Von Nils Jacobsen
Das Wall Street Journal hat schlechte Nachrichten für Carl Icahn und Staranalyst Gene Munster: Aus dem längst mythisch verklärten Apple-Fernseher, der seit dem Debüt der ersten Set-Top-Box Apple TV vor neun Jahren sehnlichst erwartet wird, könnte am Ende nichts werden.
Wie das Murdoch-Blatt berichtet, hat Apple seine Fernsehpläne nach einer zehnjährigen Entwicklungsphase im vergangenen Jahr auf Eis gelegt, weil es kein Killerfeature für den Fernseher gefunden habe. Demnach habe Apple jahrelang an einer Integration von Videotelefonie gearbeitet, das Feature aber schließlich auf seinen anderen Geräten – dem iPhone, iPad und den Macs – in Form von FaceTime gelauncht.
Set-Top-Box Apple TV: Start als Hobby
Vorausgegangen waren jahrelange Spekulationen, die seit der Einführung der Set-Top-Box Apple TV kursierten. 2006 war es, als Apple-CEO Steve Jobs eine neue Produktkategorie enthüllte, die mit einem vermeintlich großen Versprechen an den Start ging: eine Set-Top-Box, mit der endlich zusammengebracht werden sollte, was im Grunde seit Jahrzehnten zusammengehörte – Computer und Fernseher.
Apple TV taufte der IT-Pionier seine Box, die aussah wie ein geschrumpfter Mac mini – für 499 Dollar wurde sie seinerzeit auf den Markt losgelassen. Es war für Apple ein ungewöhnliches Vorgehen: Keine Premiumpreise, dafür ein Experiment mit offenem Ausgang, weswegen Steve Jobs das Projekt als „Hobby“ klassifizierte.
Steve Jobs nährte Gerüchte, Tim Cook hielt sie am Leben
Dass das wohl intensivste Hobby der Welt am Ende doch in ein echtes TV-Gerät enden würde, befeuerte Apple-Gründer Steve Jobs posthum in der Biografie von Walter Isaacson. „Ich will einen integrierten Fernseher herstellen, der extrem einfach zu bedienen ist“, wurde Jobs zitiert.
„Er wird nahtlos mit allen anderen Apple-Geräten und mit iCloud synchronisiert. Er wird die einfachste Benutzerführung haben, die man sich denken kann. Ich habe es endlich herausgefunden“, diktierte Jobs Isaacson wenige Monate vor seinem Tod.
Jobs‘ Nachfolger Tim Cook hielt die TV-Gerüchte unterdessen immer weiter am Köcheln. „Wir haben ein großes Interesse am Fernsehmarkt“, betonte CEO Tim Cook immer wieder, ohne wirklich durchblicken zu lassen, worin dieses Interesse denn nun eigentlich besteht.
Tim Cook: „Fernsehen ist in den 70er Jahren stecken geblieben“
„Das Fernsehen ist in den 70er Jahren stecken geblieben“, wetterte Tim Cook etwa im vergangenen September im TV-Interview mit Charlie Rose. „Denken Sie mal an all die Dinge, die sich seitdem geändert haben, Fernsehen dagegen fühlt sich an, als würde man eine Zeitreise zurück antreten, die Benutzerführung ist grausam”, übte sich Cook im Trashtalk, den Steve Jobs auch so gerne praktizierte.
Analysten, allen voran Gene Munster von Piper Jaffray waren sich daher sicher, dass ein Fernsehgerät aus Cupertino unmittelbar bevorstünde – seit 2011 prognostizierte Munster ein „iTV“. Nach Jahren – 2012, 2013, 2014 – der verfrühten Prognosen sagte der vielzitierte Apple-Analyst wie gestern auch Carl Icahn nun den Launch eines Apple-Fernseher im nächsten Jahr (2016) vorher.
Doch auch ohne ein physisches Fernsehgerät könnte Apple weiter an seinen Plänen festhalten, die TV-Industrie maßgeblich zu revolutionieren – mit einer Weiterentwicklung der bisherigen Set-Top-Box, deren nächste Generation unmittelbar bevorzustehen scheint.
So wird erwartet, dass Apple auf seiner Entwicklerkonferenz WWDC in zwei Wochen einen Ausblick auf die vierte Generation von Apple TV gibt, bei der die Angebote der großen US-Fernsehgesellschaften ABC, CBS und Fox in einem TV-Bündel integriert sind. HBO hatte seine Standalone-App bereits im April auf Apples Set-Top-Box gelauncht. Die Einladung zur WWDC deutet die nächste Generation von Apple TV in Form eines abgerundeten Quadrats in der Mitte als „Epizentrum der Veränderung“ bereits an.
Apple just dropped a big clue about a major new product coming in June http://t.co/zTu4Eglx2e pic.twitter.com/KZgkqzfgQq
— Business Insider (@businessinsider) April 16, 2015