Hat US-Präsident Donald Trump bei seinen Reden in den vergangenen Monaten die Wahrheit gesagt? Stimmen die Zahlen, mit denen deutsche Politiker hantieren? Falsche Berichte und Desinformationen scheinen seit einigen Jahren mehr und mehr in den öffentlichen Fokus zu geraten. Gerade in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter verbreiten sich falsche Informationen teils rasend schnell. Wie man dagegen vorgehen kann, erzählte Mark Stencel am ersten Tag des DIS, die vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger und vom globalen FIPP-Netzwerk zum elften Mal veranstaltet wird.
Stencel lehrt Journalismus an der Duke University in den USA und ist Co-Direktor beim Duke Reporters‘ LAB. Dort wird seit vielen Jahren erforscht, wie man besonders wirksam die Verbreitung von Desinformation verhindern kann. Zudem stellen die Forscher den Redaktionen sogenannte Fact-Checking-Tools zur Seite. Natürlich sei das Phänomen nicht neu, betonte er am Montagnachmittag in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom. Im ersten Schritt ginge es wie früher auch darum, Aussagen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. „Heute kommt zusätzlich dazu, die Fakten schnell zu überprüfen. Bevor die falschen Infos einen großen Teil der Öffentlichkeit erreichen.“
Weltweit gibt es aktuell 150 Fact-Checking-Projekte in 53 Ländern und damit 37 Projekte mehr als Ende 2016, wie ein Bericht des Reuters Institute for Study of Journalism zeigt. Hierzulande starteten diverse Medienhäuser im Jahr 2012 ihre Angebote. So hatte Spiegel Online beispielsweise den Münchhausen-Check und das ZDF initiierte den ZDF-Check. Aktiv sind beide derzeit nicht. Bei Spiegel Online ist der bislang letzte Beitrag auf den 2. Oktober des vorigen Jahres datiert. Andere deutschsprachige Redaktionen überprüfen weiterhin Nachrichten, Berichte und Aussagen zum Beispiel von Politikern oder Parteien auf ihren Wahrheitsgehalt, darunter Echtjetzt von Correctiv, Fakt oder Fake von der Zeit, der Faktenfinder der Tagesschau oder das selbstfinanzierte Freiwilligenprojekt Stimmtdas.org.
Aus Stencels Sicht nutzten weltweit jedoch zu wenige Nachrichtenredaktionen die vorhandenen mannigfaltigen Fact-Checking-Tools, mit denen sich Informationen fast in Echtzeit überprüfen lassen. Er forderte: „Redaktionen sollten mehr Kooperationen mit Fact-Checking-Projekten eingehen.“ Denn gerade bei kleinen und mittelgroßen Nachrichtenredaktionen gebe es erheblichen Nachholbedarf. Woran das liegt, erklärte der Medienexperte seinem Publikum direkt: zu wenig Personal mit entsprechenden Know-how, geringes Budget und wenig Zeit. Die Nachrichtenmaschine müsse stetig weiter laufen, erklärte Stencel und zitierte einen US-Nachrichtenjournalisten: „The goat must be fed.“