlossen“, heißt es in der ausführlichen Begründung des Deutschen Werberats, die MEEDIA vorliegt. Demnach können auch Lebensmittel mit einem hohen Zuckeranteil zu einer gesunden Ernährung gehören, solange die Menge stimmt. Entgegen der Kritik von Grünen-Politiker Künast und Ebner (asw berichtete) zeige die von Ferrero zur Fußball-Weltmeisterschaft in Russland initiierte Kampagne „keinerlei Konsumszenen, die einem aktiven Lebensstil und einer ausgewogenen Ernährung entgegenwirken könnten.“
Prüfer sehen keine zielgerichtete Kinderwerbung
Künast und Ebner hatten in Tweets von Mitte Juli eine „rote Karte“ für den italienischen Süßwarenhersteller gefordert und von „Kindermarketing“ sowie einem „groben Kinder-Foul“ gesprochen. Aus Sicht des Werberats handle es sich jedoch nicht um Werbung, die zielgerichtet an Kinder adressiert sei. In ihrer Begründung erläutern sie: „Es ist ein häufiges Missverständnis, mehr oder weniger selbstverständlich davon auszugehen, dass Werbung, die Kinder wahrnehmen können oder in der Kinder eingesetzt werden, quasi automatisch an Kinder gerichtet ist.“ Die Kampagne werde selbstverständlich von Kindern wahrgenommen, richte sich in erster Linie jedoch an Erwachsene. Dies komme dadurch zum Ausdruck, betonen die Prüfer, „dass die Werbung keine gesonderten kinderspezifischen Inhalte aufweist und auch auf die Verwendung kindertypischer Sprache oder Symbole verzichtet wird.“
Enorme Menge an Zucker
Gemäß der Verhaltensregeln über die kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel konnte laut Ziffer 2.3 bei der WM-Kampagne kein Vertrauensmissbrauch festgestellt werden. „Der in dem Spot auftretende Junge sowie die auf den ‚DFB Team-Cards‘ abgebildeten Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sind keine Vertrauenspersonen im Sinne der Vorschrift.“ Spieler der DFB-Mannschaft mögen zwar Idole sein, als Vertrauenspersonen könnten sie allerdings nicht betrachtet werden, heißt es in der Begründung.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte bereits Anfang Mai Kritik geäußert. Denn um mit den Sammelpunkten der Aktion „Lovebrands“ die beworbenen Prämien zu ergattern, hätten Kunden außergewöhnlich viele Ferrero-Produkte kaufen müssen. Hinzu kommt aus Sicht der Zentrale die enorme Menge an Zucker und Fett, insgesamt 85.000 Kilokalorien. Ihr Fazit: „Es handelt sich bei ‘Lovebrands’ um eine aufwendige Werbeaktion für einen nicht sinnvollen übermäßigen Kauf von Ferrero-Produkten – unter dem Motto der Fußball-Weltmeisterschaft.“
Der Werberat behandelt in seiner Begründung auch diesen Punkt und schlussfolgert: „Die lange Laufzeit der Möglichkeit zum Sammeln lässt keinerlei Anzeichen für eine Anregung zu einem übertriebenen Konsum erkennen.“ Außerdem seien die Produkte deutlich über das Kampagnenende haltbar. Ferrero hatte die Sammelpunkte-Aktion Ende Februar dieses Jahres gestartet, mit dem WM-Finale am 15. Juli endete sie. Auf Nachfrage des Werberats beim betroffenen Unternehmen habe dieses mitgeteilt, dass meist in Gemeinschaften gesammelt wird. Dies ginge aus unternehmensinternen Erhebungen hervor.
„So hätten zur Fußball-Europameisterschaft 2016 über 89 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zumindest zu zweit, 75 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sogar mit drei oder mehr Personen an der ‚LoveBrands‘-Sammelaktion von Ferrero teilgenommen.“ Demnach verteilen sich die Produkte auf sehr viel mehr Personen als die Anzahl der Prämien.