Eine Fokussierung des gesamten Unternehmens auf die nachhaltige Loyalität seiner Kunden ist zunehmend die einzig verbleibende Möglichkeit für eine prosperierende Zukunft. Der unrentierlichste Auftrag ist ja bekanntlich der erste. Denn auf ihm lasten all die Aufwendungen, die das mehr oder wenige lange Werben ausgelöst hat. Bislang zieht sich allerdings die Vernachlässigung der Bestandskunden als ‚2.-Klasse-Kunden‘ und die parallel verlaufende Vernachlässigung ihrer Betreuer als ‚2.-Klasse-Verkaufsmitarbeiter‘ wie ein roter Faden durch die Managementdenke der letzten Jahrzehnte. Obwohl die meisten Märkte rückläufig sind, steht das Kundenjagen höher im Kurs.
Unternehmen geben oft so unglaublich viel Geld aus, um neue Kunden zu betören. Doch kaum sind sie endlich eingefangen, wird an allen Ecken und Enden gespart: Mitarbeiter werden nicht trainiert, es sind zu wenige da, sie haben keine Lust – oder Frust. Sie werden schlecht geführt, sie haben keine Ressourcen, keinen Spielraum und keine Ideen, um Kunden zu begeistern und schließlich zu loyalisieren.
Interessenten werden nur so lange umgarnt, bis sie anbeißen. Kaum ist die Tinte trocken, hat das heiße Werben ein Ende. Die Charme-Attacken versiegen, Routine kehrt ein. Erinnert uns das nicht ein wenig an private Beziehungen? Wie sagt die Braut beim Hochzeitsfest: „Heute ist mein schönster Tag“. Das heißt: Von da an geht’s bergab.
In bestehenden Kundenbeziehungen sieht es nicht selten ganz ähnlich aus. Da wird man nach Effizienz-Gesichtspunkten zwangsversorgt und soll sich in die vorbestimmten Abläufe fügen. Oft genug zahlen Bestandskunden höhere Preise als Neukunden. Doch solche treudoofen Kunden sterben langsam aus. Sobald sich nämlich ein Kunde enttäuscht, angeödet oder sonstwie schlecht behandelt fühlt, beginnt er sofort, über einen Wechsel nachzudenken.
Wenn Unternehmen immer nur an vorderster Front zugange sind und verfügbare Ressourcen vor allem in die Neukundenakquise stecken, vergessen sie meist den Blick zurück. Da wird nämlich schon kräftig am eigenen Kundenstamm gesägt. In stagnierenden Märkten brechen einem hinten genauso viele Kunden weg, wie man vorne hereinholt. Ein Nullsummenspiel, das höchstens der Kunde gewinnt. Denn für ihn wird es hierbei billiger. Aber auch besser?
Nun also steht die Bestandskundenpflege im Fokus. Das schlimmste allerdings, was Unternehmen ihren Kunden dabei antun können, ist ein „Management des Kunden-Bonding” wie es Udo Klein-Bölting, CEO von BBDO Consulting in der Meldung zur Studie fordert. Und das aus zwei Gründen:
1. Kunden lassen sich nicht managen, denn Kunden sind keine Daten.
2. Fesselspiele mit Kunden funktionieren nicht.
Wenn überhaupt, dann lässt sich heutzutage höchstens noch Loyalität, also die freiwillige Treue der Kunden, erreichen. Kundenbindungsinstrumente gehören in die Marketingmottenkiste des letzten Jahrhunderts.
Über die Autorin: Anne M. Schüller ist Management-Consultant und Geschäftsführer der Anne Schüller Marketing Consulting.