Mobile Marketing: Die Werbung zum Wetter

Wetter-Apps sind die meistgenutzten mobilen Anwendungen nach Social Media. Doch die Verweildauer ist extrem kurz. Mit einem Datenpartner gelang es WetterOnline, den Werbeumsatz pro User zu steigern.
WetterOnline achtet auf eine ausgewogene Balance zwischen Content und Werbung. (© Screenshot: absatzwirtschaft)

Die Nutzung von Onlineangeboten via Smartphone nimmt unaufhörlich zu. Manche Websites verzeichnen inzwischen, dass über 60 Prozent ihres Traffics von mobilen Endgeräten stammt. Aber die Monetarisierung des mobilen Traffics hinkt nach wie vor hinterher. Der Onlinevermarkterkreis OVK hat in seinem Bericht 2019 berechnet, dass das attraktivste mobile Werbemittel, das mobile Pre-Roll, gerade mal ein Drittel des Umsatzes seines großen Bruders erwirtschaftet: dem auf stationären Geräten ausgelieferten Video-Vorspann.


Glossar zum Thema Programmatic Advertising: Von AdClutter bis Whitelist


Zu den meistgenutzten Onlineangeboten zählen dem OVK zufolge die Wetterdienste. Sie rangieren auf Platz drei der Hitliste, hinter E-Mails und Suchmaschinen und noch vor Nachrichten. Da liegt es auf der Hand, dass sich Wetterdienste besonders viel Mühe geben müssen, ihren Content zu monetarisieren und zwar vor allem im mobilen Segment. Das ist allerdings nicht einfach, da die Verweildauer in Wetter-Apps eher gering ausfällt, auch wenn sich die Wetterdienste alle Mühe geben, das mittels immer neuer Content-Module zu ändern.

Im OVK-Bericht 2019 gilt Wetter als drittwichtigste Information, die online recherchiert wird – noch vor Nachrichten. Quelle: OVK-Report 2019

WetterOnline, ein digitales Traditionsunternehmen

WetterOnline aus Bonn, vor 20 Jahren von Joachim Klaßen gegründet, der auch heute noch Geschäftsführer ist, wählte jüngst den Weg über einen programmatischen Ansatz. In der Vergangenheit wurden Werbeplätze nach dem Wasserfall-Prinzip vergeben. Wer also früher schon hohe Tausend-Kontakt-Preise (TKP) – oder CPM, Cost per mille, wie die Digitalen lieber sagen – ausgab, hatte gute Chancen, auch beim nächsten User zum Zug zu kommen. Dabei spielte es keine Rolle, ob der Werbetreibende genau diesen User besonders spannend fand. Eventuell würde sogar ein anderer Advertiser, der weiter hinten in der „Wasserfall-Liste“ auftaucht, viel mehr für genau diesen Nutzer bieten.

Ein Auktionssystem musste her, und WetterOnline wurde beim langjährigen Retargeting-Partner Criteo fündig. Das Produkt heißt Direct Bidder und ließ sich mit ein paar Zeilen Code (Fachbegriff: SDK – Software Developement Kit) in die WetterOnline-App integrieren. „Wir haben ein kleines fokussiertes Team, daher war für uns der Support von Criteo sehr wertvoll“, erläutert Christoph Brömling, der oberste Werbeverkäufer von WetterOnline.

Durch Anbindung des Direct Bidder werden die sozio-demographischen Daten und die Standortdaten, die WetterOnline sammelt, mit den Verhaltensdaten der User, die Criteo über Tausende von Websites hinweg trackt, angereichert. Dadurch entsteht ein genaueres Bild der Customer Journey und der jeweilige Werbetreibende kann präzise identifizieren, wie relevant der einzelne App-User für die eigene Kundenbasis ist und  welche Kaufbereitschaft vorliegt.

Harter Wettbewerb im Wetter-Business

In Bonn arbeitet man permanent an Aktualisierungen der App, ist aber auch extrem vorsichtig, um die User Experience nicht kaputt zu machen. Der Wettbewerb im Wetter-Business ist hart. Viele Kunden sehen keine großen inhaltlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Diensten, da entscheidet dann die Qualität der Software. Wer die User Experience mit langen Ladezeiten oder zu vielen Werbeeinblendungen (AdClutter) stört, verliert seine User.

Auch die Qualität der ausgespielten Werbung ist ein entscheidendes Kriterium: „Wir hatten in zehn Jahren Zusammenarbeit nicht eine einzige Beschwerde über einen Werbetreibenden, der von Criteo ausgespielt wurde“, sagt Brömling. Gerade in vollautomatisierten, programmatischen Systemen ist es wichtig, dass der Publisher dem Dienstleister auf der Nachfrageseite (Demand Side) vertrauen kann, denn individuelle Kontrollen sind allerhöchstens in Stichproben zu leisten.

Trotz dieses Vertrauensvorschusses war man bei WetterOnline vorsichtig und rollte zunächst einen Test aus. Zehn Prozent der WetterOnline-App-Nutzer bekamen das neue System vorgesetzt. Die Ladezeiten der Seiten inklusive der dynamisch ausgespielten Werbung machten keine Probleme, die generierten Umsätze stiegen aber unmittelbar. Das Kalkül der Bonner ging auf: Die Criteo-Auktion spülte Advertiser nach vorne, die mehr zu zahlen bereit waren. Die Umsätze mit Criteo verdoppelten sich und im Vergleich zu den anderen angebundenen Werbenetzwerken konnte Criteo die Menge der Einblendungen um rund ein Drittel steigern. Inzwischen ist das Criteo-System in allen App-Installationen integriert. WetterOnline konnte mit nur einem Code alle 40 Ländervarianten aktualisieren und ist nun in der Lage, den eigenen Content besser zu monetarisieren.