- Mengenabhängiges Pricing,
- Zeit- und loyalitätsabhängiges Pricing
- Mehrprodukt-Pricing
- Mehrpersonen-Pricing – Co-Shopping
- Verträge und Garantien
- Preisdifferenzierung durch Produktdifferenzierung-Visioning
- Online-Auktionen
- Customer Driven Pricing
- Follow-the-Free – Strategie des Verschenkens
Im Vordergrund der verschiedenen Strategien steht dabei immer die Abschöpfung der bestehenden Zahlungsbereitschaften seitens der Kunden. Interessant in diesem Zusammenhang: In einzelnen Segmenten ist die Zahlungsbereitschaft der Internetnutzer höher angesiedelt als in anderen. Eine Lösung kann daher sein, bei unterschiedlichen Preisbereitschaften die Preise der Leistungen entsprechend zu differenzieren. Die Basis einer Individualisierung der Preise wäre dabei der Kundennutzen, wobei dieser von den spezifischen Bedarfssituationen des Kunden abhängt. Hinzu kommt, dass der Erfolg der richtigen Preissetzung wesentlich durch die vom Kunden subjektiv wahrgenommenen Leistungsmerkmalen beeinflusst wird. Zur Preisbestimmung, insbesondere bei digitalen Leistungen, sind daher traditionelle kostenorientierte Ansätze weniger geeignet. Einige Pricing-Tools werden im Folgenden vorgestellt.
Mengenabhängiges Pricing
Bei der mengenbezogenen Differenzierung werden in Abhängigkeit von unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften für eine Leistung unterschiedliche Mengeneinheiten zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Mögliche Methoden sind Mengenrabatte, Pauschalpreise und zweiteilige Tarife; sie führen zu einer Reduktion des durchschnittlichen Preises bei steigender Abnahmemenge. Durch diesen Preisvorteil werden die Kunden dazu angeregt, den Bedarf wiederholt bei dem Anbieter zu decken. Vorteil: Dadurch kann die Kundenbindung erzeugt oder erhöht werden, als eine nicht spürbare und „versteckte“ Form der Konkurrenzausschaltung.
Zeit- und loyalitätsabhängiges Pricing
In Bonusprogrammen werden die Dauer und Intensität der Kundenbeziehung honoriert, indem Rabatte oder Prämien auf die kumulierte Umsatzhöhe oder Menge der erworbenen Leistungen gewährt werden. Für die Kunden bedeuten sie einen Preisvorteil, ähnlich wie bei der mengenbezogenen Preisdifferenzierung. Dieser Vorteil wird aber nicht bei einem einmaligen Kauf der Produkte eines Anbieters gewährt, sondern bezieht sich auf die Dauer der Geschäftsbeziehung. Dadurch werden zwingend Wiederholungskäufe generiert. Bonusprogramme eignen sich am besten zur Kundenbindung durch preispolitische Maßnahmen.
Bei der Gestaltung der Programme kann die Höhe der Honorierung proportional, unter- oder überproportional zur kumulierten Nachfrage erfolgen. Eine überproportionale Steigerung der Honorierung führt bei den Kunden zu den höchsten Anreizen zum Kauf weiterer Leistungen. Des Weiteren kann nach der Gewährung der Prämie die kumulierte Menge auf Null gesetzt werden oder ein „Restbestand“ an bereits erbrachter Leistung auf dem Bonuskonto belassen werden.
Die Erhaltung eines „Restbestands“ an bereits erbrachter Leistungen auf dem Bonuskonto führt zu einer höheren Kundenbindung, weil so ein Anreiz durch das Programm besteht, weiterhin Leistungen bei diesem Anbieter zu beziehen.
Kunden von Prämienprogrammen tendieren zum Kauf von höherwertigen Leistungen. Bei Kundenbindungsprogrammen von mehreren Unternehmen können ebenso sogenannte Querkäufe erwartet werden, das heißt, dass Kunden vermehrt Produkte von Partnerunternehmen erwerben, anstatt bei der Konkurrenz. Für die beteiligten Unternehmen ergibt sich neben Umsatzsteigerungen eine hohe Kundenbindung.
Die Bonusprogramme Miles & More und Payback zeichnen sich durch zwei besondere Merkmale aus: Zum einem können die Kunden durch die Kooperation mehrerer Unternehmen ihren Bedarf weitestgehend decken und dadurch schneller in den Genuss von Rabatten oder immateriellen Prämien kommen. Die gebundenen Kunden übertragen diesen Nutzen auf die kooperierenden Partner; diese profitieren von den vergleichsweise geringeren Kosten des Programms und umfangreichen Informationen über das Kundenverhalten. Zum anderen bieten beide Bonusprogramme den Kunden die Möglichkeit bei „Offline“- und „Online“-Unternehmen Bonuspunkte zu sammeln.
Durch die hohe Kundenbindungswirkung von Prämienprogrammen ist davon auszugehen, dass diese zukünftig verstärkt eingesetzt werden – insbesondere weil diese auch für kleinere Anbieter lukrativ werden. Gefahr: Ein erfolgreiches Kundenbindungsprogramm wird schnell von der Konkurrenz imitiert. Deshalb müssen die Kunden frühzeitig gebunden werden.
Mehrprodukt-Pricing
Besonders im Internet ist zu beobachten, dass viele Unternehmen unterschiedliche Produkte gemeinsam in einem Preisbündel anbieten. Besonders bei digitalen Produkten führen die geringen variablen Kosten eines Produktbündels zu hohen Deckungsbeiträgen. Auch bei einer großen Anzahl an digitalen Produkten ist die Preisbündelung erfolgversprechend. Bei der Verwendung von Preisbündelungen als preispolitische Maßnahme wird neben der Induzierung eines Mehrabsatzes, Standardisierungs- und Kosteneffekten, auch die Reduktion der Preissensibilität erzielt. Gefahr: Die Preisbündelung führt nur unmittelbar zur Kundenbindung, weil die Preisfestlegung jeweils für den Einzelfall erfolgt und durch einen Wiederholungskauf von Leistungen keine Vorteile für den Kunden entstehen.
Mehrpersonen-Pricing – Co-Shopping
Bei dem sogenannten Co-Shopping (Sammelkauf oder Power-Shopping) erfolgt eine Nachfragebündelung im Internet. Kaufinteressenten können sich zu einer Gruppe zusammenschließen und durch die gemeinsame Nachfrage Mengenrabatte erzielen. Die Preishöhe hängt von der Anzahl der Käufer und von den Preisstufen ab, die von dem Anbieter festgelegt werden. Der Mehrwert für den Kunden ist hauptsächlich der Preisvorteil. Dennoch werden die Produkte nicht generell günstiger abgegeben als Sonderangebote im konventionellen Markt. Diese Art des Geschäftsabschlusses dient nicht nur den Kunden. Hersteller können über Zwischenhändler ihre Restposten vertreiben ohne das Markenimage im konventionellen Handel zu gefährden.
In den USA wird Co-Shopping mit großem Erfolg durchgeführt. In Deutschland erreichen die Zwischenhändler derzeit weniger überzeugende Resultate. Es gelingt nur den wenigen, renommierten Anbietern eine ausreichende Anzahl an Interessenten zu vereinigen und dadurch für die Kunden wirkliche „Schnäppchen“ zu realisieren. Die Kunden können durch den günstigeren Preis nur schwer von der Konkurrenz abgeworben werden. Die erzielten „Preisvorteile“ wirken für die Kunden als Wechselkosten und die Kunden können nur schwer die spezifischen Angebote vergleichen. Dadurch wird eine Kundenbindung erreicht.
Verträge und Garantien
Eine elektronische Anbahnung und Durchführung von langfristigen Geschäftsbeziehungen wird auch im Internet praktiziert. Durch Verträge und Garantien erfolgt eine unmittelbare und offensichtliche Kundenbindung.
Voraussetzung für die entsprechende Gestaltung der Produktlinie ist die Kenntnis der Produkteigenschaften, die unterschiedlich bewertet werden und den kaufrelevanten Wert des Produktes erzeugen. Die Unterschiede müssen von den Kunden wahrgenommen werden. Dabei sind drei Produktversionen optimal. Bei nur zwei offerierten Varianten tendieren die meisten Kunden dazu, die preisgünstigere zu nehmen. Eine dritte, hochwertige und deutlich durch Attribute gekennzeichnete Variante sollte deshalb angeboten werden. Dann tendieren unentschiedene Kunden dazu, die mittlere – vorher beste – Variante zu nehmen. Visioning ist bei einer Produktdifferenzierung von digitalen Produkten zu geringen Kosten realisierbar.
Durch diese zeitbezogene oder leistungsbezogene Preisdifferenzierung werden über die kundengerechte Gestaltung der Preise und Leistungen für die Kunden hohe Mehrwerte geschaffen. Daraus resultiert eine Kundenbindung, weil die Preise als gerecht empfunden werden. Förderlich sind dafür auch die Entscheidungsfreiheit für die Kunden.
Online-Auktionen
Der Hauptanreiz von Auktionen im Internet ist für Kunden die Ersteigerung von „Schnäppchen“. Bei Business-to-Customer Auktionen werden vor allem Neuwaren, Produkte mit eingeschränkter Haltbarkeit, Fehlern oder Auslaufmodelle versteigert. Sie bieten eine kostengünstige und effiziente Alternative zu konventionellen Auktionen und haben sich auch für Standardprodukte als Absatzkanal etabliert. Online-Auktionen ermöglichen eine Trennung zu regulären Produkten, die zu festen Preisen vertrieben werden. Das Verhandeln über die Preise ist für die Bieter ein bedeutungsvoller Bestandteil von Auktionen. Dadurch lassen sich Preishöhen erklären, die über den Festpreisen in den konventionellen Absatzkanälen liegen.
So kann ein Unternehmen die Kunden entsprechend der Präferenzen bedienen, individuelle Zahlungsbereitschaften abschöpfen; und kurzfristig eine Erhöhung des Auslastungsgrads erreichen. Auch wenn der vom Anbieter festgelegte Startpreis über dem Niedrigpreis liegt, besteht das Risiko unter Umständen Leistungen zu einem extrem niedrigen Preis abgeben zu müssen. Der innovative Charakter der Online-Auktionen kann neben einer regen Bietbeteiligung zu dem Erwerb von regulären Angebote des Unternehmens führen.
Die Kundenbindung der Zwischenhändler entsteht über die günstigeren Preise. Führen Anbieter der Leistung selbst die Auktionen durch, so entsteht eine Kundenbindung nur im geringen Maße durch die niedrigeren Preise. Vielmehr erzielen die Auktionen Aufmerksamkeit bei den Kunden und können Folgekäufe initialisieren. Darüber hinaus erhalten die Unternehmen Informationen über die Preisbereitschaften der Kunden.
Customer Driven Pricing
Bei dem Customer Driven Pricing (CDP) entscheiden die Kunden, wie viel sie für ein bestimmtes Produkt zahlen möchten, das zumeist über einen Zwischenhändler angeboten wird. Der Verkäufer entscheidet, ob er das Geschäft mit dem Kunden abschließen möchte. Liegt der Preis über den Kosten, kommt das Geschäft i.d.R. zustande. Die Preissetzung ist somit flexibel und führt zu einer kundenindividuellen Abschöpfung der Zahlungsbereitschaft. Um ein Herantasten der Kunden an den Preis zu verhindern, schaltet beispielsweise Ihrpreis.de einen Schutzmechanismus zwischen. Die kundenindividuelle Preisgrenze wird bei jeder erneuten Anfrage erhöht, dadurch würde der Kunde den Preis treiben.
Durch den Intermediär verschafft sich der Verkäufer Kenntnisse über die Zahlungsbereitschaften der einzelnen Kunden und erzielt einen Mehrabsatz durch diese kundenindividuelle Preisbildung. Das Customer Driven Pricing (CDP) erzielt eine einzigartige Win-Win-Situation für die Anbieter und die Kunden. Letztere akzeptieren für den guten Geschäftsabschluss die Intransparenz des Preises.
Die Zwischenhändler erzielen eine hohe Kundenbindung durch die Übereinstimmung von Preisbereitschaft und dem zu zahlenden Preis im Sinne einer Preisdifferenzierung ersten Grades. Vorteil: Die Kunden können nicht beurteilen, ob sie bei einem anderen Anbieter die gleiche Leistung günstiger beziehen könnten.
Follow-the-Free – Strategie des Verschenkens
Die schnellste Verbreitung von Produkten wird bei kostenloser Abgabe erreicht. Es handelt sich um eine Form der Preisstrategie, welche die Vorteile der Kostenstruktur (geringe Reproduktions- und Distributionskosten) digitalisierbarer Leistungen mit dem Phänomen der Netzwerkeffekte verbindet. Dieser Strategieansatz ist eine Extremform der Penetrationsstrategie.
Problematisch ist die Refinanzierung der hohen, sog. „First-Copy“-Kosten. Die kostenlose Abgabe der Produkte soll Netzeffekte generieren und durch Erzeugung von „Lock-in“-Effekten die Kunden langfristig an die Produkte des Anbieters binden. Mittelfristig müssen aber positive Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden. Deshalb wird bei einer hinreichenden Verbreitung das Preisniveau angehoben. Dieses gelingt am effektivsten, wenn neue und verbesserte Produktvarianten eingeführt werden oder Komplementärprodukten verkauft werden. Dadurch lassen sich Preissteigerungen am einfachsten durchsetzen.
Das Unternehmen tätigt bei der „Follow-the-Free“-Strategie eine Investition in die Zukunft. Damit ist unvermeidlich auch ein hohes unternehmerisches Risiko verbunden, weil die Refinanzierung nicht gewährleistet werden kann. Trotzdem ist im Geschwindigkeitswettbewerb um positive Feedbacks ist diese Preisstrategie ein effektiver Ansatz und offeriert die Chance nachhaltige Wettbewerbsvorteile, Umsätze und eine Kundenbindung zu erreichen. Insbesondere bei Software-Produkten muss sich das Produkt als Standard durchsetzen; nur so können die Kunden dauerhaft gebunden werden. Letztendlich dominieren nur wenige Unternehmen den Markt.
Fazit
Die Internetnutzer sind sicherlich durch einen Preisvorteil zu einem Geschäftsabschluss zu bewegen. Dennoch kann daraus nicht zwingend geschlossen werden, dass dieser Preisvorteil auch künftige Wiederholungskäufe im Sinne der Kundenbindung nach sich zieht. In vielen Fällen fungiert das preispolitische Argument als ein zusätzlicher Anreiz für die Kunden zur Bindung an einen Anbieter.
Eine Ausschöpfung der Zahlungsbereitschaften werden im Electronic Commerce durch individuelle Preisgestaltungen einfach realisierbar. Bei Preissetzungen, die den individuellen Preisvorstellungen der Kunden entsprechen, entsteht eine relativ hohe Kundenzufriedenheit. Darüber hinaus wird eine Intransparenz erzeugt. Diese Art der Preisfindung dient der Kundenbindung. Dabei wird bewusst eine Selbstbestimmung von Seiten der Abnehmer betrieben. Dafür sind das Co-Shopping, das Visioning, das Customer Driven Pricing und die Online-Auktionen besonders geeignet.
Bonusprogramme können über das Internet effizient abgewickelt werden. Sie initiieren am besten Wiederholungskäufe und liefern zusätzlich relevante Informationen über die Kunden und ihr Kaufverhalten. Die höchste Kundenbindung wird durch Programme erzeugt, die in Kooperation mit weiteren Unternehmen und bei der Einbehaltung eines Restbestandes an bereits erbrachter Leistung von Seiten der Kunden erfolgen. Sie werden in der Internet-Ökonomie eine herausragende Bedeutung erreichen.
Für die Realisierung einer Kundenbindung ist eine präzise Bestimmung des preispolitischen Spielraums von hoher Bedeutung, die spezifisch auf Käufertypen und Leistungen zugeschnitten sein muss – besonders in Erwartung von steigenden Internet-Nutzerzahlen und damit einhergehend auch Kunden.
Autor: Petra Keßler
eingestellt am 05. Juni 2001
Rückfragen an den Autor unter petra.kessler@web.de
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Literaturempfehlung:
absatzwirtschaft Zeitschrift für Marketing, Simon – Kucher & Partners (Hrsg.): Stopp dem Preiswahnsinn : Mit Power Pricing zu höheren Gewinnen – Pricing-Kongress und Workshop, Frankfurt am Main, 2000.
Albers, S. et al. (Hrsg.): eCommerce : Einstieg, Strategie und Umsetzung in Unternehmen, 2. Aufl., Frankfurt am Main, 2000.
Ballhaus, J., Hanser, P.: Intelligente Preisstrategie und Taktik statt Preiskrieg, in: absatzwirtschaft Zeitschrift für Marketing, 43. Jg., 2000, Heft 8, S. 58-63.
Bliemel, F.W., Fassott, G., Axel, Th. (Hrsg.): Electronic Commerce : Herausforderungen – Anwendungen – Perspektiven, 3. Aufl., Wiesbaden, 2000.
Bruhn, M., Homburg, Ch. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement : Grundlagen – Konzepte – Erfahrungen, 2. Aufl., Wiesbaden, 1999.
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Wamser, Ch. (Hrsg.): Electronic Commerce : Grundlagen und Perspektiven, München, 2000.
Zerdick, A. et al.: Die Internet-Ökonomie: Strategien für die digitale Wirtschaft, 2. Aufl., Berlin et al, 1999.