Von Gastautor Christian Haimerl
Hier wie dort arbeiten in der Mehrzahl Menschen, die alleine schon beim Gedanken an Verkaufen Schweißausbrüche bekommen. Wie aber können Menschen verkaufen, die eigentlich gar nicht verkaufen wollen und trotzdem müssen? Indem sie dort aktiv werden, wo sich Verkaufen nicht wie Verkaufen anfühlt, wo aber dennoch zuverlässig Aufträge akquiriert werden können: aus dem eigenen Umfeld und aus Empfehlungen. Beides lässt sich systematisch fördern. Beides wird in den meisten Agenturen und Unternehmen fundamental unterschätzt und entsprechend stark vernachlässigt.
1. Geschäft aus Friends&Family
Das ist der Pool, aus dem am einfachsten Neugeschäft generiert werden kann, weil die Kaufhürde am geringsten ist. Man kennt sich und vertraut sich. Beste Voraussetzung für gute Geschäfte.
Aber wissen Ihre engen und engsten Kontakte eigentlich, was Sie genau tun und vor allem – was es bringt? Meistens nicht und wenn, dann viel zu ungenau. Legen Sie sich eine Beschreibung zurecht, die in maximal drei Sätzen klar macht, welchen Nutzen Sie bieten. Achtung: Wichtig ist nicht, was Sie machen und auch nicht wie. Wichtig ist nur, was es bringt. Das unterscheidet Sie im Wettbewerb und sorgt dafür, dass Ihr engster Bekanntenkreis endlich versteht, wozu Ihre Arbeit eigentlich gut ist.
Ich spreche hier nicht von einem „Elevator Pitch“ – der führt nur zu kreativen Ergüssen, die aufgesetzt wirken. Ich spreche davon, dass Ihr „Friends&Family“-Umfeld den Nutzen Ihrer Arbeit endlich versteht und an Sie denkt, wenn von Ihrem Thema die Rede ist. Oft werde ich bei Kundenterminen gefragt: „Kennen Sie jemanden, der Suchmaschinenmarketing richtig gut beherrscht?“ Nein, kenne ich nicht. Ich kenne nur zwei oder drei Agenturen, die „irgendwas mit Internet“ machen. Mehr habe ich bei unserer letzten Begegnung nicht verstanden. Ich habe vorsichtshalber nicht nachgefragt, um nicht weiter gelangweilt zu werden. Vermutlich können diese Agenturen dafür sorgen, dass ihre Kunden bei Google auf Seite eins ganz oben erscheinen und bleiben. Das hätte ich verstanden. Leider war davon aber keine Rede. Es ging stattdessen um Buzzwords, SEO und ähnliches Werbergeschwurbel.
Wenn Ihnen eine klare Nutzenaussage schwer fällt, stellen Sie sich selbst die Frage: „Was ist hinterher anders?“ Sprich: Wenn der Kunde mit Ihnen gearbeitet hat, was hat sich dann konkret für ihn verbessert? Die Antwort in maximal drei Sätzen auswendig gelernt und konsequent immer gleich erzählt, bringt automatisch mehr Geschäft. Das gilt auch für Ihr Xing- oder Linked-In-Profil: Meist liest man dort unter „Ich biete“ so etwas wie „Suchmaschinenoptimierung“, „Training nach der XY-Methode“, „Marketing-Know-how“, etc. Reine Methodenorientierung, die keinen Kunden im Erstkontakt interessiert. Schlimmer noch: Wie soll so jemand in der Lage sein, mein Unternehmen nach vorn zu bringen, wenn er oder sie doch nicht ´mal selbst weiß, wie man den eigenen Nutzen darstellt?
Die Zauberformel an dieser Stelle lautet: von der Methodenorientierung zur Nutzenorientierung! Kurz und bündig dargestellt, verstehen sowohl Gesprächspartner wie auch Profilbesucher sofort, was es bringt, mit Ihnen zu arbeiten. Das spricht sich rum und führt zu Nachfragen. Der erste Schritt zu Neugeschäft aus Friends&Family ist damit getan.
Ganz, ohne aktiv verkauft zu haben.
2. Empfehlungsbereitschaft aktivieren
Wenn ich Agenturen oder Freiberufler frage, wie sie an neue Kunden kommen, höre ich gebetsmühlenartig: „Durch Empfehlungen.“ Wenn ich dann weiter frage, wie diese Empfehlungen entstehen, kommt meist ein erstaunter Blick mit einem gedachten `was für eine dumme Frage´ und als Antwort: „Na durch gute Arbeit natürlich!“ Das ist nicht das, was ich meine. Gute Arbeit kann jeder. Die Kunst liegt darin, aus guter Arbeit systematisch Empfehlungen zu generieren. Glauben Sie mir: Menschen helfen gern. Erst recht, wenn sie mit Ihrer Arbeit zufrieden sind. In einer guten Kundenbeziehung fehlt meist nur ein kleiner Anstoß für eine persönliche Empfehlung, das ist alles. Vier einfache Fragen an Ihre Kunden führen dazu, dass Ihr Empfehlungsgeschäft zu systematischem Geschäft wird. Stellen Sie diese Fragen etwa ein Drittel vor Ablauf eines laufenden Projektes. Bei einer bestehenden Kundenbeziehung gern in einem Feedbackgespräch oder bei einem ungezwungenen Mittagessen.
Frage 1: „Sind Sie mit unserer Arbeit zufrieden?“
An dieser Stelle sollte ein deutliches „Ja“ kommen, sonst haben Sie erst einmal kein Vertriebsproblem, sondern ein Qualitätsproblem.
Frage 2: „Kennen Sie jemanden, der gerade vor einer ähnlichen Herausforderung steht?“
Glauben Sie mir: Jeder kennt mindestens einen. Wenn hier ein „Nein“ kommt, sollten Sie noch einmal einen kritischen Blick auf das Projekt werfen.
Frage 3: „Was meinen Sie – sollten wir mit dieser Person ´mal sprechen?“
Hier kann schon ´mal ein „Nein“ oder ein „ist mir eigentlich nicht so recht…“ kommen. Aber das ist selten. Meist kommt auch hier ein „Ja“. Und nun machen Sie den Sack zu:
Frage 4: „Dürfen wir Sie als Referenz nennen?“
Ein „Ja“ an dieser Stelle ist die glatte Eins. Die Eins mit Stern lautet: „Ich sage ihm/ ihr, dass Sie sich bei ihm/ ihr melden.“ Nun könnte man auf die Idee kommen, bestehende Projekte auf Empfehlungsbereitschaft hin zu durchleuchten und danach die Kunden bei nächster Gelegenheit systematisch nach oben genanntem Muster anzusprechen. Aber Vorsicht: Machen Sie das bitte nur, wenn Sie deutlich mehr Arbeit haben möchten…