Grünen Themen fehlte zuletzt das Momentum. Besonders im Portemonnaie. Befragungen förderten Ergebnisse zutage wie dieses: „Während 58 Prozent der Umfrageteilnehmer der Meinung sind, dass der Umwelt- und Klimaschutz politisch nicht ausreichend gewürdigt werde, solle die Energiewende nach Ansicht von 78 Prozent der Befragten möglichst nichts kosten.“ Auch bei vielen Entscheidungsträgern stand Nachhaltigkeit nicht mehr ganz oben auf der Agenda – KI statt ESG, um es auf eine kurze Formel zu bringen.
Das Nachsehen haben Unternehmen, die auf schnelle Transformation gesetzt hatten. In Kaiserslautern liegen Pläne für den Bau einer Batteriezellenfabrik auf Eis, weil die Nachfrage nach Elektroautos eingebrochen ist. Der Absatz von Wärmepumpen stockt, Hersteller müssen ihre Beschäftigten anderswo einsetzen oder sogar Kurzarbeit anmelden. Wenn nun das verheerende Hochwasser in Süddeutschland die Republik dazu bringt, wieder über Klimaschutz und Klimaanpassung zu diskutieren, mutet das fast makaber an.
Klimaneutrale EU? Klingt gut. Macht aber viel Arbeit
Dabei ist es kaum fünf Jahre her, dass die EU – mit viel Begeisterung und getragen von einem breiten Parteienkonsens – den Green Deal aus der Taufe hob. Ein Debattenbeitrag der von Transformationsforscherin Maja Göpel gegründeten „Mission Wertvoll“ erinnert an die positive Vision: ein klimaneutraler Kontinent, der konsequent auf erneuerbare Energien und zirkuläre Wirtschaftsmodelle setzt. Klingt auch heute noch sehr erstrebenswert. Hätten die Götter nur nicht vor den Erfolg den Schweiß gesetzt – und die Bürokratie europäischer Institutionen.
Genussvoll auf Fleisch verzichten – kein Widerspruch
Es ist ja so: Wo Veränderung nicht mit Zumutung, sondern mit Spaß und Genuss verbunden wird, klappt es mit dem Umsteuern. Das war vergangene Woche auf dem ersten „Pressday Plantbased“ in Hamburg festzustellen, einer Verkostung pflanzenbasierter Lebensmittel: Steak, das aussah und schmeckte wie Steak (Hersteller: Redefine Meat), himmlische vegane Donuts (Brammibal’s) und leckeren Scheibenkäse-Ersatz „Trüffel Style“ (Bedda). Das Segment hat innerhalb weniger Jahre einen verblüffenden Qualitätssprung hingelegt. Und wächst genau deshalb. Neben kreativen Start-ups engagieren sich immer mehr Traditionshersteller – das Beispiel Rügenwalder Mühle macht Schule. Iglo etwa, das seine vor vier Jahren gelaunchte TK-Linie „Green Cuisine“ konsequent ausbaut, präsentierte als Neuheit vegane „Chicken“-Dinos. Und beantwortete lapidar die Frage, weshalb fleischlose Kost optisch so oft dem Vorbild des Originals nacheifert: „Macht den Einstieg in pflanzliche Ernährung einfacher.“
Wie Greenpeace seine Kampagnen plant
Zum Erfolg gehört eben clevere Kommunikation. Darauf versteht sich auch Greenpeace – wie wir spätestens seit einem Vortragsabend der DPRG Landesgruppe Norddeutschland wissen, auf dem Vertreter*innen der Umweltorganisation deren Kampagnenstrategie erläuterten. „Die Planung einer Kampagne ist die Planung eines öffentlichen Konflikts – und somit auch immer die Planung einer Medienkampagne“, hieß es beispielsweise. Ziel sei es, Druck auf den „Gegner“ auszuüben und eine Lösung durchzusetzen: „Die strategische Information muss dem Gegner unangenehm sein und ihn möglichst zum Handeln drängen.“ Während der Recherche macht die Organisation betroffenen Unternehmen ein Gesprächsangebot – fast wie ein Medienunternehmen. Ein seltener Einblick, der zeigte, wie machtbewusst und professionell Greenpeace operiert.
Bekanntlich führen viele Wege zum Ziel. Der kommunikativ bisher eher brave Nabu hat sich vorgenommen, die Jugend aufzurütteln – und das Social-Media-Format „Wild Date“ aufgelegt, eine mutige Mischung aus Comedy und Spiel-Show. Über dumme Witze, Ratespiele und Frotzelein nähern sich die Podcaster*innen Ines Anioli, David Martin und Niklas van Lipzig („Dudes“) höchst pädagogisch dem komplexen Thema Biodiversität. Ganz sicher ist da nicht alles geglückt – aber der Teenager-Jargon ist ebenso gut getroffen wie das alterstypische Umschalten zwischen ernst und albern. Wird entweder Kult oder ein grandioser Flop. Für Strategie und Grobkonzeption zeichnet Odaline verantwortlich, beteiligt außerdem Glutamat und Charles&Charlotte.
Nachhaltigkeit zählt beim Marken-Award 2024
Schon jetzt erfolgreich sind diejenigen Marken, die es ins Finale des Marken-Awards 2024 der absatzwirtschaft geschafft haben. Und da zeigt sich: Nachhaltigkeit ist nicht nur für die Favoriten in der Kategorie „Gesellschaftliches Engagement“ ein Treiber (R+V Versicherung, Special Olympics World Games Berlin 2023, Mastercard). Als Markenpersönlichkeit nominiert ist etwa Michael Fritz, dessen Organisation „Viva con Agua“ Menschen zu sauberem Trinkwasser verhilft. Bei Markenführung punktete die Kampagne #klimai des Stromversorgers Yello. Am 10. Juni werden in Düsseldorf die Gewinner bekanntgegeben. Viel Glück!
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!