Mit innovativen Verkaufskonzepten in eine neue Zukunft

Würth und Liebherr entwickelten eine gemeinsame Lösung, um die hohen Prozesskosten bei der Beschaffung der C-Teile zu reduzieren. Dieses Projekt bescherte ihnen den ersten Preis beim Win/Win-Cup 2001 der VDI.

Wie kann ich einen Großabnehmer über einen langen Zeitraum hinweg an mein Unternehmen binden? Ralf Lagerbauer, Vertriebsleiter bei der Würth Industrie Service, fand für diese Frage eine besondere Antwort. Gemeinsam mit seinem Kunden Claus Kehrer, Projektbeauftragter der Liebherr Logistik GmbH, Kirchdorf, entwickelte er ein Geschäftsmodell, in das künftig noch weitere Zulieferer integriert werden sollen. Ralf Lagerbauer und Claus Kehrer erhielten für dieses Projekt anlässlich des Vertriebsingenieurstags in Darmstadt den Win/Win-Cup 2001.

Das Problem, das zu lösen war, bezieht sich auf so genannte C-Produkte. Somit betrifft es einen Großteil der Zuliefererindustrie, so Ralf Lagerbauer und Claus Kehrer bei ihrer Präsentation: „Zwar ist auch das kleinste Schräubchen ein unverzichtbares Teil einer Anlage. Doch sein monetärer Wert steht in keinem Verhältnis zum finanziellen Aufwand der bisher für den Beschaffungsprozess geleistet werden musste.„Das zentrale Ziel war die Minimierung und Automatisierung der Bestellvorgänge sowie die Reduzierung der Wiederbeschaffungszeiten und Lagerbestände durch die Einführung von Kanban, also die Direktversorgung der Arbeitsplätze durch den Zulieferer mit dem zu verarbeitenden Material.

Das Ergebnis der Win/Win-Partnerschaft: Der Kanban-Anteil der Geschäftsbeziehung liegt vier Jahre nach dem Start bei über 55 Prozent. Damit sind in beiden Unternehmen über 100.000 einzelne Arbeitsvorgänge ersatzlos entfallen. Das Umsatzvolumen zwischen Zulieferer und Kunde hat sich zwischenzeitlich auf 19 Millionen Mark verfünffacht.
Würth profitiert aber auch auf eine zweite Weise von dieser Kundenpartnerschaft. Mittelweile hat der Zulieferer das Projekt in seine Standardgeschäftsprozesse integriert so dass jetzt auch andere Kundenbeziehungen weltweit davon profitieren können.

Zweiter Platz: Den Markt gemeinsam aufrollen

Es gibt Probleme die brennen dem Kunden auf den Nägeln. Es gibt aber auch Probleme mit denen haben sich Kunden abgefunden weil sie davon ausgehen daß es keine Lösung gibt.
Ein solches Problem ist beispielsweise die Zusammenführung von Einzelkomponenten einer Produktionsanlage. Konkret: Beim Auf- oder Umbau solcher Fertigungsstrecken kommt es zu so genannten Schnittstellen-Komplikationen weil die von unterschiedlichen Herstellern gelieferten Komponente nicht zusammenpassen.
Erfolgreiche Unternehmen sehen jedoch hinter jedem Kundenproblem eine lukrative Marktnische. So auch die

  • Neumo GmbH, Knittlingen, Herstellerin von Edelstahlkomponente für die Medzizin und Pharmatechnik
  • Wika GmbH & Co, Klingenberg, Herstellerin von Instrumenten für die Druck- und Temperaturmesstechnik und
  • Mühlberger GmbH, Wiesbaden, Vertriebsunternehmen für Antriebstechnik und Leitungskomponente für die chemische und pharmazeutische Industrie.

Sie gingen davon aus daß eine Standardisierung dieser Schnittstellen für die Kunden eine willkommene Problemlösung bedeutet und somit auf einen hohen Bedarf treffen wird. Ergebnis: Die drei Unternehmen erkannten daß solch eine Harmonisierung der Komponente nicht im Alleingang zu erreichen. Sie kooperierten und lösten das Kundenproblem im engen Zusammenspiel.

Dritter Platz: Durch Kundenhilfe zum Marktführer

Noch unbesetzte Marktnischen sind äußerst rar. Wer sich trotzdem auf die Suche nach einem bislang unentdeckten Geschäftsfeld machen will, der sollte sich sich am besten von seinem Kunden führen lassen, wie das Beispiel der Portax.com GmbH, München, und der Demag Ergotech GmbH, Herstellerin von Spritzgießmaschinen zeigt.

Auf diese Marktnische stiess die Portax.com, als das Systemhaus mit ihrem Kunden Demag Ergotech ein Partnerschaftsmodell entwickelte, so berichtet deren Geschäftsführer Marketing/Vertrieb, Muhammed R. Chbib. Das Problemfeld der Demag Erogtech das zu Lösung anstand, betraf die Entwicklung einer Internetplattform für den globalen Informationsaustausch mit Kunden und Vertriebspartner, ergänzte deren Marketing Manager Gerd Liebig. Für die Portax.com war dieses Kooperationsprojekt wichtig weil sie hierdurch den Zugang in eine bis dahin für sie fremde Branche fand. Für Demag Ergotech weil sie von der Fachkompetenz der Portax profitieren wollte.

Das Ergebnis der gemeinsamen Entwicklung war ein auf Spritzgießmaschinen spezialisierter Online-Marktplatz von dem beide profitierten. Die Demag Ergotech steigerte hierdurch Absatz und Ertrag. Und die Portax.com, so Muhammad R. Chbib, wurde über das gemeinsame Projekt zum führenden Kunststoffportal Europas.


Autor: Wolfgang Kappeller
eingestellt am 9. Juli 2001