Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Facebook, hat mit seiner Ankündigung für mächtig Wirbel in der Medienbranche gesorgt. In einem Facebook-Posting vom 12. Januar teilte der 33-Jährige mit, dass der News-Feed-Algorithmus künftig Beiträge von Freunden und Familie gegenüber Medien-Inhalten bevorzugen wird. Er stellte darin klar, dass das soziale Netzwerk mit der Idee gestartet ist, viele Nutzer miteinander zu vernetzen. In der Vergangenheit jedoch seien Beiträge von Medien, Marken und Unternehmen im News-Feed immer präsenter geworden und hätten persönliche Momente der Nutzer verdrängt. Facebook möchte fortan die Inhalte von diesem Trio herunterstufen und weniger häufig ausspielen.
Der Ansatz hinter dem Strategiewechsel ist so simpel wie folgenschwer: Das größte Soziale Netzwerk möchte vorhersagen, mit welchen Beiträgen Nutzer wahrscheinlich am meisten interagieren werden. Es handelt sich also um Posts, die diskutiert und geteilt werden und auf die Nutzer stark reagieren. Das US-Unternehmen spricht dabei von „bedeutungsvollen Interaktionen“, die bevorzugt und damit im News-Feed weiter oben angezeigt werden. Passiv konsumierte Artikel und Videos werden der Logik zufolge dem Nutzer fortan weniger häufig angezeigt.
Branchenexperten erkennen große Chancen für Influencer
Professionelle Verlage, Medien und Unternehmen sehen nun ihre Social-Media-Strategie in Gefahr. Sie befürchten stark sinkende Reichweiten und damit wegfallende Einnahmen. Wer künftig weit oben im News-Feed angezeigt werden will, muss entweder viel Geld in die Hand nehmen und sich die Reichweite kaufen. Oder womöglich einen radikalen Kurswechsel einschlagen und die Inhalte auf anderen Plattformen distribuieren. Adam Mosseri, Head of News-Feed bei Facebook , hat die Änderungen in einem Interview mit dem Magazin Wired und in einem Blog-Post auf Facebook Deutschland erklärt. „Durch diese Updates könnten Reichweite, Video Watch Time und Referral Traffic von Seiten verringert werden.“ Er betont, dass die Auswirkungen von Seite zu Seite unterschiedlich ausfallen würden – „abhängig von Faktoren wie Art der produzierten Inhalte und Interaktion der Menschen mit diesen Inhalten auf Facebook“. Nach knapp einer Woche ist der Einfluss der Änderungen (noch) völlig unauffällig. Dies zeigt eine Auswertung von MEEDIA basierend auf Daten von tausenden Seiten weltweit. Als Zeichen der Entwarnung darf dies nicht interpretiert werden. Bei Verlagen, Medienhäusern und anderen professionellen Nachrichtenanbietern bleibt die Sorge vor negativen Folgen präsent.
Im Vergleich dazu sieht eine andere Branche großes Potenzial in Zuckerbergs Maßnahme. „Dieser Schritt ist eines der sinnvollsten Signale von Zuckerbergs Team seit langer Zeit, um nachhaltig den Wert von Facebook zu erhalten“, sagt Sascha Schulz, Mitbegründer der Influencer Marketing Academy (IMA) in Berlin, gegenüber MEEDIA. Er lobt die Änderungen, denn die meisten Nutzer sähen in dem sozialen Netzwerk einen privaten Interaktionsraum und nicht eine „Berieselungsplattform für zum Teil sinnfreie und selbstliebende Verkaufsbotschaften“. Schulz denkt, dass durch den geschärften Fokus auf Familie und Freunde die Nutzer wieder mittelfristig offen sind für neue Anbieter. Und damit für populäre Meinungsmacher, wie eben die sogenannten Influencer.
„Für viele Unternehmen mag die Ankündigung zunächst verstörend und beunruhigend klingen“, sagt Schulz. „Sie schließt aber nicht aus, dass Firmen gar nicht mehr zu ihrer Zielgruppe durchdringen können.“ Dafür müssten gute Inhalte erzeugt werden, die für den Nutzer authentisch wirken, einen Mehrwert haben und zudem unterhaltend sind, meint Schulz. Die sorgen dann wiederum für „bedeutungsvolle Interaktionen“ und gemäß dem Facebook-Algorithmus für eine bevorzugte Einordnung im News-Feed. Nur so schaffen es Unternehmen und Marken den Sanktionen des Facebook-Algorithmus‘ zu entgehen, der künftig sogenannte Click-Baiting-Beiträge strenger herunterstufen soll.
Für ihn bedeutet das jedoch zwangsläufig, dass sich Unternehmen vom „oberflächlichen Präsentieren von Life-Style-Bildwelten mit Sales-Links im Text verabschieden sollten“. Konkret: Nutzer müssen über die Markenbekanntheit und deren Attribute an den jeweiligen Facebook-Auftritt gebunden werden. Dies würde dazu führen, dass Firmenseiten ihren Traffic vermehrt über Facebook Ads erhalten oder dass potenzielle Kunden mittelfristig direkt auf die Unternehmensseiten stoßen. Kostenlos werden sich solche positiven Effekte jedoch nicht einstellen. Um jene Ziele zu erreichen, müssen Firmen mehr Budget für Anzeigenformate und die gezielte Ansprache mit Facebook Ads aufwenden.
Parallelen zum Fotodienst Instagram
Der von Facebook nun implementierte Algorithmus ist für Influencer indes nicht ganz neu. Nach einer vergleichbaren Logik funktioniert bereits Instagram, das ja zum Unternehmen von Zuckerberg gehört – und die hat sich dort seit Jahren bewährt. Daher glaubt Sascha Schulz, dass professionelle Meinungsmacher von der News-Feed-Änderung profitieren können, wenn sie sich von „banalen Produktpräsentationen“ abwenden. Er schätzt, dass diese den Werbeanteil auf ihren Kanälen strikt limitieren müssen und die gewonnenen Erlöse für involvierende Inhalte nutzen sollten, damit Nutzer mit diesen Beiträgen interagieren. „Dann können sie von Facebook-Nutzern ebenso geschätzt werden wie Freunde und Bekannte“, schlussfolgert er. „Vielleicht sind es ja sogar gerade Freunde und Bekannte, die sie überhaupt zu Influencern machen.“
Unternehmen auf der anderen Seite könnten aus langfristigen Partnerschaften mit digitalen Meinungsmachern Vorteile ziehen. IMA-Mitgründer Schulz rät:„Unternehmen sollten deutlich mehr als bislang für Reichweite über Influencer zahlen.“ In der Zusammenarbeit zwischen Meinungsmachern und Firmen sieht er viel Potenzial und sagt: „Influencer müssen gezielter selektiert werden.“ Dass sich Unternehmen ein professionelles Influencerteam aufbauen, um diese an die Marke zu binden, kann ein wichtiger Schritt zu mehr Präsenz im News-Feed sein. Schulz fügt an:„Bei der Auswahl dürfen sich Unternehmen nicht nur an den ‚Stars‘ orientieren, sondern gerade auch Micro-Influencer sowie welche mit lokaler und regionaler Bedeutung einbinden.“