Frau Grumbach, das Wichtigste vorweg: Wie geht es Ihnen persönlich?
DANIELA GRUMBACH: Mir geht es ganz gut, danke! Mein Mann arbeitet in der Gesundheitsbranche für eine Klinikgruppe, er ist also jeden Tag noch direkter als ich mit der Corona-Krise betraut. Dadurch kehrt man auch so ein bisschen wieder auf den Boden zurück. Wir sind beide sehr dankbar, dass wir Jobs haben und gesund sind. Aber das ändert nichts daran, dass ich ein ungeduldiger Mensch bin und mir meinem Naturell entsprechend manche Sachen momentan krisenbedingt auch nicht schnell genug gehen.
Arbeiten Sie dann gar nicht zu 100 Prozent im Homeoffice?
Nein, ich fahre circa alle zwei Tage ins Büro, um mich mit zum Beispiel mit den Abteilungen zu treffen – natürlich mit dem erforderlichen Abstand.
Geht das nicht digital?
Der reine Austausch schon, aber wir haben in unseren Büroräumen beispielsweise immer mal wieder Produktneuheiten stehen, die wir uns anschauen müssen. Es gibt einfach Dinge, die man live und in Farbe gesehen und ausprobiert haben muss. Alle meine Mitarbeiter aus den Bereichen Digital und Marketing sind aber komplett im Homeoffice.
War es für Ihre Mitarbeiter schwer, von heute auf morgen das Büro nach Hause zu verlegen?
Die Möglichkeit zum Homeoffice gab es im Hailo-Marketing auch schon vor der Corona-Krise. Viele Kolleginnen und Kollegen wollen jedoch grundsätzlich gar nicht so gern von zu Hause arbeiten, sondern ihre Aufgaben lieber im Büro erledigen. Das ist ja auch völlig in Ordnung. Aber nun, in der Pflichtsituation, war die Umstellung überhaupt kein Problem! Denn allen Mitgliedern meiner Teams war klar, dass wir das Infektionsrisiko so schnell und konsequent wie möglich eindämmen müssen. Also haben wir von jetzt auf gleich Microsoft Teams installiert, dann ging es mit einem ersten Call los.
Welche weiteren Kommunikationsmittel und -wege nutzen Sie nun im Alltag?
Das ist eine bunte Mischung: In meinen beiden Teams, Digital und Marketing, machen wir täglich morgens eine halbe Stunde Videokonferenz und mittags noch einmal ein digitales Stand-Up. Neben Microsoft Teams nutzen wir auch Slack und haben zudem eine WhatsApp-Gruppe gegründet, damit wir in manchen Fragen noch schneller kommunizieren können.
Kann sich jeder Mitarbeiter damit identifizieren und werden diese neuen Arbeitsweisen auch langfristig Bestand haben?
Es gibt wahrscheinlich in jedem Unternehmen Mitarbeiter, die sich im Umgang mit digitalen Tools schwerer tun als andere – so auch bei uns. Ich hoffe aber durchaus, dass wir durch die momentan vorherrschende neue Offenheit andere Arten der Zusammenarbeit auch nach der Krise etablieren können. Klar ist, dass das aufgrund der Art der Arbeit nicht für jede Abteilung gleichermaßen gelten kann. Aber ich kann sagen, dass es in meinem Marketingbereich auch nach überstandener Corona-Krise Homeoffice und agile Kommunikationsformen geben wird.
Was fehlt Ihnen am meisten an der Arbeit im Büro?
Ich agiere in der Regel gern autark und mag es auch, schnell und konsequent in Entscheidungssituationen zu gehen. Abstimmungsbedürftige Entscheidungen sind im Homeoffice jedoch tendenziell schwieriger herbeizuführen, da ich beispielsweise anders als im Büro nicht einfach mal einen Kollegen auf dem Flur abfangen kann. Mir persönlich fehlen zudem auch vermeintlich ganz banale Dinge wie das Händeschütteln und das Gestikulieren von Kollegen. Denn beides sorgt schon für eine gewisse Nahbarkeit.
Hat das dezentrale Arbeiten im Homeoffice für Ihre Marketingorganisation zusammenfassend mehr Vor- oder mehr Nachteile?
Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Manche Kollegen berichten von einer unglaublichen Effizienzsteigerung im Homeoffice, weil auf einmal nicht mehr durchgehend das Telefon klingelt oder ein Kollege am Schreibtisch steht. Andererseits ist gerade der reale Austausch von Mensch zu Mensch für viele Kollegen inspirierend und auch ein Grund, zur Arbeit zu gehen. Für mich als Führungskraft verlangt das Arbeiten aller im Homeoffice viel mehr Zeit für Steuerungsmaßnahmen. Denn ohne transparente und regelmäßige Kommunikation kann auch schnell Vertrauen verloren gehen. Am Ende ist in der Gesamtbetrachtung wohl weder das komplette Arbeiten im Homeoffice noch die dauerhafte Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz der goldene Weg, sondern die richtige Mischung daraus.
Die Leute haben nun noch mehr Zeit und wollen aktuell vermehrt digital bestellen. Deshalb haben wir das Budget umgeschichtet – zum Beispiel zugunsten von erhöhten Google Ads und Google Shopping.“
Daniela Grumbach, Director Marketing Home & Business sowie Head of Digital Unit, Hailo-Werk
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihre Verantwortungsbereiche bei Hailo aus?
Lassen sie mich dazu etwas weiter ausholen: Wir haben 2018 einen Marken-Relaunch vollzogen und 2019 bin ich an die Geschäftsführung herangetreten, um den nächsten Schritt in der Digitalisierung einzuläuten. Wir haben danach eine Online-Strategie aufgesetzt, das Team für die Umsetzung baue ich gerade auf. Die Corona-Krise sorgt für eine ungeahnte Dynamik in unseren ohnehin schon vorhandenen Digitalisierungsplänen, durch die wir noch schneller agieren müssen. Manche Schritte haben wir nun aus dem dritten oder vierten Quartal vorgezogen. Denn ganz ehrlich: Es geht jetzt jeden Tag um Lösungen, jeden Tag! Wir überlegen aktuell mehrfach pro Woche, wie wir unsere Abläufe digital optimieren können. Diese Dynamik ist durchaus eine positive Seite der Krise, wenn ich das mal so formulieren darf.
Was heißt das konkret?
Es gehen aktuell deutlich mehr Bestellungen in unserem Online-Shop ein als zuvor. Das Frühjahr ist einer der wichtigsten Geschäftszeiträume für Hailo, nun haben die Leute zudem noch mehr Zeit und wollen aktuell vermehrt digital bestellen. Deshalb haben wir das Budget umgeschichtet – zum Beispiel zugunsten von erhöhten Google Ads und Google Shopping. Darüber hinaus betreiben wir auf unseren Social-Kanälen eine viel aktivere und intensivere Interaktion mit unseren Kunden. Personas, die wir vor ein paar Wochen aufgestellt hatten, mussten schon wieder angepasst und spezifiziert werden.
Vita Daniela Grumbach
Daniela Grumbach (48) ist seit Juli 2017 Director Marketing für den Bereich Home & Business sowie Head of Digital Unit bei Hailo-Werk. Zuvor war die gebürtige Rheinland-Pfälzerin unter anderem von 2013 bis 2017 Leiterin Strategisches Marketing bei Fissler, von 2012 bis 2013 Leiterin Marketing & Kommunikation der größten deutschen Mercedes-Niederlassung Rhein-Ruhr sowie von 2007 bis 2012 Director of Brandmanagement bei Eschenbach Optik.
Wie haben Sie Ihre Kommunikation in der Corona-Krise verändert?
Unsere Kommunikationsstrategie für das Jahr 2020 fokussiert sich komplett auf unsere Online-Transformation. Das heißt: Alle unsere Aktionen haben eine Relevanz für unsere neue Homepage und sind SEO-getrieben. Daran haben wir grundsätzlich auch nichts verändert. Unmittelbar nach Eintreten des Ausnahmezustands waren wir uns aber schnell einig, dass wir zunächst unmöglich so weitermachen konnten, wie bisher. Wir wollten nach außen das Vertrauen stärken und authentisch zu erkennen geben, dass wir hier hinter den Kulissen zwar alle die gleichen Sorgen haben, aber weiterhin für unsere Kunden da und vor allem optimistisch sind.
Wie haben Sie das gemacht?
Die Aktionen reichten von einem mutmachenden Video-Statement unseres Geschäftsführers Jörg Lindemann über witzige Bilder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Homeoffice bis hin zu einem Post unserer Auszubildenden, die ein selbstgereimtes Corona-Lied auf ihrer Ukulele gespielt hat. Auf einmal war auch dabei eine neue Dynamik zu verspüren, nach dem Motto: „Hey, das ist doch ganz cool: Wir berichten einfach mal über uns und geben Hailo damit ein noch stärkeres Gesicht!“ Fairerweise muss ich dazusagen, dass wir uns für das Jahr 2020 ohnehin vorgenommen haben, von der Produktentwicklung bis zur Logistik mehr Einblicke in unser Innenleben zu geben. Da haben wir die Chance jetzt einfach etwas frühzeitiger genutzt – und auch die Taktung erhöht.
Auf welche Kanäle setzen Sie bei Ihren Botschaften?
Wir fokussieren uns auf Instagram und Facebook. Wir sind drauf und dran, uns verstärkt auch mit Pinterest zu beschäftigen, aber das ist momentan noch kein starker Kanal für uns. Ich persönlich kommuniziere zudem über LinkedIn und Xing.
Haben Sie schon erste Ergebnisse aus den intensivierten Maßnahmen?
Dafür ist es noch etwas zu früh. Da wir mit unserer Digital-Unit erst seit September 2019 am Start sind, sehen wir das Ganze jetzt auch als Lernphase und stellen uns viele Fragen: Was hat es zur Folge, wenn wir unsere Ad Spendings bei Facebook erhöhen? Wie können wir unsere Conversion-Rates erhöhen? Müssen wir unsere Posts oder deren Taktung verändern? Klar ist aber auch, dass wir jetzt nicht Unmengen des Budgets verpulvern, mit dem wir bis zum Jahresende haushalten müssen.
Über Hailo
Hailo ist ein international agierender Hersteller von Leitern und Mülleimern für Haushalt und Gewerbe. Bei den Steh- und Trittleitern ist das 1947 gegründete Unternehmen Marktführer in Europa. Über 400 Beschäftigte fertigen circa 80 Prozent der Produkte in der deutschen Firmenzentrale im hessischen Haiger sowie im französischen Werk in La Chapelle. Die Produkte von Hailo sind in über 60 Ländern vertreten. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte Hailo einen Umsatz von rund 120 Millionen Euro.