Nachhaltigkeit ist gut – bis sie unbequem wird

Während erneuerbare Energien Zustimmung finden, schwindet das Engagement im Alltag – besonders bei der Gen Z. Ein Generationenkonflikt, der gelöst werden kann.
Barren Mountain PV Generation Rows of photovoltaic panels are installed on a barren hill in Pingjing village in Anqing,
Nachhaltigkeit muss alltagstauglicher werden, damit sie in der breiten Gesellschaft akzeptiert wird. (© Imago)

Manchmal fragt man sich, ob wir uns selbst etwas vormachen. Auf der einen Seite reden alle begeistert von erneuerbaren Energien und Recycling, auf der anderen Seite stapeln sich die Verpackungen, und die Textilindustrie pustet weiter fleißig CO₂ in die Luft. Und dann ist da noch die Gen Z: Nachhaltigkeit ist für sie irgendwie cool, aber im Alltag scheinen sie es nicht so genau zu nehmen. Zwischen all den guten Vorsätzen und der Realität liegt ein Graben, der immer breiter wird. Die Frage ist: Wie kommen wir da rüber? 

Die Deutschen lieben erneuerbare Energien – zumindest auf dem Papier. Stolze 89,4 Prozent der Bevölkerung stimmen ihrem Ausbau zu, wie eine aktuelle Umfrage des RWI Leibniz-Instituts zeigt. Klingt beeindruckend. Doch wenn es darum geht, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wird es kompliziert. Der Atomausstieg? Nach Angaben des Leibniz-Instituts unterstützen ihn nur knapp über 50 Prozent der Befragten. Und Windräder? Gern, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Der Wunsch nach sauberer Energie ist groß, solange er nicht zu sehr ins eigene Leben eingreift. 

Gleichzeitig verschärft sich ein Generationenkonflikt, wenn es um Nachhaltigkeit im Alltag geht. Während ältere Menschen darauf achten, den Wasserhahn zuzudrehen und keine Lebensmittel zu verschwenden, scheint das für viele in der Gen Z weniger Priorität zu haben. Nur 37 Prozent der 18- bis 29-Jährigen halten es für wichtig, Essen nicht wegzuwerfen – bei den über 50-Jährigen sind es dagegen 76 Prozent. Aber ganz so eindeutig ist der Unterschied nicht: 57 Prozent greifen tiefer in die Tasche, wenn der Bio-Smoothie verspricht, den Regenwald zu retten, während es bei der Ü50-Generation nur 36 Prozent sind.  

Es zeigt sich: Nachhaltigkeit muss alltagstauglicher werden. Einfach zugängliche Pfandsysteme für Mehrwegbehälter, flächendeckende urbane Ladeinfrastrukturen für E-Mobilität und günstige Tarife für erneuerbare Energien könnten alle Generationen gleichermaßen motivieren. Schließlich müssen wir den Konflikt weniger als Gegeneinander, sondern als Chance zur Kooperation begreifen – denn nur zusammen lässt sich der Wandel gestalten. 

Puma und die Herausforderung der Nachhaltigkeit 

Puma will mit seinem Podcast „Green Flags“ genau diese Zielgruppe erreichen. Der Podcast soll zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht nur Verzicht bedeutet, sondern auch innovativ, spannend und stylisch sein kann. Die Idee: Junge Menschen dort abzuholen, wo sie ohnehin unterwegs sind – in der digitalen Welt (das hat Puma bereits mehrmals versucht, zuletzt mithilfe einer Doku-Reihe samt Influencerin). 

Doch während Puma die Gen Z zu mehr Nachhaltigkeit inspirieren möchte, bleibt die eigene Verantwortung nicht außen vor. Die Textilindustrie ist für 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich und produziert jedes Jahr über 92 Millionen Tonnen Müll. Das macht deutlich: Podcasts allein werden die Umwelt nicht retten. Es braucht mutige Entscheidungen – klimafreundliche Materialien, transparente Prozesse und echte Reduktion von Abfall. „Green Flags“ mag ein guter Anfang sein, aber die Branche muss mehr tun, um ihren Fußabdruck zu verkleinern

Recycling: Große Zahlen, kleine Fortschritte 

Beim Thema Recycling gibt es Fortschritte – wenn auch im Schneckentempo. Der Anteil recycelter Materialien in Kunststoffverpackungen ist seit 2021 um 24 Prozent gestiegen und liegt nun bei 15 Prozent. Doch bei 19,7 Millionen Tonnen Verpackungsabfall jährlich, davon 8,8 Millionen aus privaten Haushalten, bleibt das ein Tropfen auf den heißen Stein. Pro Kopf sind das 236,7 Kilogramm Verpackungsabfall – und der Berg wächst weiter. 

Die EU gibt ambitionierte Ziele vor: Bis 2030 sollen PET-Getränkeflaschen mindestens 30 Prozent Rezyklat enthalten. Doch bei anderen Verpackungen – besonders solchen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen – sieht es düster aus. Gerade einmal ein Prozent erfüllt die Vorgaben. Die Kunststoffindustrie fordert schnellere Zulassungen, bessere Sortiermethoden und mehr Kooperation zwischen Politik, Wirtschaft und Verbraucher*innen. 

Das Potenzial von Rezyklaten ist enorm: Sie sparen Ressourcen, senken Emissionen und entlasten die Umwelt – und ist daher sehr beliebt bei den Herstellern. Doch die Realität hinkt den Möglichkeiten hinterher. Zu oft landen wertvolle Materialien auf Deponien oder in den Meeren. Pfandsysteme könnten helfen, doch auch hier braucht es mehr Tempo und Entschlossenheit. Nachhaltigkeit ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon – und der Startschuss hätte längst fallen müssen.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.