Catering mit Einweggeschirr, mal schnell ein Inlandsflug zum Dreh und vor Ort dröhnen die Dieselgeneratoren. Darf man dem PR-Gewitter der großen Film- und Fernsehproduktionen glauben, gehören diese klimafeindlichen Unsitten mittlerweile weitgehend der Vergangenheit an. Fast überall prangen Siegel, die grüne Produktionsweisen bezeugen.
Während das Thema in Film- und Fernsehproduktionen seit einigen Jahren präsent ist, hat der Agenturbereich im Bewegtbildsektor noch Nachholbedarf. Auf den Internetseiten von Agenturen finden sich dazu kaum Informationen – egal ob bei Spezialagenturen für Bewegtbild oder All-in-one-Anbietern. Auch unsere Anfragen zum Thema bleiben oft unbeantwortet.
Green Medien, so heißt eine Filmproduktionsagentur aus der Nähe von Stuttgart. Der Name verspricht Nachhaltigkeit: Wer hier einen Auftrag bucht, bekommt die Erfüllung von fünf Produktionsstandards zugesichert: Neben papierlosem Arbeiten, der Vermeidung von innerdeutschen Flügen sowie dem rein elektrischen Fahren wird das Büro mit Ökostrom betrieben. Am Set verzichtet Green Medien auf Generatoren und Einwegbatterien und setzt zur Beleuchtung LEDs ein. Es wird vor allem mit Tageslicht und Reflektoren gearbeitet. Zudem ermöglicht moderne Studiotechnik virtuelle Produktionen, wie Gründer Johannes Gall erklärt: „Somit können wir in Mannheim im Studio die karibische Insel erzählen.“
Green Medien: Agentur produziert nachhaltig
Neben diesen Produktionsstandards gibt es auch noch wirksamere Herangehensweisen an nachhaltige Produktionen. Green Medien arbeitet beispielsweise auf Wunsch nach den Green-Motion-Standards – 21 Standards, von denen für eine Produktion mindestens 18 einzuhalten sind. Dazu gehören etwa die Pflicht, CO²-Bilanzen zu erstellen, vegetarisches Catering oder das Anbieten umweltfreundlicher Übernachtungsmöglichkeiten. Auch die Wiederverwendbarkeit von Kostümen und Kulissen ist ein Thema.
All diese Faktoren erscheinen dabei relativ naheliegend – sie sind vor allem ein Kostenfaktor. Die Endkund*innen würden sich dennoch mehr nachhaltige Produktionen wünschen, erklärt Gall: „Die Agenturen möchten dies vermeiden, um den Preis niedriger zu halten. Im Agenturkontext ist das Interesse gering. Wenn der Kunde bei uns direkt eine Produktion in Auftrag gibt, dann ist das Thema deutlich relevanter.“ Gall selbst arbeitet auch als freier Green Consultant und berät Produktionen für mehr Nachhaltigkeit.
Dass das Thema noch nicht überall höchste Priorität hat, zeigt sich gerade bei kleineren Agenturen. So teilt die Videoagentur Deichblick mit, zwar seit Jahren an vielen Stellen nachhaltig zu arbeiten. Man arbeite aber noch an einem ganzheitlichen Konzept: „Als kleine Agentur hatten wir bisher nicht die Kapazität, das Konzept komplett abzuschließen und umzusetzen.“ Anders bei einem größeren Player wie Jung von Matt, wie Head of TV Johannes Haverkamp erklärt: „Bereits vor dem Ausbruch der Pandemie haben wir einen ‚Code of Conduct‘ für Jung von Matt erstellt, indem wir unter anderem klare Leitlinien zur Nachhaltigkeit aufgestellt haben.“ An die sollen sich Producer halten. Vollständige Verbindlichkeit scheint es also auch dort nicht zu geben. Auf Dieselgeneratoren könne man beispielsweise nicht vollständig verzichten.
Nachhaltigkeit durch Wiederverwertung
Die ShowHeroes Group teilt mit, neben vielen bereits genannten Maßnahmen Nachhaltigkeit zu schaffen, indem der gleiche Content in unterschiedlichen Märkten verwendet wird und so nur einmalig produziert werden muss. Auch nennt das Unternehmen technische Optimierungen wie Komprimierung. Country Manager Patrick Edlefsen erklärt, dass das Unternehmen Nachhaltigkeit auch zu Endkund*innen hin denkt. „Wir kaufen Merchandise-Artikel nur bei nachhaltigen Partnern ein.“ Außerdem werde der CO²-Fußabdruck jedes Videos berechnet.
Klar ist auch: Sämtliche Emissionen lassen sich nicht vermeiden. Manche Agentur wirbt daher mit Siegeln, die die Kompensierung von Emissionen zertifizieren. Green Consultant Johannes Gall ist davon wenig begeistert: „Das sollte das letzte Mittel sein. Im Vorfeld sollte alles getan werden, damit weniger CO² anfällt.“
Über kurz oder lang führt ohnehin kein Weg daran vorbei, die Emissionen in Richtung Null zu bringen. Die Agenturen, die das jetzt schon aus eigener Initiative tun, haben mittelfristig einen Vorteil gegenüber den Nachzüglern – vor allem, weil die Kundenwünsche zunehmend nach nachhaltiger Produktionsweise verlangen. Und sei es nur, um sich am Ende in der Kommunikation nach außen „grün“ nennen zu können.