Mobilfunkanbieter führen Eco-Rating für Smartphones ein

Bei neuen Smartphones geht es längst nicht mehr nur um leistungsstarke Technik, sondern auch um Nachhaltigkeit. Ein Eco-Rating soll künftig beim Kauf helfen. Doch ausgerechnet der Öko-Pionier unter den Smartphone-Herstellern macht nicht mit.
Eco-Rating für Smartphones: Apple, Sony, Google – und auch Fairphone fehlen. (© Vodafone)

Führende europäische Mobilfunkprovider wollen künftig über Reparaturfähigkeit und Klimaverträglichkeit neuer Smartphones informieren. Bei einem am Dienstag präsentierten Eco-Rating werden ab Juni 2021 bis zu 100 Punkte vergeben. Die Gesamtwertung für das angebotene Smartphone wird aus Herstellerangaben berechnet.

Ziel ist es, für Endkunden einheitliche und präzise Informationen über die Umweltauswirkungen in Zusammenhang mit Herstellung, Nutzung, Transport und Entsorgung von Smartphones und Feature-Phones zur Verfügung zu stellen. Anhand des Eco-Ratings sollen Betreiber und ihre Kunden die Nachhaltigkeit von Mobilgeräten besser bewerten können.

Eco-Rating besteht aus fünf Kategorien

Beim Eco-Rating werden 19 verschiedene Kriterien angewandt, die zu einer Gesamtpunktzahl für das jeweilige Gerät führen. Darüber hinaus soll das Eco-Rating Aufschluss über die folgenden fünf Aspekte geben:

  1. Langlebigkeit: Umfasst die Robustheit, die Akkulebensdauer und den Garantiezeitraum des Gerätes und seiner Bestandteile.
  2. Reparaturfähigkeit: Umfasst beispielsweise das Design des Mobiltelefons und zusätzliche Maßnahmen, durch die die Reparaturfähigkeit, Wiederverwendbarkeit und Aufrüstbarkeit des Gerätes verbessert und so seine Nutzungsdauer verlängert werden kann. Je höher die Punktzahl in der Kategorie Reparaturfähigkeit, desto besser schneidet das Gerät hinsichtlich dieser Aspekte ab.
  3. Recyclefähigkeit: Erfasst wird, wie einfach das Gerät in seine Bestandteile zerlegt und die darin verwendeten Wertstoffe zurückgewonnen werden können, welche Informationen dazu bereitgestellt werden und wie leicht die Wertstoffe recycelt werden können.
  4. Klimaverträglichkeit: Bewertet die Treibhausgasemissionen des Gerätes über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Je höher die Punktzahl, desto geringer ist die Klimabelastung.
  5. Ressourcenschonung: Bewertet die Auswirkungen der im Gerät verbauten Menge an knappen Rohstoffen (zum Beispiel Gold für die Herstellung von elektronischen Bauteilen) auf die Erschöpfung von Ressourcen. Je höher die Punktzahl in dieser Kategorie, desto weniger wird die Verfügbarkeit knapper Rohstoffe durch das Gerät beeinträchtigt.

Das Eco-Rating basiert laut den Initiatoren „auf Branchenkenntnissen und bewährten Verfahren, die im Rahmen von früheren Initiativen zur Umweltkennzeichnung identifiziert wurden“. Das Rating wurde mit technischer Unterstützung und unter Aufsicht der IHOBE (staatliche Organisation mit den Schwerpunkten wirtschaftliche Entwicklung, Nachhaltigkeit und Umwelt) sowie unter Beteiligung verschiedener Gerätehersteller entwickelt. Dabei wurden aktuelle Normen und Richtlinien der Europäischen Union, der ITU-T, der ETSI und der ISO zugrunde gelegt und bei Bedarf neue Parameter entwickelt.

Deutsche Telekom und Vodafone beim Eco-Rating dabei

Auf Providerseite beteiligen sich die Deutsche Telekom, Telefónica (O2) und Vodafone an dem Bewertungssystem. Außerdem sind Orange aus Frankreich und Telia Company aus Schweden mit dabei.

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Zum Start des neuen Eco-Rating-Systems werden zunächst Smartphone-Modelle von zwölf verschiedenen Anbietern durch die Initiative bewertet, unter anderem One Plus, Lenovo (Motorola), HMD Global (Nokia), Oppo, Samsung, Xiaomi und Alcatel. Weitere Handyhersteller und Mobiltelefonmarken sollen folgen.

Apple, Sony, Google – und auch Fairphone fehlen

Von den großen Smartphone-Herstellern fehlen bei der Initiative Apple, Sony und Google. Auffällig ist aber noch viel mehr, dass auch niederländische Hersteller Fairphone, der nach Einschätzung vieler Experten derzeit die umweltfreundlichsten Smartphones anbietet, nicht auf der Liste der Kooperationspartner steht.

Eine Sprecherin von Fairphone begrüßte die Initiative prinzipiell als „einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung für die Branche hin zu einem nachhaltigeren Ansatz“, kritisierte aber das Bewertungssystem. „Obwohl wir stolz darauf sind, Teil des Pilotprojekts gewesen zu sein und unsere Teilnahme von Vorteil war, glauben wir nicht, dass das Punktesystem die gesamte Arbeit, die wir leisten, widerspiegelt.“

Fairphone findet Eco-Rating nicht umfassend genug

Bei Fairphone gingen Umwelt- und Sozialverantwortung Hand in Hand, um einen nachhaltigen Systemwandel zu erreichen, so die Sprecherin. In den Bereichen Reparierbarkeit, Wiederverwertbarkeit und Verpackung habe Fairphone bei dem Rating eine hohe Punktezahl erreicht. „Aufgrund des modularen Designs des Telefons und der Tatsache, dass wir uns zu unserer Verantwortung und der Notwendigkeit des handwerklichen Bergbaus für die nächsten Jahrzehnte bekennen, anstatt uns nur auf recycelte Materialien zu konzentrieren, haben wir jedoch bei der Langlebigkeit und dem Gehalt an recycelten Materialien schlecht abgeschnitten.“

Fairphone habe außerdem umfangreiche Programme zur sozialen Verantwortung in Bereichen wie Arbeitsbedingungen und fairere Materialien. „Leider spiegelt sich dies nicht in der Eco-Rating-Bewertung wider.“

Die Provider erklärten, die Bewertung gelte für neue Geräte. „Wenn neue Smartphones oder einfache Handys auf den Markt kommen, werden die Mobilfunkbetreiber diese Geräte bewerten. Das Konsortium geht davon aus, dass letztendlich alle Geräte, die den Verbrauchern zur Verfügung stehen, ein Öko-Rating haben werden.“

Eco-Rating in über 20 europäischen Ländern

Das Eco-Rating wird in den folgenden europäischen Ländern eingeführt:

Albanien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Litauen, Nordmazedonien, Montenegro, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn und im Vereinigten Königreich.

Refurbed-CEO sieht Apple & Co. in der Pflicht

In der Branche sorgte das neue Eco-Rating für positive Resonanz. „Das neue Eco-Rating schafft bei Verbraucher:innen mehr Transparenz, um nachhaltige Kaufentscheidungen bei Smartphones treffen zu können. Bislang war es sehr schwer für Kund:innen, vor dem Kauf Informationen über die Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit zu erhalten“, sagt beispielsweise Kilian Kaminski, CEO & Co-Gründer von Refurbed.

Jetzt sind laut Kaminski allerdings auch die Hersteller am Zug: „Sie müssen sich ihrer Verantwortung stellen, Geräte einfacher reparierbar zu konstruieren und länger mit (Software-)Updates zu versorgen, damit das Rating auch langfristig Effekte bringt“, sagt er und nimmt auch die beim Eco-Rating bisher noch fehlenden Smartphone-Hersteller wie Apple und Sony in die Pflicht. „Wir sehen, dass gerade iPhones im Refurbished-Segment besonders stark nachgefragt werden. Hier muss Apple nachziehen: Elektronische Geräte müssen leichter auf den technisch notwendigen Stand aufgerüstet werden können“, sagt Kaminski.

Refurbishment verringere effektiv CO2-Emissionen, die bei der Herstellung neuer Produkte anfallen, schone wertvolle Ressourcen und vermeidet unnötigen Elektroschrott. „Allein in Deutschland fallen jährlich 1,6 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Ein riesiger Müllberg, der jedes Jahr weiter wächst“, sagt der Refurbed-Chef.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.