Nivea Protect & Shave: Brillante Strategie, falscher Markenname

Bisher konnte Gillette jeden Angriff auf das eigene Kerngeschäft erfolgreich abwehren. So war und ist man auf der einen Seite selbst der Innovationsführer, der mit immer mehr Klingen den Markt dominiert. Auf der anderen Seite reagiert man aber auch hart, wenn ein Wettbewerber Innovationsführer werden will. So konterte man sofort mit dem Gillette Fusion und 5 Klingen auf die 4-Klingen-Attacke von Wilkinson Sword mit dem Quattro.
Nivea bringt eine neue Nassrasurserie auf den Markt und will damit Gillette den Rang ablaufen (© dpa 2015)

So ist Gillette heute bei Männern und auch bei Frauen die Nr. 1 in der Nassrasur. Nun aber macht Nivea in Österreich genau das, was ein erfolgreicher Herausforderer tun sollte. Man verengt den Fokus nur auf Frauen. So ist Gillette als Marke sicher eher männlich als weiblich aufgeladen.

Aktuell startet so Nivea in Österreich (Testmarkt für die Welt?) mit der neuen Linie „Nivea Protect & Shave“ und dem Thema „Aus Rasur wird Pflegerasur“ einen Großangriff auf das weibliche Gillette-Klientel. Die Produktlinie umfasst zurzeit einen „5 Klingen-360 Grad“-Schwinggelenkrasierer, ein Rasiergel, eine Bodylotion und eine „Dusche und Rasur“-Lösung.

Vergebene Markenchance

Strategisch gesehen ist dies eine brillante Idee, Gillette so an der weiblichen Front anzugreifen. Nur die Namensgebung ist alles andere als optimal. Man hätte dieser Linie einen Zweitnamen geben sollen, der sich im Falle des Falles auch als eigenständiger Markenname hätte nutzen lassen können.

So aber wird „Protect & Shave“ immer nur eine Linie aus dem Hause Nivea sein. Das wäre so, als ob Steve Jobs das iPhone als Apple Smartphone auf den Markt gebracht hätte. Nivea vergibt so die Chance, das Wort „Frauen“ im Nassrasursegment nachhaltig mit einer eigenen Marke zu besetzen.

Eigenständiger Produktname

Das heißt: Im ersten Schritt hätte Nivea für diese neue Nassrasurserie einen eigenständigen Produktnamen a la iPod, iPhone oder iPad entwickeln sollen. Im zweiten Schritt hätte man dann entscheiden können, ob man diesen Zweitnamen nur als Produktliniennamen fortführt oder aber, ob man aus diesem Zweitnamen im Falle des vollen Erfolges eine echte Produktmarke hätte werden lassen können. Dies machte etwa Sony bei der PlayStation, die heute eine starke eigenständige Marke ist. Nur mit einem Namen wie „Protect & Shave“ nimmt man sich im Vorhinein diese zweite strategische Möglichkeit.

Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionierung in Rohrbach, OÖ, Associate of Ries & Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“. Sein Blog: www.brandtneronbranding.com