Porsche-Fahrer, Apple-Freaks und Becks-Trinker wissen ihre Marke ebenso zu schätzen wie der Maschinenführer seine Fräsanlage, der Reparaturdienst ein bestimmtes Haushaltsgerät oder der Monteur eine spezielle elektronische Schaltanlage. Doch immer häufiger versagen Markenprodukte: Armbanduhren, die undicht sind; Maschinenersatzteile, welche doppelt so schnell verschleißen, bis hin zu Medikamenten ohne Wirkung. „Das kann gar nicht sein“, erheben die betroffenen Markenunternehmen Einspruch. Sie verweisen auf deutsche Ingenieursarbeit, höchste Fertigungsstandards und Qualitätssicherung, ignorieren dabei aber den größten Feind ihrer Produkte: Plagiate und Fälschungen, die das Qualitätsimage bedrohen.
Offensichtliche Umsatzverluste und unberechtigte Gewährleistungsansprüche, die eine Markenerosion mit sich bringen, sind oft nur die Spitze des Eisbergs. Denn von gefälschten Produkten, wie beispielsweise mangelhaften Bremsbelägen oder Antriebsketten, kopierten Flugzeugersatzteilen sowie wirkstofflosen Arzneimitteln, geht eine große Gefahr aus. Darüber hinaus beeinflussen Sekundärfolgen – die den Betroffenen nicht sofort in den Sinn kommen – die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. So bewerten auch Kreditinstitute die Marke und deren Wert, etwa wenn bei Neuinvestitionen die Kreditwürdigkeit geprüft wird. Außerdem wird beurteilt, inwiefern ein Unternehmen in der Lage ist Know-how und Technologien am Markt in Umsatz und letztlich Gewinn zu verwandeln. Hier spielt die Fähigkeit, Nachahmer auf Abstand halten zu können, eine bedeutende Rolle.
Aktiver Markenschutz statt Schadenseindämmung
Viele Markenunternehmen reagieren erst auf die Angriffe dreister Plagiateure und Fälscher, wenn diese spürbar das eigene Geschäft bedrohen, statt sich offensiv und proaktiv mit dem Markenschutz zu beschäftigen. Die Anmeldung und flächendeckende Nationalisierung von Marken, Gebrauchsmustern und Patenten ist dabei nur das Fundament einer ganzheitlichen Markenschutzstrategie. Das vielfältige Instrumentarium entfaltet erst seine volle Wirkung, wenn die Kombination von Risiko- und Sicherheitsmanagement umgesetzt wird – und das unternehmensweit. Gleichermaßen von Bedeutung ist es, die Gefahrenquellen für einen Informations- und Know-how-Abfluss zu identifizieren. Hierzu zählt eine vernünftige Absicherung der IT, eine langfristige Bindung von Kompetenzträgern an das eigene Unternehmen ebenso wie ein bewusster und vernünftiger Umgang von Informationen bei Kooperationsprojekten mit externen Partnern.
Natürlich sind Markenangriffe und die entsprechend notwendigen Schutzstrategien sehr branchenindividuell. Die Hersteller von Haushaltswaren und Porzellan versuchen, ihre Designideen primär über Gebrauchsmuster und exklusive Vertragsbindungen zu schützen. Maschinenhersteller hingegen bewahren ihre Produkte zunächst über Patente und eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Zusatzfunktionen vor illegalen Nachahmungen. Durch eine frühzeitige Situationsanalyse wird das schützenswerte Know-how definiert, Bedrohungsszenarien werden analysiert und den entsprechenden Handlungsbedarf aufgezeigt. Ein individuelles Schutzkonzept kann die entsprechenden Schwachstellen im Informations- und Lieferantenmanagement, in Entwicklung und Fertigung oder der Distributionspolitik verdeutlichen und daraufhin Gegenmaßnahmen definieren.
Fälschungssicheres Branding für effektive Warenerkennung
Die Wahrnehmung der Marke zu erhöhen sowie die Loyalität von Kunden und Anwendern zu fördern, unterstützt ein konsequentes fälschungssicheres Branding auf technischen Ersatzteilen, Verschlüssen oder Logistiketiketten. Diese Markenapplikation ermöglicht darüber hinaus die Rechtsdurchsetzung im Rahmen von Warenbeschlagnahmungen, Razzien und Prozessen gegen Fälscherbanden. Immer größere Bedeutung erhält die Serialisierung von Produkten, denn die fortlaufende Nummerierung und Codierung macht jeden Artikel zum Unikat. In Kombination mit weiteren, verschlüsselten Informationen kann die variable Produktkennzeichnung helfen, logistische Prozesse zu optimieren und Warenströme zu analysieren. Zur Abwehr von Fälschungen können zum Beispiel codierte Hologrammetiketten eingesetzt werden, anhand derer die Kunden die Echtheit prüfen. Gleichzeitig analysiert das Unternehmen so Abverkäufe oder Retouren und verfolgt die eigenen Produkte. Dadurch ist es beispielsweise möglich, einzelne Distributoren zu überführen, die jenseits vereinbarter Vertriebsregionen verkaufen.
BOSCH Automotive führte ein solches Markenschutzprogramm für seine Autoersatzteile ein. Die entwickelte Sicherheitslösung ermöglicht, die Echtheit von Automobilteilen wie Lambdasonden, Startgeneratoren, Zündkerzen, Wartungssoftware oder Abgassensoren über eine Internetplattform zu kontrollieren und somit von Fälschungen zu unterscheiden. Zum Einsatz kommen hochsichere Hologrammetiketten, in die ein modulares Tracing-System eingearbeitet ist. Die Etiketten werden mit individuellen 15-stelligen, alphanumerischen Codes bedruckt sowie einfach verständlichen Hinweisen zur Durchführung der Authentizitätsprüfung. Mit diesem KeySecure-Code können Fachwerkstätten, Experten oder Endkunden die Echtheit der Produkte jederzeit weltweit über eine Internetadresse online verifizieren. Die Zahlen- und Buchstabenkombinationen werden von einem hochsicheren Rechnersystem generiert, das verschiedene Verschlüsselungstechnologien miteinander kombiniert. Jedes Etikett ist mit einem einzigartigen Code versehen, dessen Ausgabe an die Produktionswerke strengen Sicherheitskontrollen unterliegt. Um das Kopieren einzelner Codes zu verhindern, verweigert das System eine Mehrfacheingabe. Das Siegel trägt zusätzlich weitere offene und verborgene Sicherheitsmerkmale, etwa einen Hologrammstreifen, über dessen genaue Merkmale bei der Prüfung informiert wird. Das System wird sehr gut angenommen und bereits weltweit zur Kennzeichnung und Prüfung von Automobilersatzteilen von Bosch genutzt.
Echtheitsnachweis per Fingerdruck
Dass bei einem Anstieg des Bekanntheitsgrades einer Marke auch die Zahl der Produktfälschungen zunimmt, musste die Knauf Gips KG erkennen. Als der führende Hersteller von Baustoffen seine Geschäfte in Osteuropa mit Schwerpunkt Russland ausbaute, wurde das Unternehmen vermehrt mit Plagiaten konfrontiert. Für den Originalitätsschutz der Knauf-Produkte wurde ein spezielles, fälschungssicheres Gütesiegel auf allen Gipssäcken eingeführt, das ein hohes Maß an Produktschutz bietet und dabei den wirtschaftlichen Anforderungen Rechnung trägt. Sichergestellt wurde dies durch die spezielle Kombination von offenen und verborgenen Sicherheitsmerkmalen zur Absicherung und Echtheitsbestätigung des Produktes inklusive einer möglichen Prüfung durch den Kunden. Um ein besonders effizientes Ergebnis zu erzielen, wurde eng mit dem Verpackungshersteller kooperiert, der alle Papiersäcke für den gips- und zementgebundenen Putz liefert. Mittlerweile ist bereits die zweite Generation des Knauf-Originalitätssiegels im Einsatz, die per Fingerdruck die Echtheit des Produktes feststellt. Dafür wird für die Aufschrift ein Thermo-Reactive-Print verwendet, der bei Erwärmung seine Farbe ändert.
Herausforderung Markenerosion
Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt von zahlreichen Faktoren ab, die weniger oder mehr beeinflussbar sind. Die Markenerosion zählt auf den ersten Blick unter globalen Gesichtspunkten zu den eher unberechenbaren Einflüssen. Viele Markenschutz-Manager sind immer noch überrascht, wie konsequente Sicherheitsmaßnahmen in diesem Bereich wirkungsvoll ineinandergreifen. Unternehmen können viel dazu beitragen, die Zügel fester in der Hand zu halten, wenn es darum geht ihre Marken zu schützen. Individuelle Sicherheitslösungen können oft einfach und effizient in bestehende Prozesse integriert werden, um die notwendigen Sicherheitsgrade zu erzielen. Wer weltweit agiert und aufgrund seiner Kompetenzen bei Kunden und Verbrauchern Vertrauen schaffen will, kann sich mit einer einheitlichen Strategie im Kampf gegen die Markenpiraterie Marktanteile sichern und langfristig auch den Umsatz verbessern.
Über den Autor: Thomas Völcker ist Marketing- und Vertriebsleiter bei Schreiner ProSecure, einem Geschäftsbereich der Schreiner Group GmbH & Co. KG mit Sitz in Oberschleißheim bei München. Schreiner Pro Secure entwickelt und produziert individuelle Sicherheitslösungen für den Produkt- und Dokumentenschutz.