Neues Jahr, neue Rahmenbedingungen

Nach einem von technischen Innovationen geprägtem Jahr 2024 steht für das daten- und technologiegetriebene Marketing nun ein Jahr mit politischen Veränderungen ins Haus.
Der künftige US-Präsident Donald Trump hält wenig von staatlicher Regulierung. Das dürfte die Big-Tech-Konzerne in seinem Land freuen.
Der künftige US-Präsident Donald Trump hält wenig von staatlicher Regulierung. Das dürfte die Big-Tech-Konzerne in seinem Land freuen. (© Imago / Brian Cahn)

Ein gesundes neues Jahr, liebe Tech-Tuesday-Leserinnen und -Leser! Ich hoffe, Sie hatten einen guten Start – in ein Jahr, das marketingtechnisch sehr interessant werden dürfte. Die vergangenen zwölf Monate waren von weitreichenden Veränderungen in der Branche geprägt: vom widerrufenen Third-Party-Cookie-Aus über das Inkrafttreten des Digital Service Act bis hin zum Aufstieg der KI-Antwortmaschinen und der damit ausgelösten Search-Revolution.

In diesem Jahr dürfte es aus technischer Sicht zwar etwas ruhiger zugehen, aber die Rahmenbedingungen werden sich ändern. Mit der Bundestagswahl und dem Amtsantritt des designierten US-Präsidenten Donald Trump stehen politische Veränderungen ins Haus, die sich nicht nur auf die Gesellschaft, sondern auch auf die Technologiebranche, die Regulierungsbemühungen und den Datenschutz auswirken könnten. Insbesondere dürfte das Pendel für den technologischen Fortschritt weiter in Richtung USA ausschlagen. 

Trump will deregulieren 

Der künftige US-Präsident Trump ist bekanntlich kein Freund staatlicher Regulierungen. Einige Marktbeobachter*innen gehen daher sogar davon aus, dass er die unter Joe Biden erlassene Regulierung Künstlicher Intelligenz in den USA zurücknehmen könnte. Unabhängig von den negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft würde das die Entwicklung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz in den USA beschleunigen und den technologischen Vorsprung auf Europa vergrößern. Amazon, Apple, Adobe, Alphabet, Meta: Schon heute stellen die Big-Tech-Konzerne Milliardensummen für ihre Forschungsabteilungen bereit, um KI weiterzuentwickeln und monetarisierbare Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen, während die europäische KI-Szene zwar innovativ, aber chronisch unterfinanziert ist. 

Und während in den USA KI-Antwortplattformen wie Perplexity beginnen, ihre Services mit Werbung zu finanzieren, hat Europa weder eine nennenswerte Suchmaschine noch eine relevante KI-Antwortplattform. Nicht einmal eine europäische Social-Media-Plattform konnte sich etablieren. Trump hat mit True Social sogar eine eigene. Darüber hinaus könnte Trumps Vorliebe für eine protektionistische Handelspolitik die Lieferketten von global vernetzten Tech-Unternehmen beeinflussen und US-amerikanische Technologien weiter stärken. 

Deutschland reguliert  

Inwieweit hierzulande eine neue Bundesregierung digitale Marketing-Technologien voranbringen kann, bleibt abzuwarten. Zumindest in Sachen Regulierung dürfte es weitergehen: Kurz vor Weihnachten billigte der Bundesrat eine Verordnung, welche die Anzahl der Cookies in Deutschland reduzieren soll. Kern dieser Verordnung: Es werden neue, sogenannte „anerkannte Dienste zur Einwilligungsverwaltung“ als Alternative geschaffen, wodurch die Zahl der Einwilligungsbanner langfristig sinken soll. Diese anerkannten Dienste sollen die vom Endnutzer getroffene Einwilligungs-Entscheidung verwalten und diese auf Nachfrage dem Anbieter von digitalen Diensten übermitteln. Erhalten die Dienste die Einwilligung oder deren Verweigerung auf diese Weise, sind sie nicht mehr auf eine eigene Nachfrage beim Endnutzer angewiesen. Sorry lieber Bundesrat, für mich klingt das nicht nach Vereinfachung, sondern nach Verschlimmbesserung. 

Der Digitalverband Bitkom sieht es freilich differenzierter: „Für die Digitalwirtschaft könnte die Einführung dieser Verordnung zusätzlichen Aufwand bedeuten, insbesondere für die Anerkennung und Integration dieser Dienste“, kommentierte der Bitkom den vom Bundesrat durchgewinkten Vorschlag. Nicht zuletzt berge es für Telemedienanbieter durch die Einschaltung eines sogenannten Intermediärs erhebliche rechtliche Risiken, da sie auf die zuverlässige Mitwirkung des anerkannten Dienstes angewiesen sind, um ihre Pflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu erfüllen. Sobald die Verordnung verkündet ist, tritt sie am ersten Tag des darauffolgenden Quartals in Kraft.  

Schon gehört? 

Marketingexpert*innen von Skyline Social haben mit mehr als 300 Suchkombinationen im Google Keyword Planner 80 Marketing-Tools untersucht, um herauszufinden, wie hoch das jeweilige Suchvolumen der vergangenen zwölf Monate war. Aus dem Ergebnis haben sie ein Ranking abgeleitet: Das am häufigsten gesuchte und somit beliebteste digitale Marketing-Tool war demnach YouTube. Auf Platz zwei landete Square, eine Lösung für POS-Verkäufe und E-Commerce. Den dritten Rang belegt ChatGPT. Auf den weiteren Plätzen: Canva, Adobe Photoshop, Semrush, Zoom, Shopify und Hubspot. 

Übrigens: Eigentlich wollte es die ChatGPT-Mutterfirma OpenAI Urhebern ermöglichen, ihre urheberrechtlich geschützten Texte, Bilder, Audios und Videos leichter aus den KI-Trainingsdaten zu entfernen. Dazu sollte ein Media-Manager-Tool bereitgestellt werden, das diese Inhalte identifiziert. Wie TechCrunch berichtet, ist das Tool, das erstmals im Mai 2024 angekündigt wurde, noch immer nicht verfügbar. Insidern zufolge genießt die Entwicklung dieser Funktion bei OpenAI intern auch keine Priorität. Sollte man hier vielleicht stärker regulieren? 

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.