Nächster Flop-Verdacht: Apple Music kommt nicht aus der Kritik

Nach der Apple Watch nun Apple Music: Dem Kultkonzern aus Cupertino scheinen einfach keine überzeugenden Produktlaunches mehr zu gelingen. Nach dem Apple Watch-Flop wird nun auch der neue Streaming-Dienst Apple Music äußerst reserviert aufgenommen – selbst größte Apple-Fanboys wenden sich nach haarsträubenden Software-Fehlern entgeistert ab. Was ist schiefgelaufen?

Von

Apple und Software – das ist eine höchst problematische Beziehung. Knapp drei Jahre ist es her, dass sich Tim Cook zu Beginn seiner Amtszeit gleich ein Ei ins Nest legte: Der Kartendienst Maps, der eigentlich Google herausfordern sollte, wurde zur größten Blamage Cupertinos des laufenden Jahrzehnts.

Ganze Städte – oder ein Weltkulturerbe wie der Kölner Dom – verschwanden, Brücken verschwammen zu Pixelmatsch. Der Launch geriet zu einem solchen Desaster, dass sich Tim Cook öffentlich entschuldigen und Internet-Chef Scott Forstall, immerhin ein legitimer Kandidat auf den CEO-Posten, gehen musste.

Apples Internet-Dienste – lange Liste bitterer Fehlschläge 

Missratene Launches von Internet Services haben längst Tradition in Cupertino: Zwei Jahre vor Maps lieferte Apple mit Ping einen peinlichen Versuch ab, auf den Social Network-Trend aufzuspringen, nachdem es zwei Jahre zuvor mit MobileMe einen katastrophalen Nachfolger seines E-Mail-Dienstes .mac auf den Markt geschmissen hatte, der schon mal E-Mails verschluckte – Steve Jobs feuerte den Produktverantwortlichen vor versammelter Mannschaft und erstattete Kunden mehrere Monate ihrer Mitgliedschaft.

Nahtlos in die Reihe von Apples Internet-Fehlschlägen scheint sich nun auch der vor einem Monat nach langer Vorlaufzeit gelaunchte neue Streaming-Dienst Apple Music einzureihen. Sofort zum Launch am 30. Juni schoss die Kritik hoch: Viel zu unübersichtlich sei der neue Abo-Musik-Dienst, der neben dem Zugriff auf 30 Millionen Songs auch kuratierte Playlisten anbot und mit Beats 1 das ziemlich aus der Mode gekommene Internet-Radio wiederbelebte.

Jim Dalrymple: Apple Music löscht gekaufte Musik auf iTunes

So weit, so verwirrend. Das eigentliche Problem für Anwender erschloss sich jedoch in der Kombination aus neuer, aus der Cloud immer verfügbarer Musik und dem eigenen Musikarchiv, für das viele Nutzer im Verlauf des letzten Jahrzehnts viele Tausend Euro gelöhnt hatten.

Ausgerechnet der langjährige Cupertino-Fürsprecher Jim Dalrymple, der den viel gelesenen Apple-Blog The Loop betreibt, beerdigte den neuen Streaming-Dienst des iKonzerns in brutalstmöglicher Weise: „Apple Music ist ein Albtraum – und ich bin fertig mit ihm“.

Techpresse stimmt Abgesang ein

Grund für Dalrymples lesenswerten Ausraster: Apple Music hatte mal eben 4700 eigene Songs aus Dalrymples iTunes-Archiv gelöscht, während sich andere Song-Titel aus der iCloud verdoppelt hatten. Dass Dalrymple als gewichtige Stimme in der Öffentlichkeit den Großteil seiner Songs nach einer Rettungsaktion von Apple zurückbekam, macht die Sache nicht besser: Der gemeine Nutzer wird auf diesen Service verzichten müssen.

Dalrymple fand unterdessen breite Zustimmung in der Techpresse. Der Blogger Jason Snell von „Six Colors“ teilt Dalrymples Einschätzung in weiten Teilen und weist zudem auf Wiedergabe-Probleme durch die Cloud hin. Romain Dillet von TechCrunch erklärte via Twitter, er habe dieselben Probleme erlebt:

In anderen Worten: Man kann es einen ziemlich rauen Start für Apple Music nennen. Auch in nackten Zahlen sieht es noch nicht nach dem Durchmarsch aus, der vom wertvollsten Konzern der Welt angesichts des dreimonatigen Probezeitraums und der unvergleichlichen Marketingpower erwartet worden war: Gerade mal 10 von 800 Millionen potenziellen iTunes-Kunden sollen Apples Musik-Dienst bislang abonniert haben.