Derzeit erhalten viele Influencer Nachrichten, in denen sie aufgefordert werden, binnen zwei Wochen einen Betrag in Höhe von 413 Euro an eine Kanzlei aus Wiesbaden zu überweisen. Der Grund: Sie führen kein Impressum. Der Name der Kanzlei ist nicht bekannt, da die Instagrammer den Kanzleinamen in den Storys schwärzen. Die Anfrage an Influencerin Vanessa Blumenthal um welche Kanzlei es sich handelt, blieb bislang unbeantwortet. Dennoch steht die Frage im Raum: Sind solche Abmahnungen grundsätzlich gerechtfertigt? Müssen Influencer tatsächlich ein Impressum führen?
Impressum ist Pflicht
„In Bezug auf Instagram gibt es dazu noch keine Entscheidung“, erläutert Hans-Christian Gräfe, Volljurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum. Allerdings habe es in den vergangenen Jahren bereits Entscheidungen und breite Diskussionen darüber gegeben, ob generell auf Social Media-Profilen ein Impressum vorgehalten werden muss. „Und die Kurzantwort lautet: Ja, wenn es denn – genau wie normale Webseiten – kommerzielle Kanäle sind“, stellt Gräfe fest und verweist auf die Impressumspflicht, die ihre Grundlage in Paragraf 5 des Telemediengesetzes findet. Danach müssen Dienstanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien bestimmte Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang aber nicht, ob ein Nutzer bezahlen muss, um eine Webseite zu nutzen. „Auch kostenlose Webseiten sind geschäftsmäßig, wenn damit eine auf Dauer angelegte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht repräsentiert wird“, sagt Gräfe. Dabei ist es laut OLG Düsseldorf ebenfalls egal, ob es sich um eine normale Webseite oder einen Social Media-Kanal handelt. So heißt es in dem Urteil von August 2013: „Auch Nutzer von Social Media wie Facebook-Accounts müssen eine eigene Anbieterkennzeichnung vorhalten, wenn diese Accounts zu Marketingzwecken benutzt werden und nicht rein private Nutzung vorliegt.“
„Zur Veranschaulichung: der Instagram Account eines privaten Kegelvereins mit 200 Followern aus dem Freundes- und Bekanntenkreis ist von der Impressumspflicht ausgenommen“, erklärt Gräfe. Daraus ergibt sich jedoch die alles entscheidende Frage danach, was bei Influencern denn eigentlich private und was geschäftsmäßige Nutzung ist? Bei der Annahme eines privaten Accounts gelte derzeit äußerste Vorsicht. „Gerade im Bereich der Social Influencer gehen die ersten Gerichte – meiner Meinung nach auch vollkommen zurecht – davon aus, dass die Kanäle der Influencer schon dann als insgesamt kommerziell anzusehen sind, wenn sie der Eigenwerbung der Influencer dienen, eine große Followerzahl aufweisen und zumindest mit einigen der Postings bereits Geld verdient wurde.“ Sind die Instagram-Kanäle also geschäftsmäßig, dann gilt die Impressumspflicht.
Instagram ermöglicht kein Impressum, was nun?
Allerdings gibt es bei der Impressumspflicht auf Instagram noch einen „ganz kleinen“ Haken, auf den Sven Dierkes, Rechtsanwalt bei Höcker, hinweist: Instagram bietet gar keine Möglichkeit an, ein Impressum einzufügen. „Wir empfehlen unseren Mandanten daher, sogenannte sprechende Links in der Bio zu setzen, mit denen dann auf ein ordnungsgemäßes Impressum - beispielsweise auf ihrem YouTube-Kanal – verwiesen wird.“ Doch was ist, wenn ein Influencer keinen weiteren Kanal befüllt, sondern lediglich auf Instagram aktiv ist? Laut Dierkes ist es dem Gesetzgeber egal, wie viele Telemedien eine Person betreibt. „Jedes einzelne Medium ist mit einem Impressum zu versehen. Wenn ein Influencer nur einen Insta-Account betreibt, müsste er meiner Ansicht nach versuchen, ein vollständiges Impressum in die Bio (oder jeden einzelnen Post) zu quetschen“, rät Dierkes. Oder aber er betreibt eine Website nur für das Impressum.
Fake oder Wahrheit?
Und wie sieht es nun mit den Abmahn-Nachrichten aus, die auf Instagram kursieren. Sind sie rechtmäßig oder nur ein Fake? Das lässt sich nach Ansicht der Juristen nur anhand des Einzelfalles feststellen. Abmahnungen wegen eines fehlenden Impressums seien aber grundsätzlich möglich. Und zwar immer dann, wenn die Kanzlei einen Wettbewerber vertritt. Gerade im Bereich des E-Commerce ist es laut Gräfe möglich – und ganz üblich – Wettbewerber abzumahnen, die sich nicht an rechtlich vorgeschriebene Informationspflichten halten. Denn bei der Impressumspflicht handele es sich um eine sogenannte Marktverhaltensregelung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). „Die Vorschrift dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz. Verstöße können deshalb nicht nur von Mitbewerbern, sondern auch von klagebefugten Verbänden aufgegriffen werden“, sagt Gräfe. Dazu zählen Verbraucherschutzverbände und für die Ausführung des Telemediengesetzes zuständige Behörden wie beispielsweise die Landesmedienanstalten.