Not macht erfinderisch – Wie Hersteller auf Corona reagieren

Viele Firmen mussten wegen des Coronavirus ihre Produktion stoppen oder zumindest drosseln. Einige Produkte sind zurzeit kaum gefragt, andere boomen hingegen - so zum Beispiel Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel. Drei Branchen wollen sich das zunutze machen.
Desinfektionsmittel und Masken sind aktuell Mangelware. Doch immer mehr Hersteller steigen in die Produktion ein. (© Imago)

In Zeiten der Coronavirus-Krise haben Unternehmen mit Auftragseinbrüchen zu kämpfen. Was also tun mit den freien Kapazitäten? Einige Firmen stellen ihre Produktion auf Schutzausrüstung um, denn die wird momentan dringend gebraucht. Das kann auch ein Weg sein, um sich in der Krise über Wasser zu halten. Ein Überblick über einige Firmen, die diesen Weg beschritten haben:

Der Autozulieferer ZF in Friedrichshafen am Bodensee stellt seit Anfang März Atemschutzmasken in China her. Dazu habe das Unternehmen extra eine Maschine angeschafft, die täglich rund 100.000 Stück herstellt, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt. ZF ist auf die Masken für seine rund 14.000 Mitarbeiter in den etwa 40 Werken in China angewiesen. Das Tragen eines Mundschutzes bei der Arbeit ist dort nämlich seit Ausbruch des Erregers Sars-CoV-2 vorgeschrieben. Ohne einen ausreichenden Vorrat hätte die Produktion eingestellt werden müssen. Mit der produzierten Stückzahl soll es möglich sein, dass die Arbeiter ihre Masken spätestens alle vier Stunden wechseln.

Autobauer rüstet ganze Fabrik auf Schutzmasken um

Auch der bayerische Zulieferer Zettl Automotive produziert Atemschutzmasken, wenn auch im Auftrag der Landesregierung. Die Firma näht eigentlich Sitzbezüge. Für die Masken wird Zettl von dem Vlies-Hersteller Sandler mit Material für eine Million Schutzmasken beliefert, wie das bayerische Wirtschaftsministerium mitteilt. „Die fertigen Masken werden vom THW an Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen verteilt“, sagt eine Sprecherin.

Der italienische Autokonzern FCA plant eine seiner Fabriken zur Herstellung von Atemschutzmasken umzubauen. Fiat Chrysler Automobiles (FCA) will die Masken anschließend an medizinisches Personal spenden. Ziel sei es, mehr als eine Million Gesichtsmasken pro Monat zu produzieren. Nach Unternehmensangaben sollen die Schutzmasken in einem asiatischen Werk hergestellt werden.

Statt Socken und Accessoires werden Mundschutzmasken produziert

Der Hemdenhersteller Eterna aus dem niederbayerischen Passau und der schwäbische Bekleidungshersteller Trigema haben ihre Produktion zumindest teilweise auf Mund- und Nasenschutz-Masken umgestellt. Trigema lägen schon Aufträge für mehr als 200.000 Stück etwa von Kliniken, Pflegeheimen und Behörden vor. Um die Nachfrage befriedigen zu können, werde auch samstags gearbeitet. Mit der Produktion von Schutzausrüstung könne die Umstellung auf Kurzarbeit verhindert werden.

Der Berliner Brautmodenhersteller Bianco Evento kündigt ebenfalls an, in Zukunft Schutzkleidung und Mundschutzmasken verkaufen zu wollen. Die Produktion sei bereits komplett umgestellt. Pro Woche sollen rund 35.000 Masken und 5000 Kittel geliefert werden. „Bianco Evento möchte fortan alle Möglichkeiten der hauseignen Textil-Produktionsstätte nutzen, um Kliniken, Pflegeheime, Behörden und weitere medizinische Bereiche zu unterstützen“, heißt es.

Auch Start-ups wollen einen Beitrag leisten und gleichzeitig durch die Umstellung ihrer Produktion die eigene Existenz sichern. Das Mannheimer Nachwuchsmodelabel von Jungfeld und die deutsch-tschechische Holzmanufaktur Be Wooden sind zwei von vielen Beispielen: Beide haben kurzfristig eine Kooperationen gestartet und fertigen statt bunter Socken und nachhaltigen Accessoires aus Holz nun in Handarbeit wöchentlich 1000 Atemschutzmasken aus Baumwolle.

Spirituosenhersteller produzieren Desinfektionsmittel

Durch die Ausbreitung des Coronavirus werden auch Desinfektionsmittel knapp. Alkoholhersteller wollen deshalb aushelfen: Der Spirituosenhersteller Jägermeister aus Wolfenbüttel etwa stellt dem Klinikum Braunschweig 50.000 Liter Alkohol zu Herstellung des Mittels zur Verfügung, wie die Klinik mitteilt. Der Getränkeproduzent Berentzen prüft ebenfalls mögliche Lieferungen oder die Eigenproduktion.

Das Kölner Unternehmen Klosterfrau Healthcare (früher Klosterfrau Melissengeist) will 100.000 Liter Desinfektionsmittel an das Land Nordrhein-Westfalen spenden. Das sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in einer Sondersitzung des Landtags. Schon kommende Woche wolle das Unternehmen 150.000 von insgesamt 500.000 Flaschen Handdesinfektionsmittel bereitstellen.

dpa/tht