Im ersten Halbjahr waren weniger als 30 Prozent aller Frauen, die sich Neuwagen kauften, jünger als 45 Jahre. Im Jahre 2007 waren dies noch 44 Prozent. Der „Methusalem-Effekt“ bei den Neuwagenkäufern ist bei den Frauen besonders sichtbar. Schaut man sich die Daten weiter an, sieht man, dass nur noch 3,9 Prozent aller Neuwagenkäuferinnen im ersten Halbjahr 2015 jünger als 25 Jahre waren, aber 10,1 Prozent älter als 70 Jahre. Es sieht fast so aus, als wären Neuwagenkäuferinnen die Frauen, die beim Google-Video zum selbstfahrenden Auto gezeigt wurden: alte nette Damen, die Spaß haben am Roboter-Taxi. Die Autobauer schaffen es immer weniger, jüngere Frauen als Neuwagenkäuferinnen anzusprechen.
Weniger als 4 Prozent der weiblichen Neuwagenkäufer jünger als 25 Jahre
Die Gründe sind sicher vielfältig. Erstens, vermarkten die Autobauer ihre Neuwagen immer stärker als junge Gebrauchtwagen. Allein 30 Prozent aller Neuwagenzulassungen wurden im ersten Halbjahr 2015 als Eigenzulassungen, sprich von Händlern und Herstellern getätigt. Junge Käufer gehen immer stärker auf Tageszulassungen und junge Dienstwagen über und lassen „echte“ Neuwagen links liegen. Eigenzulassungen werden beim Verkauf mit hohen Rabatten angeboten. „Warum 20 Prozent mehr bezahlen, wenn das nicht nötig ist?“ – bei jüngeren Käufern mittlerweile die Mentalität.
Nur die älteren bleiben als „richtige“ Neuwagenkäufer
Zweitens, die Autobauer schaffen es in der Darstellung ihrer Neuwagen nicht, Interesse bei jüngeren Frauen zu wecken. Entweder baut man Rennmaschinen wie Ferrari, Lamborghini Maseratis oder konservative Jaguars, Bentleys oder eben dicke SUV. Alles drei ist nicht Frauensache. Hinzu kommt, dass in den Werbeauftritten der Autobauer eben weniger quirlig, chic und Eleganz steht, sondern es mehr um PS, dicke Räder, Racing und technische Daten geht. Die Autohersteller erwecken den Eindruck, als wäre man immer noch auf den Käufertyp „Reifenkicker“ aus und das animiert Frauen eben weniger.
Drittens, warum sollte eine Frau in irgendein Industriegebiet gehen und sich Neuwagen anschauen? Die Vertriebssysteme sind antiquiert und neue Vertriebs-Formate sind nicht wirklich zu finden. Das Autohaus liegt im Gewerbegebiet, Autos stehen dort in monotoner Reihe und Verkäufer warten mit dem Auftragsblock. Das wirkt wie zum Zahnarzt gehen.
Viertens, mittlerweile macht sich CarSharing breiter. Die Devise lautet: Frau fährt ein neues Auto zu niedrigen Kosten, ohne in die Werkstatt zu müssen und teure Parkplätze zu bezahlen. Insbesondere in den Großstädten führt das bei jungen Frauen weg vom Neuwagenkauf.
Marketing-Mix passt nicht zur Zielgruppe „Frau“
Die Männerwelt Auto hat es kaum geschafft, sich der wichtigen weiblichen Zielgruppe emotional und spannend darzustellen. Der gesamte Marketing-Mix scheint wenig auf die Zielgruppe „Frauen“ zu passen.
Die Marke Mini ist und bleibt der Star bei den Wunschautos der Frauen. Mehr als 51 Prozent aller Mini-Neuwagen werden auf Frauen erstzugelassen. Der Mini ist schick, quirlig, nicht zu protzig, nicht auf Größe getrimmt, sondern auf quirlige Eleganz. Das sieht man übrigens auch an ähnlichen Modellen, wie dem Audi A1, Opel Adam, dem Fiat 500, dem Citroen C1, Renault Twingo – die alle Frauenanteile von mehr als 50 Prozent haben. Interessant ist der Ausreißer Smart. Hier hätte man sich mehr erwartet. Ebenso wie etwa bei einem BMW i3. Also das ganz kleine Gefährt mit wenig Kofferraum als Zweisitzer oder das High Tech Elektroauto läßt Frauen kalt.
Wenig Fortschritt bei der „Frauenquote“
Autobauer sind bei der wichtigen Bevölkerungsgruppe „weibliche Autokäufer“ meist erfolglos. Obgleich Frauen die Mehrheit der Bevölkerung stellen und in den letzten 20 Jahren deutlich eigenständiger in der Gesellschaft geworden sind, treten die Automarken bei den Frauenanteilen auf der Stelle. Die Schere zwischen den jungen und älteren Autokäuferinnen öffnet sich weiter in Richtung ältere Autokäuferinnen. Bisher scheinen die Autobauer kein Konzept gefunden zu haben, um Frauen stärker als Käufer zu gewinnen. Die Ausnahme bleibt der Mini.