Von Gastautor Christian Haimerl
Wenn ich Ihnen sage, dass Sie 10.000 Euro in Anzeigenwerbung stecken sollen, würden Sie ziemlich genau überlegen, wer durch Ihre Anzeigen erreicht werden soll. Sie würden Berechnungen zu Reichweite und Streuverlusten anstellen. Außerdem würden Sie sehr genau darauf achten, welche Bilder und Botschaften die Kampagne transportiert, damit sie auf Ihre Kommunikationsstrategie einzahlt.
Bei Networking ist das anders. Man geht halt ´mal auf den ein oder anderen Event und schaut, was sich so ergibt. Der Unterschied? Das eine kostet Geld, das andere „nur“ Zeit. Wenn wir nur Zeit investieren müssen, neigen wir dazu, sehr großzügig zu werden. Dabei haben Menschen, die beruflich erfolgreich sind, deutlich weniger Zeit als Geld.
Networking ist ein Zeitfresser. Jedes Networking-Event kostet inklusive An- und Abfahrt mindestens drei Stunden. Also einen halben Tagessatz plus Spesen. Macht pro Event gut und gern 1.000 Euro; bei zehn Events pro Jahr entspricht dies oben beschriebener Anzeigenkampagne. Mehr als drei gute, zielführende Gespräche sind an einem Abend sind kaum zu schaffen. Da kommen schnell Kosten von 300,- Euro pro Gespräch zusammen. Führt man sich diese Zahlen vor Augen, wird klar: Networking ist ein extrem teures Akquiseinstrument.
Aus der Erfahrung mit meinen Coaching-Kunden ergeben sich sieben zentrale Tipps:
1. Gehen Sie nur hin, wenn Sie das Thema spannend finden
Wer nur auf Visitenkarten spekuliert, wird immer enttäuscht werden. Eine gute, lohnende Zeit sind Networking-Veranstaltungen nur dann, wenn Ihnen das Hauptthema Spaß macht oder inhaltlich etwas bringt. Am besten beides. In diesem Fall kommen Sie besser ins Gespräch, diskutieren fundierter mit und bleiben besser in Erinnerung. Finden Sie das Hauptthema nicht spannend, bleiben Sie einfach zu Hause.
2. Kommen Sie satt
Die besten Gespräche finden beim Essen statt. Meist gibt es Fingerfood oder ein Buffet, gegessen wird häufig an Stehtischen. Gehen Sie satt zum Event und essen Sie nur Kleinigkeiten, die Sie nicht lange kauen müssen. Während alle anderen um Sie herum den Mund voll haben, sind Sie „auf Sendung“ und führen das Gespräch.
3. Erzählen Sie nicht, was Sie tun, sondern was es bringt
Überlegen Sie sich im Vorfeld, welche Zielgruppe Sie auf dem Event voraussichtlich treffen werden und welchen Nutzen Sie diesen Menschen bieten können. Die entscheidende Frage ist nicht, was Sie tun, sondern was es bringt. Sprechen Sie nicht in Worthülsen wie „Strategie“ oder „Digitalisierung“. Nennen Sie konkreten Nutzen: mehr Kunden, mehr Umsatz, mehr Rendite, geringere Kosten, höhere Mitarbeiterzufriedenheit, mehr Reichweite etc.
4. Flüchten Sie rechtzeitig
Die Anwalts- und Beraterdichte auf Networking-Events ist extrem hoch. Wenn Sie an einen Anwalt, einen Berater oder einen Banker geraten, dann denken Sie daran: Jedes Gespräch kostet Sie etwa 300 Euro. Fragen Sie sich bei jedem Gespräch: Ist es das wert? Wenn ja, bleiben Sie. Wenn nein, entschuldigen Sie sich, holen sich eine Kleinigkeit vom Buffet und starten einen neuen Anlauf an einem anderen Tisch.
5. Was sollten Sie erwarten?
Kurzfristig gar nichts. Networking-Events dienen zunächst lediglich dazu, das eigene Netzwerk zu vergrößern. Bei etwa zehn gezielt ausgewählten Networking-Events pro Jahr gewinnen Sie auf diesem Weg jedes Jahr 20 bis 30 neue Kontakte. Die eigentliche Arbeit beginnt erst danach.
6. Was kommt danach?
Networking ist eine systematische Investition. Nur wenn Sie selbst regelmäßig Empfehlungen für Personen aus Ihrem Netzwerk aussprechen, werden Sie auch regelmäßig empfohlen. Empfehlen Sie stets nach der Frage: „Kann ich mir selbst vorstellen, mit dieser Person zu arbeiten?“ Wenn Sie dies regelmäßig tun, können Sie mit einem Ansteigen Ihres eigenen Geschäftes aus Netzwerk-Empfehlungen innerhalb von 24 Monaten rechnen. Erst danach zahlt sich Ihre Vorleistung aus. Dann aber richtig.
7.Empfehlungen aktivieren
Nutzen Sie Ihr Netzwerk aktiv! Gehen Sie Ihre Kontakte regelmäßig Person für Person durch. Am besten einmal im Monat. Gratulieren Sie zu neuen Entwicklungen. Laden Sie „Key-Player“ zum Essen ein. Aber vor allem: Checken Sie, wer wen kennt. Also wer mit potenziellen Kunden von Ihnen vernetzt ist. Fragen Sie Ihren Kontakt, welche Erfahrungen er oder sie mit dieser Person hat. Fragen Sie gern auch nach einem Tipp, wie und zu welchem Thema man mit dieser Person in Kontakt kommen könnte. Im besten Fall erhalten Sie eine persönliche Empfehlung durch Ihren Kontakt. Ein Termin und ein positiver Gesprächsauftakt sind dann so gut wie sicher.
Tipp: Die richtigen Hobbies
Meist bringen die richtigen Freizeitaktivitäten deutlich mehr Geschäft als klassische Networking-Events: interessanter Weise ist die Empfehlungsbereitschaft im privaten Bekanntenkreis am höchsten. Und zwar ausgerechnet dort, wo man nur so ungefähr weiß, was der- oder diejenige eigentlich genau macht. Ohne die fachliche Qualität beurteilen zu können, empfehlen wir bereitwillig Menschen, die uns sympathisch sind. Die Empfehlung lautet dann meist: „Ich glaube, das könnte passen. Setzt Euch doch einfach ´mal zusammen und redet miteinander…“ Genau das macht man dann. Und genau so entstehen dann oft auch gute Geschäfte. Es geht also darum, den eigenen Bekanntenkreis gezielt auszubauen. Und dafür zu sorgen, dass dieser Bekanntenkreis dann auch weiß, was man macht und was es bringt.
Die richtigen Hobbies bringen langfristig nicht nur mehr Geschäft, sondern auch deutlich mehr Lebensqualität, da die Geschäftsanbahnung auf der Skipiste, auf dem Golfplatz oder bei einer Ausfahrt mit dem Porscheclub meist deutlich mehr Spaß macht als die monatliche Vortragsveranstaltung des örtlichen Businessclubs.